Bewässerung als Antwort auf Klimawandel in der Bronzezeit

Wissenschaftler in Tübingen und Durham schließen aus Samen von Oliven und Weintrauben auf Wasserbedingungen in der Bronzezeit. Die Bauern der Region erwiesen sich angesichts des Klimawandels als widerstandsfähig.
Von Jörn Schumacher

TÜBINGEN / DURHAM (inn) – Forscher des Instituts für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen und der Universität Durham in England haben 1.514 verkohlte Samen- und Holzproben von Oliven und Weintrauben von archäologischen Stätten im Nahen Osten untersucht. Sie sammelten dabei Proben an rund 25 archäologischen Stätten im heutigen Israel, den palästinensischen Gebieten, dem Libanon, Jordanien, Syrien, der Türkei und dem Nordirak.

In Israel nahmen die Forscher Proben in Jaffa, Tel Burna, Tel Hazor, Tel Kabri, Tel Keisan und Tel Lachisch. Diese umfassten einen Zeitraum von etwa 3.000 Jahren – von der Frühbronzezeit um 3600 vor Christus bis zum Ende der Eisenzeit um 600 vor Christus.

Der Fokus lag auf dem Vorkommen von stabilen Kohlenstoffisotopenverhältnissen, um damit die Wachstumsbedingungen in der Bronze- und Eisenzeit zu rekonstruieren. „Stabile Kohlenstoffisotopenverhältnisse in Pflanzenresten können Aufschluss über die Verfügbarkeit von Feuchtigkeit für Pflanzen zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort geben“, schreiben die Forscher in ihrer Studie, die sie in der renommierten Fachzeitschrift „PLOS ONE“ veröffentlicht haben.

Archäobotanische Überreste

Den Kohlenstoff nehmen die Pflanzen bei der Photosynthese auf; da sie je nach Wetterlage unterschiedliche Isotope aufnehmen, bewahren archäobotanische Überreste ein Zeugnis des Klimas, in dem sie wuchsen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf Dürreperioden sowie künstliche Bewässerung ziehen.

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Die Forscher untersuchten erstmals nicht nur die Samen, sondern auch Holzkohle von den Standorten. Dadurch wurde das Bild vom Wasserstress der Pflanzen noch präziser. Frühere Studien hatten sich auf Grundnahrungsmittel wie Gerste und Weizen konzentriert.

Im Laufe der Jahrtausende nutzten die Bewohner der Levante demnach offenbar Bewässerung, um die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern und die Produktion von Oliven und Wein zu maximieren. Sie bewiesen damit Widerstandsfähigkeit und Einfallsreichtum, sagte einer der Studienautoren, Dan Lawrence, gegenüber der Nachrichtenseite „Times of Israel“. Die analysierte Region wird oft als Wiege der Zivilisation bezeichnet; hier entstanden große Weltreiche und gingen wieder unter – von den Assyrern und Babyloniern bis hin zu den Israeliten.

Klima wurde im untersuchten Zeitraum trockener

Lawrence erklärte, es gebe verschiedene Gründe, warum Nutzpflanzen möglicherweise nicht ausreichend Wasser hatten. Wenn der Niederschlag infolge des Klimawandels zurückging und eine Dürre auslöste, könnte dies die Nutzpflanzen stärker belastet haben, aber auch zu mehr Bewässerung geführt haben.

Die Bauern hätten ihre Nutzpflanzen nicht das ganze Jahr über bewässert, sondern gezielt, um sie groß und gesund wachsen zu lassen, sagte Lawrence. „Wenn die Isotopenwerte in Samen und Holz, das ganzjährig wächst, ähnlich sind, deutet dies darauf hin, dass sie nicht bewässerten. Unterscheiden sich die Werte jedoch deutlich, deutet dies darauf hin, dass an diesem bestimmten Standort bewässert wurde.“ Die Bewässerungsintensität spiegelte die zunehmende Widerstandsfähigkeit gegenüber einem stetig trockeneren Klima wider.

Das Klima sei in dem Zeitraum zunehmend trockener geworden, betonte Lawrence. „Darüber hinaus gab es einige sogenannte ‚schnelle Klimaveränderungen‘, eine vor etwa 4.200 Jahren und eine vor etwa 3.200 Jahren, mit schweren Dürren.“ Der Wissenschaftler wies darauf hin, dass beide Ereignisse traditionell mit dem Zusammenbruch von Zivilisationen in der Region in Verbindung gebracht werden.

Die Forscher fanden heraus, dass die Bewässerung in der gesamten Region im Laufe der Jahrtausende zunehmend eingesetzt wurde. Außerdem schnitten Regionen, die bereits an trockene Bedingungen gewöhnt waren, in Zeiten verstärkter Dürre besser ab als Gebiete, die weniger an diese Herausforderung gewöhnt waren.

„An Orten mit geringeren Niederschlägen würde man erwarten, dass die Dürre härter zuschlägt“, erklärte Lawrence. „Aber stattdessen schienen diese Regionen, da sie bereits recht trocken waren, tatsächlich etwas besser zurechtzukommen – was vielleicht widersprüchlich klingt. Da es bereits trocken war, waren die Menschen wahrscheinlich ohnehin auf Bewässerung angewiesen. Als die Dürre eintrat, war also bereits ein Schutzsystem vorhanden.“

Symbolische Bedeutung von Oliven und Trauben

Die kulturelle Bedeutung von Oliven und Trauben spiegele sich teilweise in ihrer symbolischen und zeremoniellen Verwendung in religiösen Praktiken und Opfergaben wider, schreiben die Wissenschaftler. Der Besitz von Weinbergen und Olivenhainen verlieh den Mitgliedern der Gesellschaft in der Bronze- und Eisenzeit des Levante-Gebiets sozialen Status und Prestige. Wein und Olivenöl wurden über komplexe Handelsnetzwerke in benachbarte Regionen und entfernte Märkte exportiert und trugen zum Wohlstand von Handelszentren bei. Außerdem trieb die Wein- und Olivenproduktion technologische Innovation an.

Es gab laut Lawrence Perioden, in denen der Anbau von Weintrauben und Oliven deutlich im Fokus stand, selbst auf Kosten anderer Nutzpflanzen. „Das deutet darauf hin, dass es einen relativ gut organisierten Staat mit Märkten, Handelsnetzwerken und wirtschaftlicher Integration gab.“

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2 Antworten

  1. Schon in der Bronzezeit waren die Menschen Klimaveränderungen ausgesetzt und mussten darauf reagieren, um zu überleben. Es ist schön, dass man dies heutzutage aufgrund von ärcheologischen Funden erkennen kann.

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  2. Ja, und ein Teil der Methoden, die damals angewandt wurden, ist auch heute noch in vielen Teilen der arabischen Welt einschließlich Israel zu finden………………………..SHALOM

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