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Ausstellung: Wieviel Israelkritik ist erlaubt?

BERLIN (inn) - Am heutigen Dienstag jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 64. Mal. Eine Ausstellung zum Thema "Antisemitismus" in Berlin zeigt noch bis Freitag, dass der Hass auf Juden bis zum heutigen Tage nicht ausgestorben ist.

„Wanted Dead or alive!“ steht in großen Lettern über einem Foto des ehemaligen israelischen Premierministers Ariel Scharon. Wie im Wilden Westen ruft diese Karikatur dazu auf, einen Verbrecher zu fangen, tot oder lebendig. Gleich daneben ist der Politiker nochmals abgebildet. Die Zeichnung zeigt ihn mit Teufelshörnern. Auch das Wild-West-Plakat vergleicht Scharon mit dem Teufel. Unter seinem Konterfei stehen die Worte „Satan Assassin!“, also „Mörder im Auftrag Satans“ Die Bilder stammen aus Quellen, die unterschiedlicher nicht sein könnten – einer katholisch-fundamentalistischen Internetpräsenz und einer norwegischen sozialdemokratischen Tageszeitung.

Israelkritik erlaubt?

Wo fängt Antisemitismus an? Wo und wie ist Israelkritik erlaubt und aus welchen Quellen kommt sie? Das sind Fragen, die die Ausstellung „Antisemitismus? Antizionismus? Israelkritik?“ beantworten möchte. Bis zum 30. Januar sind im Paul-Löbe-Haus in Berlin Exponate zu sehen, die von Studenten und Mitarbeitern der TU Berlin und der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zusammengetragen wurden. Gerda Hasselfeldt, Bundestagsvizepräsidentin, und Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, eröffneten die Ausstellung am gestrigen Montag. Ab sofort ist sie, anlässlich des Holocaust-Gedenktages, kostenlos für Besucher zugänglich.

Antisemitismus und Israelfeindlichkeit kann, das zeigt die Ausstellung eindrucksvoll, aus unterschiedlichsten Quellen kommen. Sie kann dem Munde eines Mahmud Ahmadinedschad, dem iranischen Präsidenten, entstammen, komme aber allzu häufig auch aus christlichen und links- wie rechtspolitischen Lagern, meinte Wolfgang Benz bei seiner Einführung in die Ausstellung. Dennoch ist es ein aktuelles Beispiel iranischer Schriften, das den Professor erst kürzlich erschütterte.

Iranische Polemiken auf Frankfurter Buchmesse

Auf der Frankfurter Buchmesse, so berichtet er, seien erst kürzlich die „Protokolle der Weisen von Zion“ an einem staatlich gesponserten Stand verkauft worden, „judenfeindliche Pamphlete“, die einst Eingang in die nationalsozialistische Ideologie fanden. „Sie sind also offizielle Propaganda eines Staates, dessen Präsident den Holocaust leugnet und der zur Vernichtung Israels aufgerufen hat“, folgerte Benz.

In der Ausstellung sind die „Protokolle der Weisen von Zion“ nur eines zahlreicher Exponate, die althergebrachte, aber auch moderne Judenfeindlichkeit verdeutlichen und vor allem eines belegen sollen: Die Vorurteile gegenüber Juden haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht verändert. Sie mögen sich auf unterschiedliche Weise äußern, aber der Grundgedanke bleibt stets derselbe: „Es ist die gleiche Ideologie, die zum Holocaust führte, und es sind die gleichen Argumente: Juden strebten die Weltherrschaft an, Juden seien rachsüchtig, geldgierig, heimtückisch. Judenfeindschaft, transportiert durch Stereotype, Klischees, Feindbilder, Vorurteile, wird aber immer wieder neu instrumentalisiert“, erklärte Benz

Antisemitismus, getarnt als politische Kritik

„We are all Palestinians“, „Wir sind alle Palästinenser“, titelt etwa der brasilianische Karikaturist Carlos Latuff. Mitten im Davidstern einer von ihm gezeichneten israelischen Flagge prangt ein Hakenkreuz. Ein anderes seiner Bilder zeigt den verlassenen Hof eines Konzentrationslagers. „Gaza Death Camp“, „Gaza-Todeslager“ steht darunter. Was manchem als legitime Kritik gelten mag, entlarvt die Ausstellung als Antisemitismus. „Vergleiche zwischen dem Nahost-Konflikt und dem Holocaust verharmlosen den Völkermord an den Juden“, steht auf einer Erläuterungstafel neben den Darstellungen. Weiter heißt es: „Ein solcher Vergleich bedient die klassischen antisemitischen Argumentationsmuster.“ Dennoch dürfe Kritik an Israel niemals zum Tabu werden, heißt es auf einer weiteren Tafel. Gezeigt werden legitime Beispiele politischer Berichterstattung aus der israelischen Zeitung „Haáretz“ oder der deutschen „Zeit“.

„Wo immer Antisemitismus vorkommt, sind Menschen- und Freiheitsrechte in Gefahr“, mahnt auch Gerda Hasselfeldt bei der Eröffnung der Ausstellung und weist auf die Pflicht zur Aufklärung hin. „Hinschauen und Mitmischen“ laute die Devise immer dann, wenn Gefahr durch Antisemitismus drohe. Auch für Wolfgang Benz ist klar: Antisemitismus „ist das älteste Vorurteil, das die Welt kennt“, Aufklärung hingegen das einzige Mittel dagegen.

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