Das „Blut der Makkabäer“

Die einzige Strohblume in Israel hat ihren hebräischen Namen von einem Aufstand gegen hellenistische Fremdherrschaft. Die rote Hülle der Blüten erinnert an Blutstropfen.
Von Gundula Madeleine Tegtmeyer

In den sieben Wochen zwischen Pessach und Schawuot, während viele Blumen in Israel als Frühlingsboten bereits zu verwelken beginnen, blüht die Pflanze Dam haMaccabim auf. Warum trägt die knallig rot blühende Blume diesen seltsam anmutenden hebräischen Namen, der auf Deutsch „Blut der Makkabäer“ heißt?

Nähern wir uns dieser interessanten Pflanze zunächst botanisch. Ihre botanische Bezeichnung lautet Helichrysum sanguineum, auf Deutsch: Rotes Strohblumenkraut. Dam haMaccabim, wie sie in Israel genannt wird, gehört zur Familie der Korbblütler, der zweitgrößten Pflanzenfamilie mit etwa 1.000 Arten und etwa 2.000 verschiedenen Sorten.

Pflanzen dieser Familie zeichnen sich durch dichte Ansammlungen winziger, dicht beieinanderstehender Blüten aus, wie zum Beispiel die Chrysantheme, das Greiskraut und die Anthemis. Einige Blüten dieser Familie sind röhrenförmig und schmal, andere eher zungenförmig, somit mit einem einzigen zungenartigen Blütenblatt. Sie befinden sich hauptsächlich innerhalb der Blütentraube.

Im Gegensatz zu anderen Blumen dieser Familie weist Dam haMaccabim eine Ansammlung gelber, röhrenförmiger Blüten auf, die sehr dicht beieinanderstehen und von einer weithin sichtbaren roten Hülle umgeben sind. Sie ist es, die der Blüte ihre charakteristische Farbe verleiht und auch erklärt, warum die Pflanze ihr kräftiges Rot über viele Wochen behält und sich weltweit großer Beliebtheit als Zierpflanze erfreut.

Mit Blutstropfen assoziiert

Die Ansammlung rötlicher Kugeltropfen am Stängel assoziierten Ephraim und Hannah Hareuveni, die Eltern von Noga Hareuveni und Gründer des Parks „Neot Kedumim“, mit Blutstropfen. Daraufhin nannten sie das Tote Strohblumenkraut Dam haMaccabim, „Blut der Makkabäer“. Diese Bezeichnung wurde von der Akademie der Hebräischen Sprache anerkannt.

Neot Kedumim, seit 1984 der Öffentlichkeit zugänglich, ist ein Landschaftspark in der Nähe von Modi’in. Er widmet sich der Pflanzenwelt, die in der Hebräischen Bibel und der jüdischen Traditionsliteratur erwähnt wird. Der Name bedeutet auf Deutsch so viel wie „Auen vergangener Zeiten“. Der Park bildet auch die Wüste der Sinai-Halbinsel und das Waldland des Libanongebirges nach.

Jüdischer Widerstand gegen religiöse Bevormundung

Warum inspirierten die roten Kugeltropfen Ephraim und Hannah Hareuveni dazu, der Pflanze den Namen „Blut der Makkabäer“ zu geben? Tauchen wir in das zweite Jahrhundert vor der Zeitrechnung ein, einer Zeit jüdischen Widerstands gegen religiöse Bevormundung.

Die apokryphen Makkabäerbücher berichten von den Freiheitskämpfen, die die Israeliten führten. Die Juden mussten sich militärisch gegen ihnen feindlich gesinnte Völker in ihrer Nachbarschaft wehren.

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In der Schilderung des Widerstandes stellen wir etwas Bemerkenswertes fest: Die Makkabäerbücher kommen ganz ohne g´ttliches Eingreifen, Wunder oder Propheten aus. Die militärischen Erfolge der Israeliten werden ausschließlich auf Klugheit sowie persönlichen Mut und Tatkraft zurückgeführt, gekrönt von einer Periode des Friedens und Wohlstands in politischer Selbstständigkeit. Vor diesem Hintergrund betrachtet bilden die Berichte der Makkabäerbücher einen Geschichtsmythos für das moderne Israel.

