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Analyse: Tote beteiligen sich an Wahlkampf

Jetzt werden auch noch Verstorbene am Wahlkampf in Israel beteiligt. Irgendjemand hat den vor einem Jahr verstorbenen Rabbi Ovadia Josef heimlich gefilmt, wie er den heutigen Chef der orientalisch-frommen Schass-Partei Arie Deri einen „Dieb“ nennt.
Auch ein Jahr nach seinem Tod wird Ovadja Josef in den Wahlkampf einbezogen (Archivbild).

„Gotteslästerung. Wer derartiges veröffentlicht, ist des Todes“, lamentieren fromme Abgeordnete. Ob die Wohnung des „heiligen“ Rabbis Ovadia Josef verwanzt war oder ob ein Familienmitglied die Sprüche entdeckt hat, ist noch offen. Zudem war Deri tatsächlich ein Dieb. Er hatte sich als Innenminister mit öffentlichen Geldern einen Jacuzzi ins Badezimmer seiner Wohnung einbauen lassen. Nachdem er seine Strafe abgesessen hatte, gilt er wieder als „anständig“. Doch der jetzt aufgetauchte Mitschnitt hat eine verheerende Wirkung auf die Gott- und Rabbi-gläubigen Wähler der Schass-Partei – oder auf dessen, was von ihr übrig geblieben ist, nachdem sich der frühere Parteichef Eli Jischai im Streit getrennt hat.
Die neue, von Jischai gegründete Partei bereitet Kopfschmerzen all jenen, die heute schon versuchen, den Ausgang des Wahlkampfes vorauszuberechnen. Jischai werde bestenfalls 100.000 Stimmen erhalten. Die reichen für drei Mandate. Nachdem aber die Sperrklausel von 2 Prozent auf 3,25 Prozent angehoben worden ist, um die nächste Knesset mit weniger Mini-Parteien übersichtlicher zu machen, könnten diese Stimmen im Papierkorb landen.

Arabische Parteien protestieren

Ein ähnliches Schicksal steht auch den drei arabischen Parteien bevor. Zusammen brachten sie es auf 11 Mandate. Jetzt versuchen sie, beim Obersten Gericht gegen die Anhebung der Sperrklausel anzukämpfen mit dem Argument: „Wie würde der Staat Israel aussehen, wenn die Araber nicht mehr mit eigenen Parteien vertreten wären?“ Die Lösung wäre ein Parteienbündnis. Doch die rechtsradikalen Islamisten tun sich schwer, mit ultralinken Kommunisten eine gemeinsame Plattform auszuhandeln, die nicht nach Rassismus riecht. Denn die Zugehörigkeit zum arabischen Volk sagt noch nichts über die politischen Ansichten aus.
Schass und die arabischen Parteien haben in der vorigen Knesset fast ein Viertel aller Mandate ausgemacht. Sollten diese Stimmen wegfallen, wären die Karten völlig neu gemischt.

Lieberman kritisiert Netanjahu wegen verpasster Friedenschance

Aber es gibt weitere Schlagzeilen mit möglichen Auswirkungen auf den Wahlausgang. So habe die Polizei schon vor über einem Jahr geplant, eine heimliche Untersuchung zu Korruption bisher ungekannten Ausmaßes an die Öffentlichkeit zu bringen. Mit großer Wucht schlug daher die Vorladung von 30 Verdächtigen ein, allesamt Mitglieder der Partei „Israel Beiteinu“ des Außenministers Avigdor Lieberman. Unter den Verdächtigen befinden sich eine parlamentarische Sekretärin und der ehemalige Tourismusminister Stas Misezhnikov. Dieser habe angeblich versucht, außer Landes zu fliehen, als ihm Gerüchte über die polizeiliche Untersuchung zu Ohren gekommen waren.
Verdächtig ist auch Mosche Lion, einst Vertrauter von Lieberman und Bürochef im Amt von Premierminister Benjamin Netanjahu. Lion war auch mal Kandidat für das Amt des Bürgermeisters von Jerusalem. Neben den 30 Hauptverdächtigen, von denen einige unter Hausarrest gestellt worden sind, gebe es bei dieser Korruptionsaffäre noch etwa 500 Mitwisser.
Das „Feuer hat den Mantel Liebermans noch nicht“ erwischt, heißt es in Reporterberichten, doch allein der Umfang der Ermittlungen und die Nähe mancher Verdächtiger zum Parteichef lassen viele Fragen offen. So weiß auch noch niemand, wie die Wähler reagieren werden. Bisher stellte Lieberman zusammen mit dem Likud unter der Führung Netanjahus die Regierung. Und während der als „rechtsextremistisch“ dargestellte Lieberman sich heute mit „linksextremen“ Sprüchen exponiert und Netanjahu kritisiert, kein „dringend notwendiges Abkommen mit den Palästinensern“ vorangetrieben zu haben, sieht es im „linken“ Lager auch nicht viel besser aus.
Die Harmonie zwischen Jitzhak Herzog, dem Chef der Arbeitspartei, und Zippi Livni von der Tnu‘ah-Partei, ist alles andere als perfekt. Sie hatten sich zusammengeschlossen.
Einige bekannte Gesichter der israelischen Politik wollen sich ins „Privatleben“ zurückzuziehen, darunter der General und ehemalige Bürgermeister von Haifa, Amram Mitzna, der derzeitige Tourismusminister Usi Landau, der ehemalige Universitätspräsident und Wirtschaftsfachmann Avischai Braverman sowie der aus dem Irak stammende Veteran des Friedensprozesses mit Ägypten, Benjamin „Fuad“ Ben-Elieser.

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