Glockengeläut als besonderes Klangerlebnis

Die Himmelfahrtkirche auf dem Jerusalemer Ölberg hat vier Glocken. Deren Geschichte ist ähnlich bewegt wie die der Gießerei.
Von Gundula Madeleine Tegtmeyer

Die Altstadt von Jerusalem hat eine einzigartige Geräuschkulisse, in den Ruf des Muezzin zum Gebet mischt sich das Glockenläuten der über 150 Kirchen. So auch das charakteristische Glockenläuten der evangelischen Himmelfahrtkirche. Sie gehört zum Gebäude-Komplex der Kaiserin Auguste Victoria Stiftung auf dem Skopusberg, und steht auf einem der höchsten Punkte Jerusalems, der nördlichsten der drei Bergkuppen des Ölbergs, 850 Meter über dem Meeresspiegel.

Die Auguste Victoria Stiftung verdankt ihre Entstehung dem Besuch des deutschen Kaiserpaares Wilhelm II. und seiner Gemahlin Auguste Victoria im Heiligen Land. Am 30. Oktober 1898 wurde in der deutschen Weihnachtskirche in Bethlehem Gottesdienst gefeiert. Diese Kirche war 1893 als erste im Heiligen Land unter dem Protektorat der Kaiserin Auguste Victoria (1858–1921) eingeweiht worden. Ihr folgte als zweite deutsche Kirche die Erlöserkirche in der Jerusalemer Altstadt, die von Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) am 31. Oktober 1898, am Reformationstag, auf dem Muristan-Gelände feierlich der evangelischen Gemeinde übergeben wurde.

Auf Betreiben der Kaiserin wurde ein Kuratorium gebildet, das 1903 ein großes Grundstück auf dem Ölberg erwarb. Die von Auguste Victoria geplante Einrichtung sollte im Sommer den Mitarbeitern der evangelischen Missionseinrichtung als Erholungsstätte zur Verfügung stehen, zugleich Pilgern als Hospiz dienen und an Malaria Erkrankte versorgen. Am 31. März 1907 wurde der Grundstein zum Hospiz gelegt, drei Jahre später konnte das Gebäude im April 1910 durch den preußischen Kronprinzen eingeweiht werden. Die Einrichtung wurde durch die Stiftung finanziert, die Versorgung des Hospizes übernahmen die Kaiserswerther Diakonissen.

Vom frühromanischen Stil inspiriert

Das Hospiz-Gebäude ist architektonisch angelehnt an die Kaiserpfalz in Goslar. Dieser imposante mittelalterliche Profanbau war nach der Reichsgründung durch Wilhelm I. (1797–1888) restauriert worden. Die Architekten der Himmelfahrtkirche wurden bei ihrem Entwurf von der ottonischen Michaelisbasilika in Hildesheim inspiriert, somit vom frühromanischen Stil, gepaart mit den persönlichen Wünschen Wilhelms II., dem sogenannten wilhelminisch-neobyzantinischen Stil.

Hier am Ölberg konnte sich Kaiser Wilhelm II. die Reise-Schilderungen seines Vaters in Erinnerung rufen. Friedrich III. hatte im Jahr 1869 Jerusalem besucht. Während seines Aufenthaltes übereignete Abdulhamid II., Sultan des Osmanischen Reiches, den östlichen Teil des Muristan-Areals dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm als Geschenk an den Wilhelm von Preußen, den späteren Kaiser Wilhelm I.

Hoch oben auf dem Ölberg konnte das deutsche Kaiserpaar mit dem großen Komplex und der Himmelfahrtkirche die evangelische Präsenz in Jerusalem weithin sichtbar machen. Und nicht zuletzt konnte der tief gläubige Kaiser an diesem Ort die wechselvolle Geschichte Jerusalems nachempfinden sowie den Einzug des Erlösers vom Garten Gethsemane her in die Heilige Stadt.

Der Hofglockengießer

Vier Glocken läuten in der Himmelfahrtkirche. Im Jahr 1878 übernimmt Franz Schilling von seinem Schwiegervater dessen 1826 gegründete Glockengießerei Carl Friedrich Ulrich und modernisiert das Unternehmen in Folge der anbrechenden Industrialisierung. Es gelingt Franz Schilling seine Konkurrenz zu überflügeln. Ab 1895 darf er sich offiziell „Hofglockengießer“ nennen, ein Titel, der ihm die wichtigsten Aufträge seiner Zeit sichert.