Judas, Hauptheld und Namensgeber der Makkabäerbücher – er trug den Beinamen Makkabäus, was so viel wie „Hammer“ – bedeutet, stammte aus dem Priester- und späteren Herrschergeschlecht der Hasmonäer. Sie leiteten ihren Namen von ihren Stammvater Hasmon ab. In respektvollem Gedenken an Judas werden die Hasmonäer auch Makkabäer genannt.

Seleukiden wollten religiöse Einheitlichkeit

Die Gegenspieler der Makkabäer waren die Seleukiden, eine mazedonische Dynastie, die von König Seleukus I. Nikator abstammte. Er regierte von 312 bis 281 vor der Zeitrechnung und errichtete in der Nachfolge Alexanders des Großen ein hellenistisches Großreich. Um 200 dehnte sich die Macht der Seleukiden bis nach Ägypten aus. Auch das Gebiet des heutigen Staates Israel gehörte zu ihrem Einflussbereich.

Die Seleukiden hatten sich zum Ziel gesetzt, ihr gesamtes Herrschaftsgebiet religiös zu vereinheitlichen und forderten von allen anhängigen Völkern die Praktizierung des Staatskultes. Diese Forderung brachte die jüdische Seele zum Überkochen. An staatliche Fremdbestimmung hatten sich die Jüdinnen und Juden seit dem babylonischen Exil und der nachfolgenden persischen Oberhoheit gewöhnt, religiöse Bevormundung hingegen waren sie nicht bereit hinzunehmen.

Als Antiochus IV. Epiphanes, der von 175 bis 164 regierte, versuchte, die jüdische Religion auszulöschen, provozierte er massiven jüdischen Widerstand und blutige Unruhen. Denn die Teilnahme an heidnischen Opferriten wurde bindende Pflicht. Zudem verbot er die Beschneidung, die im Judentum ein Zeichen des Bundes mit G´tt verkörpert, und ließ die Gesetzesrollen zerreißen. Auf den Besitz der Tora stand die Todesstrafe.

Damit nicht genug: Er verlangte die Anbetung des olympischen Zeus. Juden aber verweigerten standhaft, seinen Namen auszusprechen. „Der König ließ den unheilvollen Gräuel aufstellen“, lesen wir im 1. Makkabäerbuch. Gemeint ist die Errichtung eines Altars des Zeus Olympios auf dem großen Brandopferaltar des Tempels in Jerusalem. Die Makkabäer waren die letzte unabhängige Dynastie der Juden vor der Einnahme ihres Reiches durch den römischen Feldherren Pompeius im Jahr 63 vor der Zeitrechnung.

Zwei Makkabäerbücher in Bibelausgaben

In christlichen Bibelausgaben finden sich das erste und das zweite Makkabäerbuch. Es gibt noch zwei weitere apokryphe Makkabäerbücher, die nicht in den Kanon aufgenommen wurden. Diese erzählen von der Verfolgung der Juden in Ägypten unter Ptolemäus IV. Philopator und ihrer wundersamen Rettung sowie von dem Martyrium einer frommen jüdischen Familie unter Antiochus IV. Epiphanes. Die Erzählung ihres Martyriums im vierten Makkabäerbuch hatte einen erheblichen Einfluss auf die christliche Märtyrertheologie.

„Die große Zeit, eine der größten der jüdischen Geschichte, hat hier eine würdige Schilderung gefunden, das Buch war wert, in die Bibel aufgenommen zu werden“, schrieb Martin Luther, der die ersten zwei Makkabäerbücher den alttestamentarischen Apokryphen zugeordnet hatte.

Nicht so die Juden. Sie schätzten die Bücher, stuften sie aber nicht als kanonisch ein. Somit fanden sie keinen Eingang in die Hebräische Bibel. Die katholische Kirche anerkannte die beiden ersten Makkabäerbücher als inspirierend und als deuterokanonisch klassifiziert, also als „zum zweiten Kanon gehörig“.

Drei Posten in einer Person

Nach Jonathan übernahm sein Bruder Simeon von 142 bis 134 die Führung der Makkabäer und erreichte durch kluges politisches Geschick das Endziel des Aufstandes: Antiochus VII., der mittlerweile auf dem seleukidischen Thron saß, erkannte Simeon als Hohepriester, Heerführer und Ethnarchen (Volksfürst) an.

