Anschlag im Süden Israels: Zwei Soldaten tot, einer entführt

RAFAH (inn) – Zwei israelische Soldaten sind am Sonntagmorgen bei einem palästinensischen Angriff am Südende des Gazastreifens getötet worden, sechs wurden verletzt und ein weiterer entführt. Auf Seiten der Angreifer gibt es mindestens zwei Tote.

Der israelische Generalstabschef Dan Halutz bestätigte, dass der vermisste Soldat noch am Leben sei. Spezialeinheiten der israelischen Armee wurden in Alarmbereitschaft versetzt.

Um 5.40 Uhr Ortszeit griffen palästinensische Kämpfer nahe des Kibbutz Kerem Schalom am „Dreiländereck“ Israel-Ägypten-Gazastreifen durch einen Tunnel, der unter dem Grenzzaun zum Gazastreifen 300 Meter in israelisches Gebiet hinein reicht, Stellungen der israelischen Armee an. Sie wurden durch den Beschuss von Panzerabwehrgranaten und Mörsergeschossen gedeckt und sprengten gleichzeitig ein Loch in die Grenzbefestigungen. Die israelische Armee erwiderte das Feuer und tötete zwei der Angreifer.

Den Palästinensern war es durch die Länge des Tunnels gelungen, die israelischen Soldaten von hinten anzugreifen und vollkommen zu überraschen. Im Rahmen einer – laut palästinensischen Quellen – „sehr komplizierten und gut vorbereiteten Aktion“ teilten sie sich in drei Gruppen auf, von denen eine einen leeren Schützenpanzer in Brand setzte, eine zweite einen Merkava-Panzer mit Panzerfäusten beschoss, während die dritte Gruppe eine Stellung mit Gewehrfeuer belegte. Bei dem Angriff auf den Panzer kam es zu den Toten und Verletzten.

Unmittelbar nach dem Angriff forderte die israelische Armee die palästinensischen Sicherheitskräfte auf, ihre Stellungen an der Grenze zu Ägypten zu räumen, da sie einen Einmarsch vorbereite. Die PA hatte zuvor die Grenze zu Ägypten geschlossen, auf israelischer Seite wurde den Einwohnern der Ortschaften Kerem Schalom, Juval, Avschalom und Jated befohlen, in ihren Häusern zu bleiben.

Die Namen der beiden gefallenen israelischen Soldaten sind mittlerweile zur Veröffentlichung freigegeben. Es handelt sich um den 20-jährigen Leutnant Hanan Barak aus Arad und den ebenfalls 20-jährigen Gefreiten Pavel Slotzker aus Dimona. Der entführte Soldat heißt Gilad Schalit, ist 19 Jahre alt und stammt aus Mizpeh Hila nahe der Stadt Karmiel in Untergaliläa. Ein Sprecher der Volkswiderstandskomitees sagte gegenüber einer Radiostation aus Gaza, Schalit habe Bauchwunden, sein Zustand sei allerdings stabil.

PA: „Vergeltungsschlag für israelische Morde“

Die offizielle Internetseite der Palästinensischen Autonomiebehörde bezeichnete den Anschlag als Vergeltungsschlag für „Israels fortwährende gezielte Tötungen und Morde an Zivilisten“. Ferner wird behauptet, Israel habe auf einen 16-monatigen einseitigen Waffenstillstand nicht reagiert, vielmehr habe Israel „laut israelischen Medienberichten in diesem Jahr mindestens 70 palästinensische Anti-Besatzungs-Aktivisten außergerichtlich hingerichtet“. Der zehn Meter tiefe und 800 Meter lange Tunnel deutet allerdings auf eine von langer Hand vorbereitete militärische Aktion.

Der militärische Flügel der Hamas-Bewegung, die „Issadin-al-Kassam-Brigaden“, die Volkswiderstandskomitees und eine bislang kaum bekannte „Armee des Islam“ haben sich zu dem Anschlag bekannt. Eine Stellungnahme des israelischen Außenministeriums erklärt, dass die israelische Armee die Palästinensische Autonomiebehörde und die regierende Hamas als direkt verantwortlich betrachtet. Unmittelbar nachdem die Issadin-al-Kassam-Brigaden die Verantwortung übernommen hatten, gingen führende Hamas-Politiker aus Angst vor israelischen Vergeltungsschlägen in den Untergrund. Sie beantworten ihre Mobiltelefone nicht mehr.

Zur Mittagszeit berief Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die Führer verschiedener Palästinenserorganisation in sein Büro in Ramallah und eröffnete ihnen, dass er von der israelischen Regierung ein Ultimatum erhalten habe: Entweder der vermisste Soldat werde innerhalb weniger Stunden zurückgegeben, oder die israelische Armee werde in den Gazastreifen einmarschieren.

Eine Stellungnahme aus dem Büro des palästinensischen Präsidenten betonte, dass der Angriff auf die israelischen Soldaten bei Kerem Schalom den „nationalen Konsens“ verletzt, der am Abend zuvor zwischen Fatah und Hamas vereinbart wurde. Darin hatten sich die beiden rivalisierenden Palästinenserbewegungen geeinigt, ihre „Widerstandsoperationen“ auf die im Juni 1967 von Israel besetzten Gebiete zu beschränken.

Netanjahu beschuldigt Olmert-Regierung

Oppositionsführer Benjamin Netanjahu beschuldigte „das Zögern und die Lähmung der Regierung Olmert“, die einen groß angelegten Hamas-Angriff ermöglicht habe. Der Likud-Chef forderte nicht nur eine massive militärische Reaktion auf den Anschlag, sondern auch spürbare wirtschaftliche Konsequenzen für die Palästinenser.

Erste Priorität der israelischen Regierung ist jetzt, die Freilassung des entführten Soldaten zu erreichen. Dabei soll zuerst internationalem Druck auf die palästinensische Führung, auf den Israel hofft, eine Chance eingeräumt werden. Wenn Gilad Schalit wieder in Israel ist, wird man sich in der israelischen Führung Gedanken darüber machen, welche Konsequenzen Israel aus diesem folgenschweren Vorfall ziehen wird. Die Schießereien zwischen israelischer Armee und palästinensischen Kämpfern waren noch am Sonntagnachmittag von den Kibbuztim im Grenzgebiet zum Gazastreifen aus zu hören.

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