Im Mai 1909 wurden unter seiner Expertise und fachmännischen Aufsicht die drei Glocken „Deutscher Kaiser“, „Kaiserin“, und „Friede“ gegossen. Eine Kommission des Auguste Victoria-Kuratoriums beschloss, eine weitere und noch größere Glocke gießen zu lassen, die sogenannte „Herrenmeisterglocke“. Bevor wir uns ihr näher zuwenden, zunächst ein kurzer historischer Exkurs in den Ursprung der Glocken:

Der erste bekannte Sakralbau, an dessen Giebel Glocken hingen, war ein Jupitertempel in Rom. Der deutsche Begriff Glocke wurde aus dem altirischen clocc, für „Schelle, oder auch Glocke“ entlehnt – als Altirisch wird die Sprachstufe der irischen und der schottisch-gälischen Sprache bezeichnet, die mit dem Einsatz der Schriftsprache in lateinischer Schrift beginnt und etwa mit dem Zerfall der altirischen Standardisierung endet. Die neuere Forschung setzt für das Altirische den Zeitraum zwischen etwa 600 und 900 nach der Zeitrechnung an – während seit dem 4. Jahrhundert im galloromanischen Gebiet die Glocke unter der lateinischen Bezeichnung sīgnum benannt wurde.

Kirchenglocken entwickelten sich aus Handschellen

Iroschottische Wandermönche verbreiteten im 6. Jahrhundert ihre kunstvoll dekorierten Glocken in Europa in G´ttesdiensten an die Gläubigen, zunächst als Handschellen. Aus diesen Anfängen entwickelten sich Kirchenglocken. Die Kirchenglocke ist der Schwingungsträger der Läuteanlage, zu der noch die Läutemaschine und der Glockenstuhl, ein von einem Zimmermann gefertigtes Tragwerk, gehören. Die gesamte Läuteanlage befindet sich in der sogenannten Glockenstube.

Glocken sind meist aus Bronze, seltener aus Eisen, gegossen und haben die Form eines Rotationskörpers. Das bedeutet, eine Glocke besitzt eine Rotationssymmetrie um ihre Mittelachse. Ein aus mehreren Glocken bestehendes Turmglockenspiel, das Carillon, ist ein automatisch oder manuell über ein Hebelsystem gespieltes Musikinstrument.

Um die Glocken vom Hafen Jaffa nach Jerusalem zu bringen, musste eigens eine Straße gebaut werden. Vor allem das enorme Gewicht der Herrenmeisterglocke stellte alle am Transport beteiligten vor eine logistische Herausforderung. Mit „Herrenmeister“ werden der oberste Leiter des Johanniterordens oder auch die Leiter einer Ballei, auch Balley bezeichnet. Letzteres bezeichnete etwa ab dem 13. Jahrhundert einen Verwaltungsbezirk oder eine Ordensprovinz eines Ritterordens.

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
Der Transport der schweren Glocke war eine logistische Herausforderung

Die in die Herrenmeister-Glocke gravierten Namen und Jahreszahlen stellen Personen und signifikante Ereignisse in einen Zusammenhang, wie sie dem damaligen Geschichtsverständnis der Hohenzollern entsprachen. Die Herrenmeisterglockeist auf „g“ gestimmt und wiegt 6.120 Kilogramm. Ihr oberer Rand zeigt ein Lorbeer-Gewinde abwechselnd mit dem Johanniter- und Jerusalemkreuz. Auf der Vorderseite steht „Herrenmeister“, darunter ist der preußische Adler, auf dem Johanniterkreuz ruhend, abgebildet. Auf dem unteren Glockenrand steht:

Anno 598 Gregor der Große, 1. Kor 3,11 – 1098, Gerhard – 1120, Raymund von Puy, – 1898, Wilhelm II I.R. – 1907, – Eitel Friedrich Prinz von Preußen, 1910, 1. Kor 16,13

Diese Angaben stehen für folgende Ereignisse:

Im Jahr 598 nach der Zeitrechnung richtete Papst Gregor der Große einen Brief an den Patriarchen von Jerusalem. In seinem Schreiben ermahnte der die Christen in der Heiligen Stadt zu Frömmigkeit und Einigkeit, wobei er auf die Bibelstelle 1. Korinther 3,11 Bezug nahm: Denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. (Elberfelder Bibel)

Zur Zeit des ersten Kreuzzugs (1096–1999) war Bruder Gerhard im Jahr 1098 der Rektor des Hospizes „Santa Maria Latina“, welches zu einem Krankenhaus erweitert wurde. Dies markiert die Geburtsstunde der Bruderschaft der Johanniter, der er vorstand.

