Frühere Geisel wirkt bei Jüdischen Kulturtagen in Berlin mit

Bei den Jüdischen Kulturtagen in Berlin erleben die Besucher ein besonderes Konzert: Eine ehemalige Geisel spielt auf einer Violonie, die den Holocaust überdauerte, die israelische Hymne.
Von Israelnetz

BERLIN (inn) – Die ehemalige Geisel Agam Berger hat beim Eröffnungskonzert der 38. Jüdischen Kulturtage in Berlin mitgewirkt. Sie spielte am Donnerstagabend eine neue symphonische Fassung der Nationalhymne „HaTikva“, die der israelische Komponist Gadi Ja’ar für Solovioline und Orchester geschaffen hatte.

Die 21-Jährige war am 7. Oktober 2023 einen Tag nach Beginn ihres Wehrdienstes von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt worden. Ende Januar kam die Späherin nach 482 Tagen frei.

Danach übergab ihr der Israeli Zachi Beck eine 130 Jahre alte in Tschechien gefertigte Geige, die er vor Jahren restauriert hatte. Sie gehörte einem jüdischen Musiker, der in der Schoa ermordet wurde. Mit diesem Instrument trat Berger in Berlin auf. Im April hatte die ehemalige Geisel beim „Marsch der Lebenden“ von Auschwitz nach Birkenau die Titelmelodie des Filmes „Schindlers Liste“ gespielt.

„Lass mein Volk wachsen“

Das Eröffnungskonzert stand unter dem Titel „Let my people grow“ – „Lass mein Volk wachsen“. Er ist angelehnt an die Forderung an den Pharao, die sich im bekannten Spiritual „Let my people go“ findet: „Lass mein Volk ziehen“. Die Zeitung „B.Z.“ schrieb im Vorfeld unter der Dachzeile „Bewegendstes Konzert des Jahres“: „Die stillen Stars: Eine Überlebende des Hamas-Massakers und eine Geige, die einst einem jüdischen Musiker gehörte, der während des Holocaust ermordet wurde.“

Zu Berger merkte das Berliner Blatt an: „Ihre innere Stärke, ihr Glaube und ihre Liebe zur Musik halfen ihr, die Qualen durchzustehen. Noch während ihrer Geiselnahme hatten ihre Eltern Agams Begabung öffentlich gemacht. Seit ihrer Kindheit ist die Violine ihr engster Begleiter – mit acht Jahren begann sie zu spielen und entwickelte früh eine besondere musikalische Begabung.“

„Inspiration für Kulturszene“

Der israelische Botschafter in Berlin, Ron Prosor, schrieb am Freitag auf X: „Ich habe mich gefreut, gestern die 38. Jüdischen Kulturtage mitzueröffnen.“ Der Kulturbetrieb stehe vor einem Wendepunkt: „Einst ein Ort der Begegnung, wird er immer öfter zu einem der Intoleranz – ja, des Hasses. Wer heute als Jude eine Bühne bekommen will, muss sich oft von Israel distanzieren, den jüdischen Staat dämonisieren und seine Identität ablegen – und zwar direkt an der Garderobe.“

Dagegen habe das Eröffnungskonzert ein starkes Zeichen gesetzt: „Für selbstbewusst jüdische Kultur in Deutschland. Für Kultur, die nicht spaltet, sondern einlädt.“ Als besondere Ehre bezeichnete es Prosor, dass er die Violinistin und überlebende Hamas-Geisel Berger habe begrüßen dürfen: „Deine Stärke ist eine Inspiration für die jüdische Kulturszene hierzulande.“

Die Jüdischen Kulturtage begannen am 13. November und währen noch bis zum 23. November. Veranstalter ist die Jüdische Gemeinde zu Berlin. Die zehn Festivaltage stehen unter dem Motto „Atid– Zukunft“. Dieser Begriff steht nach Angaben der Jüdischen Gemeinde „trotz aller Widrigkeiten für Hoffnung, Verantwortung und den Glauben an das Kommende“. (eh)

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4 Antworten

  1. Wunderbar! Wenn ich Agam Berger so spielen höre, zusammen mit dem Orchester, geht es mir durch Mark und Bein. Die Begabung und Freude ander Musik wird ihr helfen, das Trauma zu verarbeiten. Danke an die Jüdische Gemeinde Berlins, die Agams Geigenspiel ermöglicht hat trotz aller Widrigkeiten. Denn Prosor hat Recht: Orte der Begegnungen werden immer wieder zu Orten des Hasses und des Antisemitismus.

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  2. Ich danke für den wunderschönen Bericht.
    Die Jüdischen Kulturtage in Berlin sind ein Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Welt.

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  3. Welch unzerbrechliche Hoffnung angesichts der Schoa und des Massakers.
    „Lass mein Volk wachsen“ („und leben“). Ein ernster Aufruf auch an die Mächtigen der Welt.
    Gott ist unwandelbar.

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