„Gott sieht mich, wie ich von dir gequält werde“

Folter und Demütigung: In einem Fernsehinterview erzählt die ehemalige Geisel Rom Braslavski von den zwei Jahren in den Händen des Islamischen Dschihad. Der Verlockung, für Essen zum Islam zu konvertieren, widerstand er.
Von Israelnetz

TEL AVIV (inn) – Die ehemalige Geisel Rom Braslavski wurde im Gazastreifen auf besonders schlimme Weise misshandelt. Der Israeli geriet am 7. Oktober 2023 in die Hände des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ), nachdem er stundenlang als Wachmann auf dem Gelände des Nova-Festivals ausgeharrt und Menschenleben gerettet hatte. Dem Sender „Kanal 13“ erzählte er von Demütigung und Folter. Das hebräische Interview wurde am Donnerstag ausgestrahlt.

„Ich glaube nicht, dass das wahr ist. Dass ich hier bin“, sagt der 21-Jährige zu Beginn angesichts des Meeres, das er jetzt wieder sehen darf. Diesen schönen Anblick habe er zwei Jahre lang nicht gehabt.

Sichtlich schwer fällt es ihm, die Schrecken der Geiselhaft zu schildern. „Ich habe den Satan getroffen“, sagt er. Es sei eine „Geschichte, die erzählt werden muss. Die Leute sollen wissen, was ich durchgemacht habe“. Dann könnten sie verstehen, was ein Alptraum ist.

Rom Braslavski gehörte zu der Gruppe der 20 noch lebenden Geiseln, die am 13. Oktober freigelassen wurden. Doch auch drei Wochen später genießt er nicht, wie die anderen, das Bad in der Menge. Er hat Angst, hinauszugehen. Ein sehr langer Weg liege vor ihm, aber er beneide die anderen nicht. „Auch für mich wird der Augenblick kommen, in dem ich es schaffen werde, aufzustehen und mich von diesem Schlag zu erholen“, sagt er. „Auch ich werde glücklich sein, mich nicht mehr im Zimmer einschließen.“

Gefesselt und hungrig

Einen „Vorgeschmack“ auf die bevorstehenden Leiden erhielt der junge Israeli, als er nach dem „Sprint seines Lebens“ doch gefasst wurde. Von allen Seiten kamen Terroristen, es gab keinen Fluchtweg, der Zaun an der Gaza-Grenze war nah. Ein Terrorist schlug ihn, brach ihm unter anderem die Nase. Danach sei er verschwunden.

Im Gazastreifen wurde er in eine Wohnung gesperrt, „wie ein Hühnerstall“. Er wurde an einen Kleiderschrank gefesselt und allein gelassen. Der Hunger war groß, er sehnte sich nach Essen. Von einem Bekannten hatte er gelernt, wie man sich aus Fesseln befreien kann. Dies gelang, er suchte die Wohnung nach Essen ab und fand Makkaroni. Als er sie kochen wollte, ging das Gas zur Neige. Also habe er ein Lagerfeuer aus Büchern und Kleidern entfacht.

Der Rauch lockte Palästinenser an, sie klopften an die Tür, er versteckte sich unter dem Bett. Doch sie entdeckten ihn und schlugen ihn, so dass er zwei Wochen lang nicht gehen konnte. Er wäre fast gestorben, aber der Scheich, der für ihn verantwortlich war, erschien und hielt den Mob auf. Die Pasta habe er dann wie ein Hund verschlungen, sagt Braslavski.

Terroristen aßen Fleisch und Reis

Die Dschihadisten indes aßen nach seiner Darstellung alles Mögliche aus den Hilfstransporten. Für ihn sei das Leben mit oder ohne Hilfsgüter gleich geblieben: Er roch das Fleisch, den Kaffee, den Tee, den Milchreis. „Dir dreht sich der Magen um.“

Dann kam nach etwa einem Jahr eine andere Geisel dazu, Sascha Trufanov. Mit ihm verbrachte er „48 süße Stunden“, sie redeten stundenlang miteinander. Doch schon wurden sie wieder getrennt, und er sehnte sich nach dem Kameraden. Er empfand seelische Erschöpfung und dachte, er würde nie aus Gaza herauskommen.

„Wenn du konvertierst, bekommst du Essen“

Die Terroristen versuchten, ihn zu locken: Wenn er zum Islam konvertiere, werde er Essen bekommen. „Keiner wird Hand an dich legen, komm, konvertiere zum Islam“, hätten sie gesagt – „zur richtigen Religion, zu Mohammed“. Doch der Israeli habe gewusst, dass es niemals geschehen würde: „Ich wurde als Jude geboren, ich werde als Jude sterben.“

Danach erhöhten die Entführer seine Qualen: Sie verbanden ihm erst die Augen. Ein paar Wochen später stopfte ihm einer zwei Steine in die Ohren und band ein Tuch darum, so dass er fast nichts mehr hörte und starke Schmerzen empfand. Er durfte nur noch dreimal am Tag auf die Toilette: um 9, 16 und 21 Uhr.