Im Jahr 1120 folgte Raymund du Puy – er stammte aus einer adligen Familie aus der Grafschaft Provence – dem Seligen Gerhard als zweiter Großmeister nach. Er ist der Verfasser der Johanniter Ordensregeln, auch Hospitaler Orden genannt, und Stifter des Ordens der Maltheserritter in Jerusalem. Von den gut neunzig Herrschaftsjahren der Kreuzfahrerkönige in Jerusalem (1099–1187) war Raymund du Pay bis zu seinem Tod um 1158/60 vierzig Jahre lang Großmeister des Ritter- und Hospitalordens vom Heiligen Johannes zu Jerusalem, kurz Johanniter genannt.

Die Glocke „Deutscher Kaiser“wiegt 2.730 Kilogramm und hat den Ton „h“. Sie war ein Geschenk Kaiser Wilhelms II. Der obere Rand trägt ein Lorbeer-Gewinde. Folgende Inschrift befindet sich auf der Vorderseite: „1898. Kaiser Wilhelm II. Deutscher Kaiser. 1910. Solus spes mea Christus“. Der lateinische Satz heißt auf Deutsch:„Nur Christus ist meine Hoffnung“ oder auch „Christus ist allein meine Hoffnung“. Die Glockenrückseite schmückt sein Emblem: Der Deutsche Reichsadler mit Hohenzollernwappen.

Die Glocke „Kaiserin“ war ein Geschenk Auguste Victorias. Sie wiegt 1.630 Kilogramm und hat den Ton „d“. Auf der Vorderseite ist der Einsegnungsspruch der Kaiserin verewigt: „1998. Kaiserin Auguste Victoria. 1910. Sei getreu bis an den Tod.“Ihr Wappen schmückt die Rückseite. Kaiserin Auguste Viktoria (22. Oktober 1858 bis 11. April 1921) war die letzte deutsche Kaiserin und Königin von Preußen wurde als Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg geboren. Sie war bekannt für ihr soziales Engagement und ihre wohltätigen Aktivitäten. Der Leichnam der am 11. April 1921 im niederländischen Exil in Haus Doorn verstorbenen Gemahlin Kaiser Wilhelms II. wurde nach Deutschland überführt und am 19. April 1921 im Antikentempel im Park Sanssouci bei Potsdam beigesetzt.

Die Grabstätte von Kaiser Wilhelm II. befindet sich in den Niederlanden, auf dem Gelände seines Exil-Wohnsitzes, dem Gut Doorn. Er wurde dort 1941 in einem kleinen Mausoleum auf dem Anwesen bestattet. Sollte die Monarchie wiederhergestellt werden, verfügte der letzte deutsche Kaiser, dass sein Leichnam nach Deutschland überführt wird.

Die Friedensglocke war ein Geschenk des Kuratoriums. Sie wiegt 1.072 Kilogramm und hat den Ton ‚e‘. Ihre Vorderseite trägt die Inschrift: „Friede. Friede sei mit euch. Ich bin bei euch alle Tage, Matthäus 28,20“. Auf der Rückseite der Friedensflocke befindet sich das Wappen der Auguste Victoria Pfingsthaus-Stiftung: Eine Taube, von Strahlen umgeben und die Jahreszahl 1910, von der Einweihung der Himmelfahrtkirche.

Erstmals volles Geläut

Nach mühevollem Transport und riskanter Montage war es am 9. April 1910 schließlich soweit: Frühmorgens läuteten zum ersten Mal alle vier Glocken der Himmelfahrtkirche, im Einklang mit den Glocken der Erlöserkirche, der Schnellerschen Anstalten des Syrischen Waisenhauses und der deutschen Weihnachtskirche in Bethlehem.

