Äthiopier feiern am Ort der Sehnsucht

JERUSALEM (inn) – Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hat die Ausdauer der äthiopischen Juden über die Jahrhunderte hinweg gelobt. Am Donnerstag nahm er an einer Zeremonie zum „Sigd“-Fest teil, das die Dankbarkeit für die Torah ausdrückt.
Staatspräsident Rivlin feierte mit zahlreichen Vertretern der äthiopischen Gemeinschaft das "Sigd"-Fest.
Über die Jahrhunderte hinweg haben Juden in Äthiopien das „Sigd“-Fest gefeiert und andere Bräuche gepflegt – und sich dabei nach Jerusalem gesehnt. Nun konnten viele ihrer Nachkommen das Fest in der israelischen Hauptstadt begehen. Die äthiopischen Juden hätten Jerusalem jahrtausendelang in ihrem Herzen getragen, sagte Staatspräsident Rivlin in seiner Ansprache am Donnerstag. „Sie sehnten sich nach Zion aus der Ferne, sie hatten ein Verlangen danach, ins Land Israel einzuwandern.“ Das Staatsoberhaupt fügte laut einer Mitteilung des Präsidialamtes hinzu: „Die Juden Äthiopiens waren bereit, ihr Leben für ihr Judentum hinzugeben und das Land ihrer Väter unter Qualen zu erlangen.“ Auch in den Flüchtlingslagern hätten sie sich nicht entmutigen lassen – selbst dann nicht, als die Tore des Landes verschlossen waren. Rivlin ging auch auf den palästinensischen Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem ein, der am Dienstag fünf Todesopfer gefordert hatte: „Diese Woche hat sich die Stadt in Kummer und Trauer gehüllt.“ Ein Lehrhaus im Viertel Har Nof sei zu einem Schlachthaus geworden. „Jerusalem wird Terror nicht dulden, genau wie der Staat Israel Terror nicht dulden wird.“ Trotz der schweren Erschütterung werde von Jerusalem kein Aufruf zum Hass oder zur Rache ausgehen. Die Stadt sei wie tausend Zeugen dafür, „dass wir nur aus Liebe und Glaube in unsere Heimat zurückgekehrt sind“. Das „Sigd“-Fest sei ein Beweis dafür.

„Der Traum ist wahr geworden“

Der Vorsitzende der Priestervertretung, Avihu Asaria, rief die äthiopische Gemeinschaft zur Einheit auf. Es sei wichtig, „alle schwierigen und negativen Phänomene innerhalb der Gemeinde und den Rassismus in der gesamten israelischen Gesellschaft zu verringern. Vor uns liegen noch viele Herausforderungen für unsere Eingliederung in die israelische Gesellschaft, aber wir müssen alle Bemühungen unternehmen, um gemeinsam zu handeln, um Fortschritte zu machen und eine völlige gesellschaftliche Integration zu schaffen“. Die israelische Gesellschaft solle den Äthiopiern die Türen öffnen, „damit unser Beitrag für den Staat sich erhöht und unser Dienst für die Allgemeinheit der Öffentlichkeit aufrichtig und wahrhaftig ist. Wir müssen miteinander geduldig und tolerant sein“. Auch die stellvertretende Knessetpräsidentin Penina Tamanu-Schata, die aus Äthiopien stammt, sprach bei der Zeremonie. Sie sagte, die Feinde könnten den äthiopischen Juden nichts anhaben, weil der Staat Israel für sie einstehe. „Der Tag wird kommen, an dem wir die Vision verwirklichen und alle nach Jerusalem kommen werden, wie unsere Väter gebetet haben. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass wir heute hier sind.“ Auch Einwanderungsministerin Sofa Landver würdigte die Geduld der äthiopischen Gemeinschaft: „Jahrelang haben Sie nicht aufgehört, darauf zu hoffen, nach Jerusalem zu gelangen. Der Traum ist wahr geworden – dieses Jahr ist die ‚Operation Mose‘ 30 Jahre her, und jahrelang wurden atemberaubende Operationen durchgeführt, die Aktivisten der Gemeinschaft als Partner hatten.“ Dies müsse in der Schule ebenso gelehrt werden wie der Auszug aus Ägypten.

Hintergrund

Anfang des Jahres 2008 hatte die Knesset das „Sigd“-Fest als nationalen Feiertag anerkannt. Dieser Festtag besteht aus zwei Teilen. Von morgens bis mittags fasten und beten die Teilnehmer und bitten um Vergebung, ähnlich wie am jüdischen Feiertag Jom Kippur. Am Nachmittag folgt der fröhliche Teil, bei dem vor allem musiziert und getanzt wird. Während der Feierlichkeiten werden Gebete auf Ge‘ez rezitiert, einer alten äthiopischen Sprache, die heute nur noch von äthiopischen und eritreischen orthodoxen Kirchenführern benutzt wird. Auch als die äthiopischen Juden noch in Afrika lebten, begann das „Sigd“-Fest als Fastentag. Im Laufe dieses Tages bestiegen die Gläubigen in einer Prozession den Gipfel eines Berges und trugen die äthiopische Torah mit sich. Dann rezitierten sie Gebete, Psalmen und Verse aus dem Buch Nehemia. Diese Zeremonie erinnerte an den Empfangs der Torah auf dem Berg Sinai. Beim Abstieg wurde schließlich das Fasten gebrochen, es wurde musiziert, gesungen und getanzt.

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