FRANKFURT/MAIN (epd) – Für Kulturpessimismus hat diese Künstlerin nichts übrig, das steht fest. „Die Kunst muss ungehorsam sein“, so hat es Iris Berben in einem Interview der „Frankfurter Rundschau“ erst vor wenigen Monaten wieder ausgedrückt. Als Schauspielerin und Sprecherin wie als Privatperson hat sie sich immer wieder gegen Antisemitismus und Rassismus, gegen Ausgrenzung und Altersdiskriminierung, gegen Geschichtsvergessenheit und für Toleranz und Gleichberechtigung starkgemacht.
Am heutigen 12. August wird sie 75 Jahre alt. Und die Rebellion der Kunst, das wird in ihrem Werk und Engagement deutlich, ist eine Lebensaufgabe, vielleicht ein Lebenselixier. In den 1970ern, zu Beginn ihrer nun Jahrzehnte währenden erfolgreichen Karriere, nahm man sie noch als Komikerin wahr, etwa in den „Himmlischen Töchtern“ oder als Partnerin von Diether Krebs in „Sketchup“ in zahllosen Verkleidungsrollen.
In jüngerer Vergangenheit spielte sie dann häufig facettenreiche Frauenrollen, in denen Selbstironie gefragt war. Wie 2020 in der TVNow-Miniserie „Unter Freunden stirbt man nicht“, in der eine Ü60-Clique – neben Berben Michael Wittenborn, Adele Neuhauser und Heiner Lauterbach – den Tod eines Freundes (Walter Sittler) verheimlichen will.
Altersrollengeschenke
Zu den Altersrollengeschenken ihres Haussenders ZDF gehört „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ (2022). Die todkranke Karla, gespielt von Iris Berben, hat ein Leben als Rockstar-Fotografin hinter sich. Selbstbestimmt will sie ihre Bühne verlassen, so selbstbestimmt wie sie ihr Leben geführt hat. Godehard Giese agiert an Berbens Seite ebenfalls berührend, und natürlich geht es vor allem um die Feier der Schönheit des Lebens.
„Hanne“ (2019) von Dominik Graf wiederum zeigt Berben, wie sie ein Wochenende lang auf eine womöglich niederschmetternde Diagnose wartet. Statt der Depression auf die Schippe zu kriechen, bestimmt Berbens Hanne ihre Lebenslust neu. Findet unerwartet eine Freundin, tanzt sich frei, wird sich nicht unterkriegen lassen. Egal, was geschehen wird.
Verliebt in Israel
Haltung: Dafür steht Iris Berben. 2002 erhielt sie vom Zentralrat der Juden in Deutschland den Leo-Baeck-Preis. Zweimal verlieh die Bundesrepublik Deutschland ihr das Bundesverdienstkreuz, und sie erhielt zahlreiche Branchen-Preise. Seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober hält sie sich mit Kritk am Antisemitismus in der Kulturszene nicht zurück.
Der „Bild“-Zeitung sagte sie vor ein paar Jahren über Israel: „Es gibt kein Land, in dem ich so oft tanze, lache, mich geborgen fühle. Israel hat mein Herz und meine Augen geöffnet. Jerusalem hat eine besondere Magie. Ich habe mich in dieses Land, in die Menschen verliebt.“
Gegen Perfektionsdruck
In Interviews zeigt sie sich befremdet über den Konformitäts- und Perfektionsdruck auf junge Frauen durch Social Media: „Wofür ist unsere Generation auf die Straße gegangen?“, fragte sie in einem Gespräch mit dem Magazin „Der Stern“. Schlägt vor, das Hirn zu trainieren, und „nicht nur den Hintern“. Sie fordert weiter Gleichberechtigung ein. Klar müsse man sein, laut und beharrlich. Sichtbar.
Längst hat sich die Boulevard-Berichterstattung damit abfinden müssen, dass ihr Privatleben zur Skandalisierung nicht taugt. Im westfälischen Detmold am 12. August 1950 als Tochter eines Gastwirtspaares geboren, nach Trennung der Eltern erst mit der Mutter, später bei den Großeltern in Hamburg aufgewachsen, flog Iris Berben gleich von mehreren Schulen, wegen Unbotmäßigkeit, heißt es. Statt Abitur zu machen, tauchte sie 1968 in München in das Blumenkinderleben ein. Aus ihrer Ablehnung der Ehe als Institution hat sie nie ein Geheimnis gemacht, seit vielen Jahren ist der Stuntkoordinator Heiko Kiesow ihr Lebensgefährte.
Sohn hat Produktionsfirma
Ungefähr 150 Rollen spielte sie, sehr viele davon für die Filmproduktionsfirma ihres Sohns Oliver Berben. Als misshandelte Ehefrau Evelyn litt sie in der früheren Erfolgsserie „Das Erbe der Guldenburgs“ einst so überzeugend, dass wildfremde Menschen sie an der Wursttheke trösten wollten, heißt es. Als Kommissarin Rosa Roth zeigte sie mit kühlem Esprit, dass Einfühlungsvermögen und Intellekt sich mit Weiblichkeit aufs Beste ergänzen können.
