Ausfuhr von Rüstungsgütern gestoppt: Merz massiv in der Kritik

Am Freitag verkündet Kanzler Merz ein Waffenembargo gegen Israel – ohne vorab seine Partei informiert zu haben. Die Empörung ist groß.
Von Israelnetz
Friedrich Merz

BERLIN (inn) – Mit einem Knall ist das politische Berlin – das eigentlich in der Sommerpause ist – am Freitag ins Wochenende gestartet. Auf der Plattform X verkündete Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), dass Deutschland bis auf Weiteres keine Rüstungsgüter mehr an Israel liefert, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten. Als Begründung nannte Merz das vom israelischen Kabinett beschlossene, noch härtere militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen. Dieses lasse immer weniger erkennen, wie die Freilassung der Geiseln und Verhandlungen über einen Waffenstillstand erreicht werden sollen.

Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung los. Viele Parteikollegen wurden von der Entscheidung des Kanzlers überrumpelt. Medienberichten zufolge hatte Merz nur Vize-Kanzler Lars Klingbeil (SPD) in seine Entscheidung eingeweiht. CSU-Chef Markus Söder erfuhr, ebenso wie Außenpolitiker der Union, vorab nichts von den Plänen.

Der Außen- und Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter (CDU) nannte am Freitag auf X die Entscheidung „einen schweren politischen und strategischen Fehler“. Und weiter: Deutschlands „gewachsene Freundschaft“ mit Israel und der Begriff der Staatsräson würden so zu einer „leeren, unglaubwürdigen Hülse“. Der frühere Innenminister Horst Seehofer (CSU) nannte den Waffenstopp eine „Fehlentscheidung“.  Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein erklärte am Montag: „Wir unterstützen (…) das Recht Israels, der einzigen Demokratie in der Region, auf Selbstverteidigung gegen den Terror. Dafür gehört für mich auch sehr klar, Israel militärisch zu unterstützen.“

Auch eine Sondersitzung der Außenpolitiker am Sonntagnachmittag scheint die Gemütslage nicht beruhigt zu haben. In der Online-Schalte erschien nämlich nicht Merz, sondern dessen außenpolitischer Berater Günter Sauter. Das sorgte direkt zu Beginn der Sitzung für Unmut. Während der Krisensitzung erfuhren die Teilnehmer zudem, dass die ARD ein vorab aufgezeichnetes Interview mit dem Kanzler veröffentlicht hat, in dem er den Rüstungsstopp erklärte. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung soll das für zusätzlichen Unmut gesorgt haben.

Merz erklärt sich

In diesem ARD-Interview betonte Merz die grundsätzliche Solidarität Deutschlands mit Israel. „Wir haben einen Dissens – und der betrifft das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen. Das hält aber eine Freundschaft aus.“ Deutschland werde weiterhin an der Seite Israels stehen. Daran werde sich nichts ändern. Auch wolle er Israel weiter helfen, sich zu verteidigen. „Aber wir können nicht Waffen liefern in einen Konflikt, der versucht wird, ausschließlich mit militärischen Mitteln jetzt gelöst zu werden.“

Als Ursache für den Waffenstopp nannte Merz Israels Entscheidung, den Krieg im Gazastreifen „noch einmal zu verschärfen“. Laut Merz gebe es eine Diskussion um einen Lieferstopp deutscher Waffen bereits seit Wochen. An den Grundsätzen deutscher Israel-Politik habe sich jedoch nichts geändert, betonte der Kanzler.

Das sieht längst nicht jeder so. Der Zentralrat der Juden nannte den Schritt „enttäuschend“. Israel werde dadurch die Möglichkeit genommen, sich zu verteidigen und sei so in seiner Existenz gefährdet. Die Deutsch-Israelische-Gesellschaft nannte die Entscheidung einen „Punktgewinn der Hamas im globalen Propaganda-Krieg“.

Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner, erklärte am Sonntag, dass die neue Haltung der Bundesregierung zu Verunsicherung bei Holocaust-Überlebenden führt. „Es entstehen ernste Zweifel, ob die Regierung und die Menschen in Deutschland sich bewusst sind, unter welch existentieller Bedrohung von verschiedenen Seiten Israel in diesen Tagen steht“. Und weiter: „Jede Entscheidung gerade der deutschen Bundesregierung, die als Abkehr von Israel gewertet werden muss, empfinden Überlebende des Holocaust auf dem Hintergrund ihrer eigenen Geschichte als bedrohlich und deprimierend.“ Als ein „fatales Signal“ bezeichnet die deutsche Organisation „Zeugen der Zeitzeugen“, die Begegnung zwischen jungen Menschen und Holocaust-Überlebenden ermöglicht, die Entscheidung des Bundeskanzlers.

Weitere Begründung sorgt für Verwunderung

Kurz vor der Sitzung der Außenpolitiker sorgte ein internes Papier für weitere Kritik. Überschrieben ist es mit „Hintergrund zur Erklärung des Bundeskanzlers“.

