Der nasale Atem

Die Art, wie ein Mensch durch die Nase atmet, ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Das fanden israelische Forscher heraus. Sogar Krankheiten lassen sich so offenbar identifizieren.
Von Jörn Schumacher

RECHOVOT (inn) – Forscher des Weizmann-Institutes für Wissenschaften in Rehovot haben die Muster der menschlichen Atmung durch die Nase genau analysiert. Sie fanden heraus, dass diese Atmungcsmuster für jede Person so individuell sind wie ein Fingerabdruck. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Current Biology“.

Um die Atmung von 100 Testpersonen über einen Zeitraum von 24 Stunden untersuchen zu können, entwickelten die israelischen Forscher ein mobiles Gerät zur Erkennung der individuellen Atmung. Das Ergebnis der Studie: Die Nasenatmung ist so einzigartig wie die Stimme. Tatsächlich konnten die Forscher fast jeden unter den 100 jungen Erwachsenen nur anhand ihrer Nasen-Atmung wiederkennen, selbst nach fast zwei Jahren.

„Wir hätten erwartet, dass es schwierig sein würde, jemanden so zu identifizieren, da jeder unterschiedliche Dinge tut, wie Laufen, Lernen oder Ausruhen“, sagte die Doktorandin Timna Soroka von der Forschungsgruppe Geruchssinn am Weizmann-Institut gegenüber der Nachrichtenseite „The Times of Israel“. „Aber es stellte sich heraus, dass ihre Atemmuster bemerkenswert individuell waren.“ Die Forscher erklärten, sie könnten Personen allein anhand ihrer Muster der Atmung durch die Nase mit einer Genauigkeit von 96,8 Prozent identifizieren.

Was aber noch entscheidender war: Die Methode ermöglicht den Forschern ebenso, individuell die körperliche Gesundheit der Patienten zu analysieren und etwa Depressionen oder Angstzustände zu bestimmen.

Atmen wir anders, weil wir krank sind?

Die israelischen Wissenschaftler haben nach eigener Aussage mehr über die enge Beziehung zwischen Gehirn und der Atmung entdeckt und dadurch Einblicke in die körperliche und geistige Gesundheit der Menschen gewonnen. Unter anderem könnten so der Body-Mass-Index, Depressionen und Angstzustände aufgedeckt werden.

Versuchsteilnehmer, die beispielsweise Zustände der Angst erlebten, atmeten kürzer ein, und die Atempausen während der Schlafenszeit waren variabler. „Dies deutet darauf hin, dass die langfristige Überwachung des nasalen Atemflusses Einblicke in das körperliche und emotionale Wohlbefinden geben könnte“, sagen die Forscher. „Man sollte meinen, die Atmung sei bereits umfassend gemessen und analysiert worden“, erklärte Noam Sobel, Leiter der Forschungsgruppe. Doch offenbar bieten die Atmungsmuster noch viele interessante Erkenntnisse.

Bereits im Jahr 2024 veröffentlichte das Team eine Studie, die ergab, dass die nasalen Inhalationen bei Parkinson-Patienten länger und weniger variabel waren als bei gesunden Personen. Dieser Unterschied ermöglichte es ihnen, die meisten Parkinson-Patienten und den Schweregrad ihrer Erkrankung genau zu bestimmen. Die Forscher gehen davon aus, dass zukünftige Studien zeigen werden, ob die Atmung zur Frühdiagnose von Parkinson und anderen Erkrankungen beitragen kann.

In Zukunft wollen die Forscher ebenso untersuchen, ob umgekehrt die Studienteilnehmer ein gesundes Atemmuster nachahmen können, um ihren mentalen und emotionalen Zustand zu verbessern. Laut Sobel wirft diese Frage ein Henne-Ei-Problem auf: nämlich die Frage, ob eine Änderung der Atmungsgewohnheiten einer Person Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben könnte.

Gegenüber dem amerikanischen Sender NPR sagte Sobel: „Das viel coolere Ergebnis ist nicht: ‚Du atmest so, weil du depressiv bist‘, sondern: ‚Du bist depressiv, weil du so atmest‘“, sagt er. „Und wenn das stimmt …, können wir Ihnen beibringen, besser zu atmen, um weniger depressiv oder ängstlich zu sein?“ Er rate davon ab, den Atem so lange anzuhalten, bis die Forscher die Frage beantworten könnten, sagte der Forschungsleiter; doch die Studie sei eine gute Erinnerung daran, sich jeden Tag einen Moment Zeit zum Atmen zu nehmen.

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5 Antworten

  1. Wie wunderbar wir doch gemacht sind. Ein nasaler Fingerabdruck – genial. Atemtherapie ist ein wichtiger Baustein, der Wohlbefinden fördert. Ich hab das selbst schon angewendet, kenne es berufl.sowohl im psychischen Bereich wie auch bei der Schmerztherapie, als auch bei COPD-Patienten.
    Auch wieder eine tolle Erforschung des Weizmann-Institus.
    Beim letzten Satz musste ich lachen: Der Forschungsleiter rate davon ab, den Atem so lange anzuhalten, bis die Forscher die Frage derAuswirkung des Atmens beantworten könnten. 🤣🤣

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  2. 1 MO 2..7 da bildete Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Ackerboden und >>>hauchte ihm Lebensodem in die Nase<<<; so ward der Mensch ein lebendes Wesen. Das Weizmann-Institut hat im Sinne der endlos vielen Gaben, die die Menschheit, und besonders das jüdische Volk bekommen hat….diesen göttlichen Einblick in den Schöpfungsakt noch um ein besonderes Detail erhellt

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