Der Einweihungstag der Himmelfahrtkirche markiert zudem die Gründung des „Ölberg-Vereins“.  Prinz Eitel Friedrich wählte 1. Korinther 16,13 als Einsegnungsspruch: Wachet, steht fest im Glauben; seid mannhaft, seid stark!

Die Festgäste und allen voran die Johanniter traten dem Verein bei. Am 12. März 1913 trennte sich der Ölberg-Verein von der Pfingsthaus-Stiftung und wurde am 28. Mai 1913 zur eigenständigen Stiftung. Seitdem stand die Stiftung satzungsgemäß unter dem Schutz des Johanniter-Ordens Balley Brandenburg.

Hauptquartier der Heeresleitung

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges dienten die großzügigen Auguste Victoria-Gebäude als Hauptquartier der deutsch-türkischen Heeresleitung, die Türken kämpften auf deutscher Seite. Auf Wunsch der deutschen und türkischen Regierung wurde das Anwesen der Ölberg-Stiftung ab Februar 1915 Ahmad Djemal Pasha (1872–1922) als Hauptquartier unentgeltlich überlassen, was bis 1917 so bleiben sollte.

Djemal Pasha wurde von General Erich von Falkenhayn (1861–1922) und seinem Generalstabschef Wilhelm von Dommes (1867–1959) abgelöst. Im September und Oktober 1917 rückte die englische Front unter General Allenby auf Jerusalem vor. Am 8. Dezember zogen die Engländer siegreich in die Stadt ein.

Nur einen Tag später, am 9. Dezember, wurde auch die Auguste Victoria-Stiftung von den Engländern erobert. 1918 wurden alle Deutschen aus Jerusalem und den Templersiedlungen der Südkolonien Jaffa, Sarona und Wilhelma nach Ägypten deportiert. Der spanische Konsul vertrat damals die deutschen Interessen im Heiligen Land und Jerusalem. Ihm gelang es, viele der zurückgelassenen Wertgegenstände zu retten und die Räume der Herrenmeisterwohnung samt Inventar zu versiegeln.

Dies konnte eine Verwahrlosung in den Jahren von 1918 bis 1920 durch die hier stationierten britischen Soldaten nicht verhindern. Achtlos gingen sie mit dem kostbaren Inventar um.

Gegen die Verwahrlosung

Dies sollte sich ändern, als der englische Hochkommissar Sir Herbert Samuel (1870–1963) das Auguste Victoria Gelände 1920 übernahm. Auch unter ihm gestaltete sich die Klärung der Eigentumsfrage als problematisch. Die Engländer wollten das Gelände käuflich erwerben, boten allerdings einen niedrigen Kaufpreis, den weder Theodora Barkhausen noch der Stiftungsrat akzeptierten. Nach zähen Verhandlungen einigte man sich darauf, dass die englische Regierung Miete für den Auguste Victoria Gebäude-Komplex zahlt. 1923 konnte die deutsche evangelische Gemeinde ihren Himmelfahrt-Gottesdienst und auch Pfingsten wieder auf dem Ölberg feiern.

Im Jahr 1927 wurde das Heilige Land am 11. Juni von einem schweren Erdbeben heimgesucht, es hinterließ vielerorts große Verwüstung. Auch das Auguste Victoria-Hospiz und die Himmelfahrtkirche wurden stark beschädigt. Kurze Zeit nach dem Erdbeben gab der englische Gouverneur Herbert Onslow Plumer die Gebäude an die Auguste Victoria-Stiftung zurück, die aber zu jenem Zeitpunkt nicht wieder in Betrieb genommen werden konnten, zu groß waren die Erdbebenspuren.

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Viele Jahre später eröffnete das Internationale Komitee des Roten Kreuzes im ehemaligen Hospiz ein Krankenhaus, das seit 1950 vom Lutherischen Weltbund in Genf betrieben wird und hauptsächlich der arabischen Bevölkerung dient.

Die Himmelfahrtkirche und das sogenannte Gärtnerhaus werden von der Jerusalem-Stiftung genutzt. Sie war nach Auflösung des englisch-preußischen Bistums im Jahr 1886 drei Jahre später, 1889, ins Leben gerufen worden. 1982 wurde auf dem Auguste Victoria-Gelände die Arbeit des „Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes“ (DEI), die ab 1953 wieder aufgenommen war, ins Gärtnerhaus der Stiftung verlegt. Es folgte die Einweihung der Evangelischen Pilger-und Begegnungszentrum und somit auch wieder die Präsenz der Evangelischen Kirche in Deutschland auf dem Ölberg, ganz im Sinne der einstigen Stifter.

