JERUSALEM (inn) – Archäologen haben im Jerusalemer Stadtteil Silwan, südlich der Altstadt am Fuße der alten Davidsstadt, den ursprünglichen Teich Siloah aus der Zeit des zweiten Tempels gefunden: Bei Arbeiten für eine neue Abwasserleitung stieß man zunächst auf einige Stufen, deren Alter auf 2.400 Jahre geschätzt wird, dann auf die Überreste des Wasserreservoirs, in das zur Zeit Jesu die Wasser der Gihonquelle durch den Hiskia-Tunnel geleitet wurden.
Schuka Dorfman, Direktor der israelischen Altertumsbehörde, misst dem Fund „größte Bedeutung für die archäologische Welt“ zu. Die israelische Bildungsministerin Limor Livnat (Likud), deren Ressort auch die Altertumsbehörde untersteht, meinte: „Dies ist unsere Geschichte, und es ist wichtig, dass wir wissen und uns daran erinnern, dass hier Juden gelebt haben. Dies ist unser Erbteil.“
Der Teich diente den Einwohnern von Jerusalem vor 2.000 Jahren als Wasserspeicher. Elijahu Schukrun, der als Archäologe der israelischen Altertumsbehörde die Ausgrabung leitet, beschreibt eine lebendige Szenerie, wie die Frauen zum Wasserholen kamen, wie der Teich als Treffpunkt und vermutlich auch als Mikve, als rituelles Tauchbad, diente.
Als „Mikve“ wird der Teich Siloah auch im Neuen Testament erwähnt. Dem Bericht in Johannes 9 zufolge streicht Jesus einem Blindgeborenen einen Brei aus Erde und Speichel auf die Augen und befiehlt im dann: „Geh zum Teich Siloah – das heißt übersetzt: gesandt – und wasche dich!“ Der Blinde ging „hin und wusch sich und kam sehend wieder“ (Johannes 9,7).
Die Wasserversorgungsanlage, zu der auch der Teich Siloah gehört, beinhaltet eine der beeindruckendsten architektonischen Leistungen des Altertums, den Hiskia-Tunnel, der im Alten Testament (2. Könige 20,20-21; Jesaja 8,6-8) erwähnt wird. Wasserleitung und Teich waren auch beim Aufbau der Stadt nach Rückkehr aus dem babylonischen Exil unter Nehemia bekannt (Nehemia 3,15). 1880 wurde im Tunnel eine Inschrift entdeckt, welche die Verbindung zur Zeit des judäischen Königs Hiskia bestätigt.
Der traditionelle Teich Siloah, an dem man heute aus dem Wasser steigt, wenn man durch den 525 Meter langen Hiskia-Tunnel geht, stammt vermutlich aus byzantinischer Zeit, „vielleicht ist er sogar später zu datieren,“ meint Eli Schukrun. Die Größe des Wasserreservoirs kann bislang nur geschätzt werden, hat aber mit Sicherheit einige Dutzend Meter im Durchmesser betragen. Bislang ist der Ort noch nicht der Öffentlichkeit zugänglich.