„Überrascht und beeindruckt“ – Iranischer Blogger zurück aus Israel

OTTAWA / JERUSALEM (inn) – Der bekannteste Weblog-Autor des Iran hat seine dreiwöchige Israel-Reise beendet. Der 30-jährige Hossein Derakhshan dokumentierte seine Reise in den jüdischen Staat auf seiner Internet-Seite und wollte so zeigen, dass Israelis ganz normale Menschen sind.

Derakhshan schreibt seit fast vier Jahren unter dem Namen „Hoder“ in seinem Internet-Tagebuch. Er gilt als Vater der iranischen Blogger-Szene. Am 24. Januar brach er nach Israel auf, um angesichts der Hetzreden des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmedinedschad seinen 20.000 iranischen Lesern zu zeigen, „wie es in Israel wirklich aussieht“.

„Außerhalb der staatlichen Propaganda, dem offiziellen dämonisierten Bild, wird in den iranischen Medien überhaupt nicht über Israel berichtet“, sagte er nun nach seiner Rückkehr gegenüber der „Netzeitung“.

Er habe auch den Menschen in Israel verdeutlichen wollen, „dass der amtierende iranische Präsident mit seinen Äußerungen über Israel nicht die Meinung der Mehrheit der iranischen Bevölkerung vertritt“. Man habe ihn sehr neugierig und offen willkommen geheißen, berichtet er.

„Ich war überrascht, wie positiv und unvoreingenommen die Menschen in Israel auf meinen Besuch reagiert haben – gerade angesichts des aktuellen Konfliktes. In meinen Begegnungen und Gesprächen mit den Menschen vor Ort habe ich eine große Neugier festgestellt. Die Israelis wollen wissen, was im Iran passiert.“

„Das Israel-Bild der Medien hat wenig mit der Realität zu tun“

Sein eigenes Israel-Bild habe sich durch seine Reise sehr verändert, so der Internet-Autor. „Ich habe Israel als eine liberale Demokratie westlicher Prägung kennen gelernt. Das Bild, das auch in den westlichen Medien gezeichnet wird, hat wenig mit der Realität vor Ort zu tun. In Israel ist es möglich, die eigene Regierung zu kritisieren und sich auch öffentlich als anti-zionistisch zu bezeichnen.“ Dies habe ihn „sehr überrascht und beeindruckt“.

Zu den Plänen des Iran, die Atombombe zu bauen, sagte Derakhshan: „Aus iranischer Perspektive gibt es einige Gründe, sich atomar zu bewaffnen. Wie das Beispiel Nordkorea zeigt, sind Atomwaffen ja so etwas wie eine Rückversicherung gegen die Bedrohung der Souveränität eines Landes. Außerdem sind viele Iraner über die Atomwaffen im benachbarten Pakistan besorgt.“ Nicht die Bombe an sich sei die Gefahr, sondern wer über diese verfüge, fügte er hinzu. „Wenn das jetzige Regime über Atombomben verfügt, wäre das in der Tat sehr bedrohlich.“

Derakhshan lebt seit fünf Jahren in Kanada. Es existieren derzeit mehr als 700.000 iranische Blogs. Hier können Iraner öffentlich über Themen diskutieren, die normalerweise verboten sind, wie zum Beispiel Homosexualität, Rechte der Frauen oder westliche Musik.

„Hoder“ schrieb während seines Israel-Aufenthaltes: „Ich denke darüber nach, einen kollektiven Besuch aller Iraner in den Holocaust-Museen dieser Erde zu organisieren.“ Zudem sollten viele Menschen Verweise im Internet auf Webseiten zum Holocaust verlinken, damit den Holocaust-Leugnern wie Ahmedinedschad etwas entgegengesetzt werden könne.

Die „Deutsche Welle“ ehrte den Iraner mit dem „International Weblog Award 2005“. Neben seinem Blog in persischer Sprache betreibt „Hoder“ ein englisches Weblog: http://hoder.com/weblog.

Die Fotos, die er in Israel machte, finden sich unter http://www.flickr.com/photos/hoder. Das ganze Interview finden Sie unter http://www.netzeitung.de/internet/389639.html.

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