Alternativer Kalender im Südreich Juda

Die Auswertung von circa 100 Tonscherben aus dem 6. Jahrhundert vor Christus legt die Verwendung eines ausgeklügelten Kalendersystems auf dem militärischen Stützpunkt nahe. Genutzt wurde es von Soldaten im Südreich Juda.
Von Israelnetz

TEL ARAD (inn) – Vor über 2.500 Jahren nutzten Soldaten eines Außenpostens im Südreich Juda ein ausgeklügeltes Kalendersystem, um die Versorgung mit wichtigen Gütern sicherzustellen. Das legen neuere Forschungsarbeiten von Archäologen der Israelischen Altertumsbehörde nahe. Rund 100 beschriftete Ostraka (Tonscherben), die in Tel Arad in der Wüste Juda bei Ausgrabungen gefunden wurden, werteten die Forscher aus.

Angewandte Mathematik im Königreich Juda

Entdeckt wurden die Tonscherben bereits in den 1960er Jahren im Zuge der Freilegung einer judäischen militärisch genutzten Festung circa 30 Kilometer östlich von Be‘er Scheva. Wissenschaftler hatten damals vor allem die Sprache im Blick, denn die Inschriften gelten als die ältesten Beispiele für das biblische Hebräisch.

Eine erneute Untersuchung des Fundes legt nun den Fokus auf den Umgang mit Zahlen im alten Israel. Denn, wie Amir Gorzalczany von der Israelischen Altertumsbehörde und der unabhängige Forscher Baruch Rosen in ihrer Abhandlung schreiben: „Im Gegensatz zu anderen bekannten biblisch-hebräischen Korpora weisen die Arad-Ostraka zahlreiche Fälle von angewandter Rechenkunst auf.“ Ihre Befunde veröffentlichten sie im „Jerusalem Journal of Archaeology“.

Inhaltlich gehe es bei den untersuchten Tonscherben um Organisatorisches – die Bestellung, Lieferung und Dokumentation von Nahrungsmitteln wie Wein, Öl, Mehl und Getreide. Es fänden sich beispielsweise Angaben zum Volumen („drei Bäder voll Wein“) und Distanz (Strecke von Arad nach Be’er Scheva).

Alternatives Kalendersystem zur besseren Planung

Die Arad-Ostraka enthielten den Forschern zufolge auch Hinweise auf ein eigenes Kalendersystem in Arad. Ein 30-tägiger Monat sei in fünf Sechs-Tage-Abschnitte eingeteilt worden.

„Wenn es in Arad eine Sieben-Tage-Woche gab, wurde sie möglicherweise durch einen Sechs-Tage-Zyklus ersetzt, der den 30-Tage-Monat in fünf Abschnitte unterteilte, was die Berechnung der Lebensmittelvorräte erleichterte“, schreiben die Forscher in ihrem Aufsatz. So hätten sie Vorräte effektiver planen und die Versorgung des Stützpunkts sicherstellen können.

Die Nutzung des sechstägigen Zyklus in einem „hochstrukturierten und effizienten Versorgungssystem unterstützt die Hypothese eines bewusst geplanten Kalenders“. Er sei Teil eines administrativen Planungssystems gewesen. Diese Interpretation passe auch zu der Annahme, dass es einmal im Monat eine Inventur gegeben habe. Die Dokumentation der bestellten und gelieferten Ware sei so lange aufbewahrt worden.

Hohes Niveau der Lese- und Schreibfähigkeiten im Südreich

Bei den Untersuchungen kamen auch moderne Technologien zum Einsatz, schreibt die „Times of Israel“. So konnten bisher nicht sichtbare Texte gefunden und die Handschriften untersucht werden. Das Ergebnis: Die Tonscherben wurden von mehreren verschiedenen Personen beschrieben. Das weise auf ein höheres Lese- und Rechtschreibniveau im Juda des 6. Jahrhunderts hin, als bisher vermutet. (mw)

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