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Ultraorthodoxe Antizionisten: Kuriosum am Rande der palästinensischen Wahlen

Es gibt nichts, was es im Heiligen Land nicht gibt – mag es auch noch so absurd sein. Dutzende orthodoxer Rabbiner unterstreichen am nationalen Wahltag der Palästinenser im Blick auf die geplante Räumung israelischer Siedlungen im Gazastreifen und in Nordsamaria das Verbot, Teile des Landes Israel an Nichtjuden abzutreten. Der ehemalige sephardische Oberrabbiner Mordechai Elijahu bringt den Konsens der Nationalreligiösen auf den Punkt: „Kein Minister und keine Regierung haben das Recht, das aufzugeben, was uns der Heilige, gelobt sei er, anvertraut hat.“ Der Entscheid erstaunt niemanden und stärkt einer Reihe von israelischen Offizieren den Rücken, die den Dienst in der Armee für die Siedlungsräumungen verweigern wollen.

An dem klaren Wintertag auf Sichtweite von Tel Aviv entfernt marschiert zeitgleich aber auch eine Gruppe ultraorthodoxer Juden in den von kriegerischen Auseinandersetzungen gezeichneten Amtssitz des Palästinenserpräsidenten in Ramalla, die Mukata´a. Die Glaubenskrieger der Neturei Karta tragen übergroße Palästinenserflaggen und über ihren Gewändern aus dem Osteuropa vergangener Jahrhunderte neuzeitliche Palästinensertücher. Auf Plakaten verkünden sie „Zionisten sind keine Juden!“. Das „Judentum gegen den Zionismus“ hat die Lösung des Nahostproblems klar vor Augen: „Das Ende des Zionismus bedeutet Frieden“. Ihr geistlicher Führer, der uralte Rabbi Mosche Hirsch, wird von Helfern gestützt, alleine hätte er den Weg wohl kaum zurücklegen können.

Am kitschig-glasigen Grabmal des verblichenen Symbols der Palästinenser stimmt der Sprecher von Rabbi Hirsch in gebrochenem Arabisch eine Lobeshymne auf „Abu Amar, den Kommandeur der palästinensischen Streitkräfte, den Führer der palästinensischen Institutionen, den Gründer des unabhängigen Palästinenserstaates, den Präsidenten aller Flüchtlingslager und der ganzen Westbank und des Gazastreifens“ an. Der Kommandeur von Jasser Arafats Ehrengarde, der zuvor noch jede Tonbandaufnahme am neuesten Heiligtum der Palästinenser untersagt hatte, ist plötzlich bemüht, dass keines der Worte des orthodoxen Juden den Mikrophonen der Medienvertreter entgeht.

Erstaunt hören die Journalisten aus aller Herren Länder aus jüdischem Mund im Herzen der „heiligen Mukata´a“, dass „Arafats Geist unter uns lebt“. Der Schwarzgekleidete predigt ekstatisch von einem friedlichen Zusammenleben von Juden und palästinensischen Muslimen „in einem Palästinenserstaat, dessen Hauptstadt Jerusalem ist, und dessen Grenzen vom Meer bis an den Fluss reichen“. Ungerührt ertragen die palästinensischen Wachsoldaten den ungewöhnlich aufgewühlten Menschenhaufen an dem Ort, den sonst ehrfürchtig stille Palästinenser und würdevolle Politiker besuchen.

Umringt von Fernsehkameras macht sich Rabbi Mosche Hirsch auf den Weg in das Hauptgebäude der Mukata´a. Die sprachlos wirkenden palästinensischen Ordnungskräfte bahnen dem alterwürdigen Rabbi den Weg in das Hauptwahllokal der Palästinensischen Autonomie. Dort fordert er sein Recht ein, als „Palästinenser“ den Präsidenten wählen zu dürfen. Sein Sprecher gibt seinen Namen als „Daoud“ an und reicht den Wahlhelfern seinen Ausweis, ob israelisch oder palästinensisch ist nicht zu erkennen. Kopfschüttelnd meint die ungläubig grinsende Wahlleiterin: „Das können wir nicht zulassen.“

Kein Wahlbeobachter erhebt Einspruch, als die Gruppe ultraorthodoxer Eiferer für Arafat dann nicht nur ein Interview im Wahllokal der Mukata´a gibt – was nach dem viel beschworenen Verhaltenskodex, der allen Journalisten von der Zentralen Wahlkommission immer wieder eingehämmert wurde, streng verboten wurde. Nein, Rabbi Hirsch und seine Anhänger schaffen es, im Allerheiligsten der palästinensischen Staatsmacht unwidersprochen eine Pressekonferenz zu geben.

„Wir sind sehr enttäuscht, dass wir nicht an der Wahl teilnehmen dürfen“, sagt Daoud in die Mikrofone und Fernsehkameras. „Aber wir achten die palästinensischen Regeln, denn wir betrachten das palästinensische Parlament als unser Parlament und unsere Führung.“ Und: „Wir verurteilen den Völkermord, den der israelische Staat am palästinensischen Volk begeht! Juden haben kein Recht auf einen Staat in Palästina, auf nicht einem Quadratmeter.“

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