Später banden ihm die Terroristen Hände und Füße mit Kabelbindern fest und klebten Leukoplaststreifen über seinen Mund. Sie folterten ihn mit einer Eselpeitsche, die aus mit einer Haut bezogenen Eisenstücken bestand. Sie gaben ihm Boxschläge, verprügelten ihn mitten in der Nacht oder am Tag. Immer wenn er dachte, es sei vorbei, erschienen sie wieder.

Ein neuer Kommandeur, der mindestens 100 Kilogramm wog, sei ihm auf den Hals gesprungen und habe sich auf seinen Kopf gestellt, berichtet Braslavski in dem Interview. Er selbst sei damals noch etwa 50 Kilogramm schwer gewesen.

„Gott sieht mich“

Im August veröffentlichte der PIJ ein Video, in dem er sich auf dem Boden wälzt und stöhnt, er könne nicht mehr. Zwischen den einzelnen Takes hätten sie ihn geschlagen, sagt Braslavski – und ihn gezwungen, über israelische Politiker zu sprechen und zu weinen.

Er habe seinen Peinigern gesagt: „Ich weine nicht vor Hunger, ich weine euretwegen, wegen der Dinge, die ihr hier tut.“ Und einen Satz habe er loswerden müssen: „Vielleicht denkst du, dass nur ich und du hier sind und niemand uns sieht. Aber Gott sieht mich, wie ich von dir gequält werde, und dich, wie du mich quälst.“ Der Terrorist erwiderte, er kenne Gott besser. Daraufhin seien ihm erneut die Augen verbunden und die Ohren verstopft worden, und es sei wieder losgegangen.

Die zuvor in Medien verbreitete Darstellung, er sei wegen einer Provokation von Polizeiminister Itamar Ben-Gvir (Jüdische Stärke) gequält worden, weist Braslavski zurück: „Sie folterten mich aus einem einzigen Grund: Ich bin Jude.“

Schließlich zogen ihm die Terroristen alle Kleider aus und banden ihn fest. Er habe gebetet: „Rette mich, hol mich endlich hier raus!“ Danach habe er keine Kraft mehr zum Beten gehabt. Er habe sexuelle Gewalt erlitten. Die Peiniger hätten ihn demütigen und seiner Ehre berauben wollen.

Hebräisch mit arabischem Akzent

Vor der Freilassung wurde Braslavski mit acht weiteren Geiseln in einen Tunnel gebracht, wo es eng war. Dort traf er Bar Kuperstein, den er von der Arbeit kannte. Dieser sagte ihm: „Du hast einen arabischen Akzent.“ In der Tat habe er während der Isolation viele hebräische Wörter vergessen. Die Geiseln hätten die gesamte Nacht Geschichten ausgetauscht. Er sei zwar immer noch ein Gefangener gewesen – aber in den Händen der Hamas, die im Vergleich zum Islamischen Dschihad „in Ordnung war“.

Braslavski sieht sich nicht als Helden: „Die Helden sind unsere Soldaten, die einmarschiert sind und ganz Gaza auf den Kopf gestellt haben, um mich herauszuholen.“

Die ehemalige Geisel würde gern die Zeit zurückdrehen auf den 6. Oktober. Braslavski wünscht sich, das alles nicht erlebt zu haben. Andererseits spricht er in dem Fernsehbeitrag Gebete: Er preist den Ewigen auch dafür, dass er Gefangene befreit. Und er bekundet seine Dankbarkeit über die Freiheit: „Du sitzt hier, legst Gebetsriemen an, unter freiem Himmel. Das ist Gold, es ist alles wert, es war diese ganzen zwei Jahre wert. Den Himmel sehen und ihn sich nicht vorstellen müssen, das ist Glück.“

Direkt nach der Freilassung wollte Braslavski niemanden sehen, sondern nur den Himmel betrachten. Daraufhin veröffentlichten Nutzer aus aller Welt in den Sozialen Medien Himmelsbilder für den jungen Israeli. (eh)

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2 Antworten

  1. Ja, die ehemalige Geisel Rom Braslavski hat vollkommen recht, „„Gott sieht mich, wie ich von dir gequält werde“. Ich möchte IHM Jes. 1,18 zurufen: „So kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der Herr. …“ Ich wünsche ihm von ganzem Herzen, dass er den besten Arzt/Therapeuten persönlich begegnet, der ihn von all seinen Traumata befreien kann.
    Was für ein großes Geschenk, dass Du diese Qual überlebt hast – der Herr kann dir ein ganz neues Leben schenken.
    Lieber Gruß Martin

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  2. Terroristen aßen Fleisch und Reis, Kaffee und Tee gab es auch. Schuld daran die unkontrollierten Hilfstransporten. Hilfsgüter helfen zunächst, wenn nicht ausschließlich der Hamas und verlängern den Krieg. Das sagt Verteidigungsminister Katz. Hat er Recht? Ja.

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