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Letzte Chance für Arafats Autonomiebehörde?

Seit Anfang September ruft der (mittlerweile zurückgetretene) palästinensische Innenminister Abdel Razak al-Yehiyeh seine Landsleute zum „gewaltlosen“ Widerstand gegen Israel auf. „Alle Formen palästinensischer Gewalt müssen aufhören“, wird der Fatah-General von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Selbstmordattentate sieht er als kontraproduktiv, weil sie „die junge Generation vom Weg des Lebens und vom Aufbau des Staates ablenkten“.

Yehiyehs erster greifbarer Erfolg ist das sogenannte „Gaza-Bethlehem-Zuerst“-Abkommen vom 18. August 2002. Darin verpflichten sich die Israelis zu einem schrittweisen Rückzug aus den Autonomiegebieten in Bethlehem und den wiederbesetzten Gebieten im Gazastreifen. Im Gegenzug wollen die Palästinenser alle Gewalt einstellen. Ein palästinensischer Journalist bezeichnet das Abkommen als „eine letzte Chance für die korrupte Truppe um Arafat“.

Israel aber will Taten sehen, nicht nur Worte hören. Die israelische Armee zählte in der zweiten Augusthälfte mehr als 200 Angriffe palästinensischer Terroristen auf israelische Ziele. Der PA-Innenminister gibt zu, daß sich die palästinensische Gesellschaft in einem „Zustand des Chaos“ befindet, wofür er die ständigen Ausgangssperren und Abriegelungen durch die Israelis verantwortlich macht.

Seit sich die israelische Armee aus Bethlehem wieder zurückgezogen hat, tritt dort wieder die palästinensische Polizei in Erscheinung. Muhammad Madani, der Gouverneur von Bethlehem, zeigt sich fest entschlossen, die vom Innenminister verordneten Reformen durchzuführen. „Wir müssen bei Null anfangen“, beklagt der altgediente Fatah-Funktionär, der 1946 in der Nähe von Nazareth geboren wurde. 1967 gab er seine israelische Staatsbürgerschaft auf, um Jassir Arafat in seinem Kampf gegen den Judenstaat zu begleiten. „Wir haben nur sehr wenige Kräfte, weniger als 200 Polizisten. Aber bisher ist das Ganze ein großer Erfolg“, gibt er sich zuversichtlich.

Die palästinensischen Sicherheitskräfte wurden im Raum Bethlehem unter einem Kommando vereinigt. Um die Loyalität der rivalisierenden Gruppen sicherzustellen wurden gemischte Patroullien geschaffen. „Jeder Zivilist, der mit einer Waffe erwischt wird,“ versichert ein Polizeikommandeur, „wird verhaftet.“ Diese Reformmaßnahmen schreibt Madani nicht amerikanisch-israelischem Druck zu, sondern verbucht sie als eigene Idee, die er schon lange mit sich herumgetragen und vorbereitet habe. „Der Einmarsch der israelischen Armee hat die Reform nur verzögert“, bemüht er sich glaubhaft zu machen.

Khader Abu Abarra gilt als Sprecher der Opposition in der PA. Jahrelang hat er sich in der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) unter dem Kommando des christlichen Arztes George Habasch, der in Damaskus sitzt, engagiert. Jahrelang hat Abu Abarra dafür in israelischen Gefängnissen gesessen, zuletzt von Mai bis Juli 2002. Er bezeichnet das „Bethlehem-Gaza-Zuerst“-Abkommen als Kapitulation vor amerikanisch-israelischen Forderungen.

Als entscheidenden Erfolg der al-Aqsa-Intifada sieht er „die Zerstörung der ‚Oslo-Kultur’, die eine Normalisierung mit dem israelischen Staat anstrebt“. „‚Bethlehem-Gaza-Zuerst’ dient in keiner Weise unseren Interessen“, meint der Christ aus Beit Sahour. „Was bekommen wir für eine Feuerpause mit den Israelis? Es gibt kein Vertrauen! Was schränkt die israelische Aggression ein?!“

Genau an diesem Punkt sieht auch Muhammad Madani ein Problem: „Es wird immer israelische Provokationen geben. Täglich rücken sie mit ihren Soldaten und Panzern in unser Gebiet vor und ziehen sich wieder zurück.“ Trotzdem will er die Opposition, mit der er sich regelmäßig trifft, seinen Zielen verpflichten. „Es ist eine Sache, daß sie ihre Meinung sagen“, sagt er fast drohend, „eine andere, zu rebellieren.“ Auch die Hardliner unter den Palästinensern müßten begreifen, so der Gouverneur, daß „der Friede eine palästinensische Strategie“ sei.

Zur Durchsetzung dieser palästinensischen Strategie hofft Madani im Blick auf „das unverantwortliche Verhalten der Israelis“ auf den Druck der Weltöffentlichkeit. Er hofft auf internationale Streitkräfte, welche die beiden Völker trennen und so den Aufbau eines unabhängigen Palästinenserstaates doch noch möglich werden lassen.

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