Aufwändige Sanierung

Im Jahr 2011 wurde das Geläut vom Glockensachverständigen der Erzdiözese Köln begutachtet. Die Feststellung einiger gravierender Mängel, vor allem hinsichtlich der Aufhängung der schwersten Glocke, der „Herrenmeister“, hatte zur Konsequenz, dass sie stillgelegt werden musste, um Gefahren für den Turm und die Menschen abzuwenden.

Die aufwändige und jahrelange Sanierung wurde von der Glockengießerei Rudolf Perner aus Passau durchgeführt. Im Jahr 2019 war es dann endlich so weit: Das komplette Geläut kann seitdem wieder an Sonn- und Feiertagen erklingen. Die Herrenmeisterglocke wird zusätzlich freitags um 15 Uhr zur Erinnerung an Jesu Todesstunde geläutet.

Und wie erging es in all den turbulenten Jahren der Glockengießerei Schilling in Apolda?

Bis zur Übernahme durch seinen Sohn Otto im Jahr 1911 verließen 5.457 Glocken die Gießerei in der Unteren Bahnhofstraße in der thüringischen Kleinstadt. So manch eine von ihnen kam zu Ruhm, wie etwa die mächtigen Glocken der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin.

Unter der Leitung von Otto Schilling wurde „Franz Schilling Söhne“ zum erfolgreichsten Glockengießerunternehmen in Deutschland und lieferte bis 1931 über 12.000 Glocken in fünf Kontinente. Der Zweite Weltkrieg unterbricht jäh die Erfolgsgeschichte, denn die Familie Schilling hatte sich geweigert, ihr Unternehmen in den Dienst der NS-Kriegswirtschaft zu stellen.

Trotz massivem Mangel an Metall und Facharbeitern entschied sich Franz August, Otto Schillings Sohn, nach dem Zweiten Weltkrieg, den Betrieb der Glockengießerei wieder aufzunehmen. Ab 1954 führte Franz Peter Schilling, Sohn von Franz August und Enkel des Gründers, das Unternehmen. 1972 wurde die Glockengießerei als „Volkseigener Betrieb“ enteignet.

Im Zuge der Wiedervereinigung erhielt die Familie Schilling 1990 ihren Betrieb zurück, tragischerweise in einem völlig ruinierten und desaströsen Zustand. Im Glockenturm der evangelischen Himmelfahrtkirche auf dem Auguste Victoria-Gelände erinnern die vier Glocken an die einst großartige Arbeit und die über hundertjährige Erfolgsgeschichte der Glockengießerei in Apolda.

Streikt der Fahrstuhl, führen Stufen hinauf zum beeindruckenden Glockenstuhl. Vom circa 65 Meter hohen Kirchturm genießt man einen wunderbaren Panoramablick, vom Toten Meer über die Jordanischen Berge, die Judäische Wüste bis hin nach Jerusalem und seiner Umgebung.

Die vier Glocken der Himmelfahrtkirche sind auf g, h, d, und e gestimmt, womit sie mit den Glocken der evangelisch-lutherischen Erlöserkirche in der Altstadt Jerusalems sowie mit den Glocken der deutschsprachigen Benediktiner Abtei Dormitio auf dem Zionsberg harmonisieren. Das gleichzeitige Glockenläuten der drei Kirchen ist ein bewegendes Klangerlebnis in der Heiligen Stadt.

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Eine Antwort

  1. Herzlichen Dank liebe Frau Tegtmeyer für diesen Geschichte der Himmelfahrtskirche und deren Glocken. Den geschichtlichen Zusammenhang zu erfahren ist sehr interessant. Wir durften 2019 den herrlichen Klang dieser Glocken hören und waren sehr ergriffen. Auf den Turm konnten wir leider nicht. In den Jahren zuvor war unser Ziel immer die Erlöserkirche. Ich wünsche Israel mit der Inschrift der kleinsten Glocke: „Friede sei mit euch. Ich bin bei euch alle Tage.“

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