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Ashtons diplomatische Bauchlandung

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton ist infolge einer Rede in Brüssel in heftige Kritik geraten. Die Politikerin würfelte bei einem Busunfall in der Schweiz getötete belgische Schulkinder, "was in Toulouse passierte", den Massenmord in Oslo vor einem Jahr, "was sich in Syrien ereignet" sowie was in "Gaza und anderen Teilen der Welt" passiert, zusammen. Mitsamt scharfer Kritik wurde sie aufgefordert, sich zu entschuldigen und ihren Rücktritt einzureichen.

Die Affäre erweist sich inzwischen als eine eigentümliche Kette von Irrtümern, falscher Berichterstattung, vorschnellen Verurteilungen und halbherzigen Korrekturen. Ashton hatte in Brüssel bei einer Veranstaltung der UNO Flüchtlingshilfeorganisation UNRWA gesprochen, bei der es um Erziehungsprogramme für palästinensische Kinder ging. Dabei äußerte sie ihre Sorge über das Leid von Kindern in aller Welt. Sie würden "unter allen möglichen Umständen" getötet. So wurde es berichtet und genau so stand es in einer offiziellen Mitschrift ihrer Rede, wie sie der Sprecher der EU-Botschaft in Tel Aviv auf Anfrage verteilte.

Kinder würden im Gazastreifen als "menschliche Schutzschilde" missbraucht, empörte sich Israels Premier. Es sei unerträglich, das mit dem vorsätzlichen Mord an jüdischen Kindern in Toulouse zu vergleichen.

Ashton versuchte, sich aus der Affäre zu ziehen, indem sie von einer "verzerrten Berichterstattung" sprach und behauptete, ihre Äußerung sei "aus dem Kontext gerissen worden". Dann entschuldigte sie sich halbherzig.

Reporter überprüft Aussagen

Ausgerechnet ein israelischer Fernsehreporter, Oren Nahari, machte sich die Mühe, den Mitschnitt der Rede Ashtons genauer anzuhören. Dabei stellte er fest, dass die Kritik an Ashton teilweise ungerechtfertigt gewesen sei. Denn sie habe neben Gaza auch "Sderot" erwähnt, jene israelische Grenzstadt, wo Kinder immer wieder durch Beschuss palästinensischer Raketen getroffen würden.

Man könnte meinen, dass Ashton "politisch korrekt" die Kinder auf beiden Seiten des Nahostkonflikts erwähnt habe, sagte Nahari. Allerdings war ihm auch aufgefallen, dass Ashton erzählte: "Als ich in Gaza war, Palästina besuchte und auch das Westjordanland…". Mit "Palästina" kann sie in dieser Aufzählung nur Israel gemeint haben.

Ein erneutes Hineinhören in ihre Rede ergab den möglichen Grund für die "verzerrte Berichterstattung" und sogar für die mangelhafte offizielle Mitschrift der EU-Kommission. Denn Ashton hatte einen "Schreibfehler" in ihrer Rede gemacht hat und statt "Sderot" unverständlich "Sredot" genuschelt. Das hatten offenbar weder die Reporter noch ihre eigenen EU-Beamten verstanden.

Immerhin wurde ihr Redetext von der UNO halbwegs korrekt wiedergegeben, mit einer Erwähnung von Sderot neben Gaza. Und auch auf der Homepage der EU wurde inzwischen "Sderot" eingefügt.

Kritik nach "Versprecher"

Ashton befindet sich nicht erst seit diesem "Versprecher" in Brüssel im Fadenkreuz israelischer und jüdischer Kritik. Ihr wird vorgeworfen, reflexartig bei jeder Gelegenheit die israelische Siedlungspolitik zu kritisieren, während sie bei palästinensischen Anschlägen oder Raketenbeschuss schweigt.

Einen echten Fauxpas hatte sie kurz nach Ausbruch des jüngsten Schlagabtausches zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen veröffentlicht. Israel hatte am Freitag vor zwei Wochen den Befehlshaber der "Volkswiderstandskomitees" in Gaza getötet – angeblich, um einen größeren geplanten Terroranschlag im Sinai zu verhindern. Es folgten massiver Beschuss Israels mit Raketen aus dem Gazastreifen und weitere gezielte Tötungen von Kämpfern und Befehlshabern extremistischer Organisationen im Gazastreifen.

Am 10. März beobachtete Ashton im Namen der EU "mit Sorge" die jüngste Eskalation der Gewalt in Gaza und im Süden Israels. "Ganz besonders bedaure ich den Verlust von zivilem Leben." Diese diplomatische Formel war zu dem Zeitpunkt ein ungeprüfter Reflex, weil bis dahin nach israelischen wie palästinensischen Angaben kein einziger Zivilist getötet worden war.

Wenige Tage zuvor kritisierte sie Israel wegen der gewaltsamen Schließung von zwei palästinensischen Fernsehsendern in Ramallah. Mit keinem Wort erwähnte sie jedoch den Grund dafür. Nach israelischen Angaben hätten die Sender illegal Sendefrequenzen benutzt und so den Flugverkehr akut gefährdet.

Kritik an Palästinensern äußert die Kommissarin fast nur, wenn gleichzeitig auch Israel an den Pranger gestellt werden kann. Als im Januar der Mufti von Jerusalem in Ramallah zur Vernichtung Israels und zum Mord an Juden aufgerufen hatte, schwieg Ashton, nutzte aber einen höchst ungewöhnlichen alternativen Weg, um die EU nicht israelischer oder jüdischer Kritik auszusetzen. Die EU-Botschafter vor Ort in Tel Aviv und Ramallah veröffentlichten erstmals eine gemeinsame Verurteilung der Mufti-Sprüche. Jeder weiß, dass Botschafter in solchen Fällen nur auf Weisung von oben handeln. So ist offenkundig, dass Ashton die Verurteilung an ihre Botschafter delegiert hat, damit ihr Name nicht mit offener Kritik an Palästinensern befleckt werde.

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