Nach „Welt“-Informationen sorgte vor allem ein bestimmter Teil des Papiers für weiteren Unmut in Teilen der Partei. Darin findet sich eine Warnung mit Blick auf die Entwicklung der inneren Sicherheitslage in Deutschland und Europa – wobei Israel in entscheidende Mitverantwortung genommen wird: „Diese Eskalation trägt auch zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei, die wir auch im Sinne unserer Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel vermeiden müssen.“ Gegenüber der „Welt“ erklärte ein Mitglied des Auswärtigen Ausschusses: „Damit wird Israel verantwortlich gemacht für die Eskalation der Sicherheitslage, zum Vorgehen pro-palästinensischer Gruppen und ihrer Verantwortung kein einziges Wort.“

Unterstützung erhält der Kanzler unterdessen von seinem Koalitionspartner. Die Arbeitsministerin und SPD-Vorsitzende Bärbel Bas verteidigte die Entscheidung im ARD-Sommerinterview am Sonntag und wies auf die Verantwortung hin, die man auch für die Palästinenser habe. Vize-Kanzler Klingbeil nannte den Schritt eine „richtige Entscheidung“. Innerhalb der CDU sprangen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Außenpolitiker Norbert Röttgen ihrem Kanzler zu Seite. (mas)

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7 Antworten

  1. Als erste Frage sollte man nach dem fragen, was Merz getrieben hat: War es der Schulterschluss mit Marcon oder Starmer, die ihre innenpolitischen Probleme auf Kosten Israels lösen wollen? Oder ein Zugeständnis an die SPD für die Richterwahl? Oder sind es die Unfrageergebnisse?

    Die nächste Frage betrifft die Art und Weise, die Merz gewählt hat, die eigene Fraktion zu übergehen. Wohl wissend, dass er dafür keine Mehrheit in der CDU/CSU hat. So nach dem Motto, wenn ich es aber sage, dann werden sie schon vor mir kuschen, bin schließlich der Bundeskanzler.

    Und dann gibt es da noch eine Frage, die besteht eigentlich aus zwei Teilen: er hat sich eindeutig gegen Gott gestellt und er hat den Fluch gewählt. Wenn eine Regierung dies tut, die mit Glauben nichts am Hut hat, wie die Ampel und nach drei Jahren und wir liefern keine Waffen mehr am Ende ist, wie viele mehr Rechenschaft wird Gott von Merz fordern. Ein Oppositionsführer Merz der am Freitag bewiesen hat, dass er in seiner Brandrede zu Israel 2024 einfach nur gelogen hat.
    Aber der zweite Teil wird interessant: die nicht gelieferten Waffen wird Israel andersweitig ersetzen. Aber wer ersetzt Deutschand israel. Geheimdienstinformationen, die seither manchen Terroranschlag in D verhindert haben? Was ist mit den Waffenlieferungen, die wir wollen? Was ist mit der Raketenabwehr, von Drohnen,die wir von Israel wollen? Finnland hat gerade gesagt, sie werden jetzt einen Staat Palästina nicht anerkennen und als Grund die Rüstungskäufe in Israel genannt. Und Merz?Es ist ihm egal. Tolle Leistung. Gratulation.

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  2. Die Staatsräson ist tot!!! Wie die Jüdische Allgemeine trefflich ausdrückt. Die Dämme sind gebrochen. Ich trauere um Deutschland! Die Hoffnung, dass es besser wird mit der neue Regierung ist dahin… Möge Merz aufwachen und sich korrigieren… die Hoffnung habe ich leider momentan nicht… aber es gibt ja Wunder. Lasst uns beten!

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    1. ich bin enttäuscht und kann diesen Schritt nicht nachvollziehen.

      Ich bin mir sicher, dass er sich verantworten muss für diese Entscheidung, vor allem bei unserem Vater im Himmel.

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  3. Merz hat wirklich vor der eigenen Haustüre aufzuräumen! Die Einmischung in die Angelegenheiten Israels ist frech und arrogant.

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  4. Merz: „Wir haben eine Dissens, aber das hält eine Freundschaft aus.“
    Wenn er sich da mal nicht täuscht. Das ist keine bloße Meinungsverschiedenheit, sondern ein Aussetzen der Hilfe im Kampf mit Terroristen und eine Belohnung ihrer bestialischen Taten. Macron und Starmer haben Merz animiert. Unsere arab. Mitbewohner der Merkelschen Willkommenpolitik und auch andere klatschen Beifall und fordern, dass DE nun auch einen palästinensischen Staat anerkennen soll. Ich fürchte, dieses dumme Geschwätz bleibt kein Leergang und ist gar nicht in weiter Ferne. Arrow3 soll bis Ende 25 an unsere Bundeswehr geliefert werden. Das System wird Deutschland nach Angaben des israel. Verteidigungsministeriums „vollen Schutz“ bieten. Und was geben wir zum Schutz Israels zurück?

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