Die Bündelung dieser drei Posten in einer Person läutete eine Periode von Frieden, Selbstständigkeit und Wohlstand ein. Sie setzte sich auch unter Simeons Sohn Jochanan Hyrkan I. fort, obgleich sein Vater Opfer eines heimtückischen Mordes wurde. Durch ihre weltzugewandte Politik handelten sich die Hasmonäer jedoch auch herbe Kritik seitens besonders glaubensstrenger jüdischer Zeitgenossen ein.

Das Jahr 37 vor der Zeitrechnung läutete den Niedergang der hasmonäischen Herrschaft mit der Inthronisierung von Herodes dem Großen als König von Juda ein. Herodes löste Antigonos II. ab und machte Judäa zu einem römischen Vasallenstaat. Dem Machtverlust waren dynastische Konflikte vorausgegangen, vor allem der hasmonäische Bruderkrieg. Sie hatten das hasmonäische Reich stark geschwächt und es den Römern leicht gemacht, Herodes als König zu installieren. Die römische Intervention unter Pompeius im Jahr 63 versetzte den Makkabäern den endgültigen Todesstoß und das Ende der vollständigen Unabhängigkeit.

Jizchak Sadeh (1890–1952) war israelischer Generalmajor und einer der Gründer sowie Oberkommandierender dervorstaatlichen Palmach-Einheiten, Schriftsteller und Pädagoge. Er erklärte den jungen Zabarim die Quelle des israelischen Heldentums. Zabarim, auch Sabarim ist dashebräische Wort für Feigenkaktus; es dient als Bezeichnung für in Israel geborene Juden und Jüdinnen, In seinen Zeilen erwähnt Sadeh Modi’in, die Stadt, aus der die Makkabäer stammten, und erklärt den jungen Männern, dass deren Blut durch ihre Adern fließt.

Auszug aus dem Brief

„In der Diaspora wurde unser Blut über viele Generationen, über Hunderte von Jahren hinweg wie Wasser vergossen – in allen Ländern, in allen Umgebungen. Aber keine Pflanze wuchs aus unserem Blut, keine Blume blühte, es blieben nur Pfützen übrig, Blutpfützen aus Blei. Und im Laufe der Jahre trockneten sie auch aus. Nur in diesem Land, der Heimat, wächst eine winzige Blume unter den anderen Blumen, die kleine rote Blume, und ihr Name ist „Blut der Makkabäer“ …

Hier wanderten wir auf den Pfaden Israels, wir atmeten die Luft Modi’ins, wir sahen die Landschaft der kahlen Hügel, wir kletterten auf die Klippen, wir stiegen auf und ab auf den Pfaden und Pfaden, auf denen die Makkabäer gingen …

Der Geist der Makkabäer wurde zur Strategie der Makkabäer, und wir wussten, wie die Wenigen gegen die Vielen kämpfen können, wie sie wussten, wann sie über die Lager siegen mussten. Ihr Geist wurde zu unserer Strategie, ihr Glaube wurde unsere Waffen. Denn Gerechtigkeit muss hier und für uns verwirklicht werden. Und kein Traum von Gerechtigkeit, keine abstrakte Wahrnehmung des Gerechtigkeitsbegriffs – die Gerechtigkeit hier muss real sein. Es wird auf den Feldern des Weizens, der Gerste und des Getreides wachsen, auf den Feldern, die mit Tränen gesät und mit Gesang geerntet werden, und wenn es nötig ist, werden sie auch mit Blut bewässert …

Und dasselbe Blut fließt durch unser Blut, werden wir mit aller Geradlinigkeit und Zuversicht sagen. In dieser Hinsicht sind wir die gleichen wie die Makkabäer. Und ein Tropfen unseres Blutes, der auf das Land unserer Heimat fällt, wird zu einer winzigen Blume heranwachsen, einer kleinen roten Blume, die nach ihnen benannt ist. Denn ihnen ist es zu verdanken, dass dieses Land unsere Heimat ist und dass alle Arten von Pflanzen und Blumen darin wachsen.

