Der israelische Premierminister Jitzhak Rabin wurde am 4. November 1995 in Tel Aviv von dem rechtsradikalen Israeli Jigal Amir ermordet. In diesem Jahr fiel die Gedenkfeier für Rabin auf Samstagabend. 20.000 Jugendliche kamen zum Rabin-Platz in Tel Aviv, um dem „Mann des Friedens“ zu gedenken.
Einen Monat vor seinem Tod hatte Rabin dem israelischen Parlament das dritte Interimsabkommen mit den Palästinensern vorgelegt. Es sollte seine letzte politische Grundsatzrede werden. Rabin warb um die Ratifizierung des „bedeutenden Durchbruchs zur Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts“.
Heute, wo die Friedensverhandlungen schon seit drei Jahren ruhen, lohnt sich ein Vergleich der Standpunkte Rabins und der jetzigen Regierung Israels sowie der Regierung Jasser Arafats und der Mahmud Abbas. So werfen beispielsweise die Palästinenser, und mit ihnen die Europäer, Netanjahu vor, wegen des Ausbaus der Siedlungen eine Zwei-Staaten-Lösung und damit einen Frieden unmöglich zu machen.
Rabin sagte: „Im Rahmen der permanenten Lösung streben wir einen Staat Israel als jüdischen Staat an, in dem mindestens 80 Prozent der Bürger Juden sind.“ Netanjahu redet heute vom „Staat des jüdischen Volkes“.
Rabin sah eine „dauerhafte Lösung im Rahmen des Staates Israel“ voraus, wobei es neben Israel eine „palästinensische Entität“ geben werde. Diese Entität werde „weniger als ein Staat“ sein, sagte Rabin.
Damit blieb Rabin weit hinter Netanjahu zurück, der sich schon zu einem „entmilitarisierten palästinensischen Staat“ bekannt hat.
„Wir werden nicht zu den Linien des 4. Juni 1967 zurückkehren.“ Hiermit schloss Rabin einen vollständigen Rückzug aus den besetzten Gebieten aus. Rabin skizzierte, dass Jerusalem komplett bei Israel bleiben, und dass im Osten das Jordantal die Grenze zu Jordanien bilden werde. Großsiedlungen wie Ma‘aleh Adumim, Beitar und die Städte des inzwischen von Ariel Scharon geräumten „Gusch Katif“ im Gazastreifen würden laut Rabin in jedem Fall bei Israel bleiben.
Das Haupthindernis für die Umsetzung des Friedensprozesses mit den Palästinensern sei der „mörderische Terrorismus der radikal-islamischen Terror-Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad“.
Rabin zählte Übereinkommen mit Jasser Arafat zur Sicherheit an jüdischen Heiligen Stätten in den besetzten Gebieten an. An allen Stätten in Nablus, Jericho, Hebron und am Grab Rachels bei Bethlehem kam es nach Rabins Tod zu Vertragsverstößen und viel Blutvergießen.
Arafat hielt Siedlungen nicht für illegal
Rabin betonte die „Sicherheit der Siedlungen“ und „die Fortsetzung des täglichen Lebens“. Noch deutlicher fügte er hinzu: „Wir (Arafat und Rabin) kamen zur Vereinbarung, keine einzige Siedlung entwurzeln und die Bautätigkeit für das natürliche Wachstum (in den Siedlungen) nicht zu behindern.“
So stellt sich heraus, dass selbst Arafat damals die Siedlungen nicht für illegal hielt und ihrem Ausbau per Vertrag zugestimmt hat. Rabin erwähnte auch die heute so genannten „Siedler-Umgehungsstraßen“, denen Arafat zugestimmt habe.
Selbst die heute sogenannte „See-Blockade“ des Gazastreifens kommt bei Rabin schon vor: „Die Verantwortung für die äußere Sicherheit entlang der Grenzen mit Ägypten und Jordanien sowie die Kontrolle des Luftraums über allen Gebieten und der maritimen Zone vor dem Gazastreifen bleibt in unseren Händen.“
Seit dieser Rede sind 17 Jahre vergangen. Rabin wurde einen Monat später ermordet. Es kam zur blutigen „Al-Aksa-Intifada“, dem Rückzug aus dem Gazastreifen und der Aufgabe von Siedlungen im Norden des Westjordanlandes. Gleichwohl stellt sich heraus, dass Rabin damals zu weniger Konzessionen an die Palästinenser bereit war, als in seiner Nachfolge die rechtsgerichteten Premierminister Ariel Scharon, Ehud Olmert und gar Benjamin Netanjahu.