Al-Aksa-Brigaden besetzen Bethlehemer Stadtverwaltung

BETHLEHEM (inn) – Ungefähr 40 Mitglieder der Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden haben am Dienstagvormittag die Stadtverwaltung von Bethlehem besetzt. Die bewaffneten Männer forderten Geld und mehr Sicherheit vor der israelischen Armee. Palästinensische Sicherheitskräfte umstellten das Gebäude. Zeitgleich besetzten Bewaffnete das Büro der Fatah in Chan Junis im Gazastreifen.

Die Stadtverwaltung von Bethlehem liegt direkt am Krippenplatz vor der Geburtskirche, einer der heiligsten Stätten der Christenheit. Knapp eine Woche vor Heiligabend, an dem die Augen der ganzen Welt auf diesen Ort gerichtet sein werden, bezogen bewaffnete Palästinenser kurz nach 12.30 Uhr Position auf dem Dach und an Schlüsselpositionen des Gebäudes der Stadtverwaltung.

Ein Sprecher der Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden sagte gegenüber der unabhängigen palästinensischen Nachrichtenagentur Ma’an, ihr Protest solle die Palästinensische Autonomiebehörde daran erinnern, dass sie von Israel gesuchten Palästinensern Gehaltszahlungen schulde. Ein Augenzeuge erzählte, es gehe ihnen außerdem darum, mehr Schutz vor der israelischen Armee durch die palästinensischen Sicherheitskräfte zu erfahren. Und schließlich meinte ein Mitglied der Brigaden, man wolle auf das Schicksal von Israel gefangener Palästinenser und das Leid derer, die Familienmitglieder im Konflikt verloren haben, aufmerksam machen.

Die Bewaffneten betonten, dass ihre Aktion nicht die christlichen Weihnachtsfeierlichkeiten behindern solle. Der Zeitpunkt sei vielmehr aufgrund der weltweiten Medienpräsenz in der Geburtsstadt Jesu zu dieser Jahreszeit gewählt worden. Die Al-Aksa-Brigaden sind der bewaffnete Arm der säkularen Fatah-Bewegung, der auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas angehört.

Der designierte Gouverneur von Bethlehem, Fatah-Brigadegeneral Salah a-Tamari, bemühte sich vor Ort gemeinsam mit hohen palästinensischen Sicherheits- und Geheimdienstoffizieren, mit den Bewaffneten zu verhandeln. Er betonte, dass jeder, der die Weihnachtsatmosphäre in der Stadt störe, gegen die grundlegenden Interessen der Bevölkerung verstoße und „keinen Anteil an der Stadt“ habe.

Die Besetzer der Stadtverwaltung haben dem Bethlehemer Bürgermeister Victor Batarseh den Zutritt zu seinem Bürogebäude verweigert. Der Christ gehört der marxistischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) an und meinte, die Bewaffneten hätten sich einen anderen Ort für ihre Aktion wählen sollen, weil die Stadtverwaltung sowieso nicht für ihre Forderungen zuständig sei.

Weniger als zwei Stunden nach Beginn der Besatzung berichteten Augenzeugen vom Krippenplatz, die Auseinandersetzung sei beendet. Abdallah Abu Hadid, Fatah-Chef in Bethlehem, konnte die Stadtverwaltungsbesetzer zur Aufgabe überreden. Er betonte, es könne keine Ruhe geben, solange sich Leute durch gezielte Tötungen von Israel bedroht sähen. Außerdem fordere die Gruppe Arbeit von der Palästinensischen Autonomiebehörde, um ihre Familien ernähren zu können.

Dieser Vorfall ist ein weiteres Anzeichen für das zunehmende Chaos auf den Straßen der Palästinensischen Autonomie, in der offensichtlich weniger Sicherheits- und Polizeikräfte das Sagen haben, als bewaffnete Banden, die ganz unterschiedliche wirtschaftliche oder familiäre Interessen vertreten.

Außerdem zeichnen sich innerhalb der Fatah-Bewegung immer deutlicher Spannungen ab zwischen der alten Garde der Gründergeneration, die in der Bevölkerung als korrupt und ineffektiv gilt, und einer jungen Führungsgeneration, die die Macht beansprucht. Angesichts der Wahlerfolge der islamischen Hamas-Bewegung in den Kommunalwahlen der vergangenen Wochen befürchtet die säkulare Fatah-Bewegung bei den Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat, dem „Palästinenserparlament“, im Januar einschneidende Verluste.

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