Ihr seid keine Helden, meine Freunde, noch Söhne von Riesen, ihr seid einfache Menschen, versunken in den Alltag, beschäftigt mit tausend Dingen. Aber das Erbe der Makkabäer ist an euch übergegangen. Die Makkabäer gelten als Symbol für „Kämpfen ohne Furcht“ – für den Glauben, das Recht auf Glauben, für die Heimat, für ein freies Leben in der Heimat, für Selbstverteidigung, für Standhaftigkeit im Kampf und am Ende für den Sieg beschrieben. Und ihr Blut, sagen wir es in aller Einfachheit und Zuversicht, fließt in unseren Adern. Wir sind genau wie sie. Wenn ein Tropfen unseres Blutes auf den Boden unserer Heimat fällt, wächst eine Blume … klein und rot – Dam HaMaccabim. Nur in diesem Land, der Heimat, wächst diese Blume unter den anderen Blumen … Dam HaMaccabim.

Dam HaMaccabim, dasBlut der Makkabäer“, ist die einzige Strohblume, die in Israel vorkommt. Sie blüht jedes Jahr im April. In diese Zeit fällt Jom HaSikaron, der israelische nationalen Gedenktag zu Ehren der gefallenen Soldaten und der Terror-Opfer. Im Jahr 1955 hatte ein israelisches Komitee beschlossen, die Strohblume als Symbol für den Gedenktag zu wählen.

An Jom HaSikaron tragen viele Israelis einen Aufkleber mit Motiv dieser Blume und dem hebräischen Wort Niskor, auf deutsch:„Wir werden uns erinnern.“

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
Hier steht: „Jiskor“ – „Er wird sich erinnern“ an die Gefallenen Israels

Während das „Blut der Makkabäer“ eine ewige Erinnerung an den Preis ist, den Israel für seine Existenz bezahlt hat, hoffen wir weiterhin auf den Tag, an dem ganz Israel sicher wohnen wird (1. Könige 5,5): Und Juda und Israel wohnten in Sicherheit, jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum, von Dan bis Beerscheba alle Tage Salomos. (Elberfelder Bibel)

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5 Antworten

  1. Die Blume das „Blut der Makkabäer“ ist eine sehr schöne Strohblume wegen ihres schönen Aussehens und der Tatsache, dass sie dann blüht, wenn andere Frühlingsblumen bereits verblühen. Ich habe auch schon Strohblumen in meinem Garten gesät. Es sind auch welche aufgegangen.

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  2. Liebe Redaktion,
    ich möchte mich herzlich bedanken, dass Sie mir/uns wieder mal israelische Kultur nahe bringen und erklären. ☺️🤗

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  3. Vielen Dank für den umfangreichen und sehr lehrreichen Bericht. Auch die Bedeutung der Bücher der Makkabäer kommen zum Ausdruck.
    Ich hatte in „The Chosen“ eine Folge gesehen, in der Jesus und seine Jünger den Aufstand der Makkabäer nachgespielt hatten, die Zusammenhänge der Bibel werden immer deutlicher.
    Judas Makkabäus ist ein wichtiger Kämpfer und wird ein wichtiger Held Israels bleiben !

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  4. Mein Beitrag kam wohl nicht durch, deshalb nochmal:
    Sehr schöner Bericht, liebe Frau Tegtmeyer, über die Blume “ das Blut der Makkabäer“.
    Vielen Dank. Kommt daher vielleicht auch der Name Maccabi, den viele Sportvereine in Israel tragen, besonders der Fußball?
    Israel wird durch diese Blume daran erinnert, dass gefallene Soldaten mit Leidenschaft ihr Land verteidigt haben und ihr Blut vergossen wurde. So ähnlich können wir Christen durch den Christusdorn daran erinnert werden, dass Jesus sein Blut für uns vergossen hat.

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  5. Shalom,es gibt eine Organisation mit dem Namen-Dam Ha Maccabim.Dort kann man Ansteckpins kaufen die nach gemacht sind von dieser Blüte.Ein dünner goldfarbener Stengel und oben dran die wunderschöne rote Blüte.Man kann diese auch bestellen um diese Organisation für gefallene Soldaten zu unterstützen.Diese werden Familien gefallener Soldaten geschenkt.Ich habe 2Stck.davon.Sind wunderschön. Jerusalem

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