Für ihre Rolle als Bertha Krupp in „Krupp – Eine deutsche Familie“ war sie für den Emmy nominiert; in der Disney+-Serie „Deutsches Haus“ spielte sie eine Holocaust-Überlebende, die mit den Tätern konfrontiert wird.
Immer wieder beeindrucken ihre Darstellungen jüngerer deutscher (Unrechts-)Geschichte, immer wieder ihr Engagement gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft. Zahlreiche Lesungen gehören dazu, auch die Schirmherrschaft für das im Ghetto Theresienstadt spielende Musical „Die Kinder der toten Stadt“. Von 2010 bis 2019 vertrat sie zudem als Präsidentin der Deutschen Filmakademie die Interessen von rund 2.000 Kreativen der Branche. Es ist eine starke und höchst vitale Künstlerin, die nun Geburtstag feiert.
13 Antworten
@ Redaktion. Vielen Dank. Iris Berben ist eine grandiose Schauspielerin. Unangepasst, kritisch, mit einer kämpferischen, liebenswerten
Art pro Israel. Gegen Antisemitismus und Rassismus. Und hoch zu bewerten, dass sie sich Kulturellen in deren Wahn gegen IL nicht anschliesst. Sie war befreundet mit Margot Friedländer und deren Worte: Sei ein Mensch! Danke, Iris Berben. Mazel tov. Shalom
Masel tov und noch viele gute Rollen. Danke für Ihr Engagement für Israel.
Wäre sie nicht Christin, wäre sie eine von uns, obwohl die Religion aller Freunde der Juden und Israels im Grunde absolut keine Rolle spielt.
Herzlichen Glückwunsch, Iris Berben, weiterhin Mazal Tov und SHALOM ALEJCHEM
Israel und die Juden brauchen auch nicht jüdische Freunde, die sind ganz ganz wichtig für uns, Grüße
Herzlichen Glückwunsch zum 75. Geburtstag, liebe Iris Berben! 🥂🍾🎂
Alles Gute und weitere Rollen, in denen Sie Ihre Persönlichkeit zeigen können.
Iris Berben, eine wunderbare Frau ohne Starallüren. Freundin des jüdischen Volkes. Eine schöne Weiblichkeit, bei der nichts aufgesetzt ist, nichts schillernd. Das macht sie so menschlich. Ihr Sohn Oliver, ein Kind von ihr und Abi Ofarim.
„Kunst muss ungehorsam sein“, ihr Lebensmotto. Nicht angepasst und für Haltung stehend. Bravo Iris Berben!
Es ist sehr schön, wenn Frauen auch noch im fortgeschrittenen Alter als Schauspielerinnen arbeiten können. Es ist auch eine positive Antwort auf den heute unter Frauen grassierenden Jugendwahn.
@Ute Engels
Als Schauspielerinnen arbeiten… Traumberuf von meiner Ehefrau.
Mazel Tov herzlichen Dank für den Bericht
Mir geht es genauso wie der Iris Berben. Ich habe mich genauso in das Land verliebt als ich das erste Mal in Israel war. Es freut mich, dass Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, sich positiv zu Israel äußern, Shalom
Herzlichen Glückwunsch liebe Iris!💐🥂
Du bist immer ehrlich und ohne Skandale gewesen. Das hab ich immer an dir gemocht. Auch dein Talent, in so viele Rollen zu schlüpfen und authentisch zu spielen!!! Außerdem stehst du zu Israel. Und das lässt du auch alle wissen. Ich hoffe, wir hören/sehen noch viel von dir!😃❣️🙏
Alles Liebe und Gute für Iris Berben, 120 Jahre soll sie leben, gesund soll sie bleiben, Spass soll sie haben, noch viele Rollen soll sie spielen. Wie die meisten Foristen hier (die anderen vergesse ich mal kurz) teile ich ihre Liebe zu Israel. Mir hat dieses Land und seine Menschen so viel geschenkt (unter anderem den besten Ehemann von allen 🙂 Mazel tov, liebe Frau Berben !
Iris Berben 75 Jahre alt verliebt in Israel. Meine Ehefrau etwa 10 älter, auch verliebt in Israel.
Danke für diesen kurzweiligen und interessanten Artikel, liebe Redaktion.
Mazel tov und alles gute zum Geburtstag an Iris Berben.
Menschen wie Sie tun Israel (und uns Israelfreunden) gut.
Danke, Iris Berben (die übrigens auch die Sprecherstimme von Sara Atzmon in der Doku: Holocaust light gibt es nicht) war. Eine Frau mit Rückgrat. Alles Gute zum Geburtstag.