TIBERIAS (inn) – Eine Gruppe Rabbiner hat am Mittwoch in Tiberias einen neuen Sanhedrin gegründet. Der antike Hohe Rat der Juden hatte sich im Jahr 425 zum letzten Mal in der Stadt am See Genezareth versammelt.
Nach eigenen Angaben wollen sich die Rabbiner alle zwei Monate treffen und über „brennende Themen“ beraten. Wie in der Antike soll der Sanhedrin 71 Mitglieder haben. Zudem sollen die Sitzungen nach den alten Statuten ablaufen.
Wie die Tageszeitung „Jediot Aharonot“ berichtet, war die Idee bereits vor einigen Jahren entstanden. Die Rabbiner bemerkten eine große Not innerhalb des Volkes Israel. „Wir haben eine Situation erreicht, in der einer den anderen auffrisst“, erklärt Rav Jischai Ba´abad. „Wir sind gekommen, um dem Volk Israel Hoffnung zu geben.“ Der Sanhedrin solle zur Erlösung Israels beitragen.
Ein Thema auf der Tagesordnung ist die derzeitige Krise in der israelischen Regierungskoalition. Die Rabbiner werden die Frage erörtern, ob es Neuwahlen geben soll. Zudem beschäftigen sie sich mit dem Rückzugsplan bezüglich des Gazastreifens. „Wenn wir nach der Untersuchung beschließen, dass die Regierung gegen die Torah verstößt, werden wir per Urteil festsetzen, dass diese Regierung nicht unterstützt werden darf“, so Rav Ba´abad.
Während der Sitzungen, die in Zukunft in Jerusalem stattfinden werden, teilt jeder Teilnehmer seine Meinung mit. Anschließend wird abgestimmt.
Die beiden israelischen Oberrabbiner nahmen trotz Einladung nicht an der Gründungsversammlung in Tiberias teil.
In der Antike war der Sanhedrin laut rabbinischen Quellen beispielsweise für die Entscheidung über Krieg und Frieden zuständig. Zudem setzte er Gerichtshöfe, Könige und Hohepriester ein. Auch Urteile über Götzendiener, falsche Propheten oder sündige Hohepriester gehörten zu seinen Aufgaben. Das Neue Testament berichtet in den Evangelien, wie Jesus vom Sanhedrin zum Tode verurteilt wurde. Im Babylonischen und im Jerusalemer Talmud ist der Traktat „Sanhedrin“ dem Hohen Rat gewidmet.