Mit Amen beenden Christinnen und Christen ihr Gebet. Im Synagogeng’ttesdienst wird das Amen oft gesprochen. Der jüdische G’ttesdienst* ist bei näherer Betrachtung ein ausführliches langes Gebet, das Bitten, Segensworte, Lobpreisungen und Bekenntnisse enthält. Auf Worte, vorgetragen vom Chasan, dem Vorbeter, antwortet die Gemeinde zur Bekräftigung, Zustimmung und Bestätigung mit dem AMEN.
An einigen Stellen während des jüdischen G’ttesdienstes geben die Worte der Liturgie der Gemeinde ein ausdrückliches Signal für das Amen. Dies ist immer dann der Fall, wenn eine Passage mit den Worten endet: „We imru“ – „und lasst uns sagen“.
Am bekanntesten ist das gesungene Gebet Osse Schalom. Es schließt verschiedene jüdische Gebete ab, wie etwa das Achtzehn-Bitten-Gebet: Osse schalom bimromav hu ja’ase schalom aleinu, ve’al kol Jisrael ve’imru Amen – „DER Frieden macht im Himmel, ER möge Frieden für uns geben und für ganz Israel und lasst uns sagen: Amen“.
Jüdinnen und Juden verwenden Amen als Zwischenruf eines Absatzes im Kaddisch. Es stammt aus der aramäischen Sprache und bedeutet „Heiligtum“. Obwohl das Gebet Kaddisch nicht explizit den Tod erwähnt, wird es oft in Trauerfeiern gesprochen. Es ist eine Lobpreisung G’ttes* und eine Anerkennung seiner Größe, auch in Zeiten des Verlustes.
Auch bei häuslichen Gebeten sprechen Jüdinnen und Juden das Amen, so beispielsweise beim jüdischen Tischgebet, dem hebräischen Birkat HaMason. Es wird nach dem Essen einer Mahlzeit gesprochen, in der Brot enthalten ist. Genauso ist es bei Segenssprüchen, die vor dem Genuss von Speisen gesprochen werden. Dazu gehört etwa das Kiddusch-Gebet, mit dem an jedem Kabbalat Schabbat der Segen über dem Wein gesprochen wird: „Gesegnet seist Du, Herr, unser G’tt, König des Universums, Schöpfer der Frucht des Weinstocks.“ Und alle Versammelten antworten: „Amen!“ „Kabbalat Schabbat“ bedeutet „Empfang des Schabbat“.
„So sei es“
Das hebräische Wort āmen ist ein Verbaladjektiv der Wurzel ’mn, deren Grundbedeutung „fest“, „zuverlässig“ und „sicher sein“ lautet. Diese Grundbedeutung ist auch in dem häufig formelhaft verwendeten Amen erkennbar. Die Betenden bestätigen mit Amen, dass etwas Ausgesprochenes als gewiss und zuverlässig erkannt und anerkannt wird, etwa im Sinne von „so sei es“.
Die genaue Bedeutung des Amen ergibt sich aus der jeweiligen kontextuellen Verwendung. So ruft Jesaja, der Sohn des Amoz und erster Schriftprophet im damaligen Südreich Juda, dazu auf, sich im Hören auf G’ttes Stimme zu verankern und im Vertrauen auf ihn Leid zu ertragen (Jesaja 50,4–11).
In seiner ursprünglichen Verwendung bezog sich Amen auf die Worte eines anderen Sprechers, mit dem Übereinstimmung bestand. So leitete es meist eine bejahende Aussage ein. Wie bei feierlichen Eiden wurde das Amen wiederholt. Für die Verwendung des voranstehenden Amen zur Einleitung feierlicher Aussagen Jesu in den Evangelien – 52 Mal in den synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas und 25 Mal im Johannesevangelium – findet sich in der jüdischen Praxis keine Parallele.
In der jüdischen Tempelliturgie scheint das Amen bereits im 4. Jahrhundert vor der Zeitrechnung üblich gewesen zu sein. Es dient darin als Antwort des Volkes am Ende einer Doxologie oder eines Gebets eines Priesters. Eine Doxologie ist eine feierliche Formel, die die Herrlichkeit G’ttes preist. Sie ist in verschiedenen Religionen, insbesondere im Judentum und Christentum, gebräuchlich. Das wohl bekannteste Beispiel im Christentum ist das Gloria Patri, „Ehre sei dem Vater“. Der Hauptzweck einer Doxologie ist die Verherrlichung G’ttes.
Doxologie im Judentum und Christentum
Das Christentum übernahm die jüdisch-liturgische Verwendung des Amen. Christinnen und Christen sagen Amen häufig zum Abschluss eines Gebets. Damit bekräftigen sie, was sie gebetet haben. So weist Justin der Märtyrer (2. Jahrhundert) darauf hin, dass das Amen in der Liturgie der Eucharistie verwendet und später in den Taufgottesdienst eingeführt wurde.
Ein abschließendes Amen, das von einem Sprecher hinzugefügt wurde, der Danksagung oder Gebete sprach, entwickelte sich aus der früheren Praxis, in der andere mit dem Amen antworteten. Es geschah öffentlich in Gemeinschaft oder privat, um das Gesagte zusammenzufassen und zu bestätigen. Mit zunehmender Popularität von Hymnen erweiterte sich die Verwendung des abschließenden Amen.
In der Bibel benutzen Menschen das Wort Amen, um auf das zu antworten, was G’tt sagt, oder auf das, was jemand über Gott und Jesus Christus sagt (siehe 1. Könige 1,36; Psalm 41,14; Jeremia 11,5; Römer 11,36). In der Lutherbibel und der Einheitsübersetzung steht an diesen Stellen oft die Übersetzung „so sei es“.
Jesus benutzt das Wort Amen, um seinen Aussagen Autorität zu verleihen. Seine Ansprachen an das Volk beginnen in der Bibel häufig mit den Worten: „Amen, ich sage euch …“ In der Lutherbibel steht an diesen Stellen oft: „Wahrlich, ich sage euch …“

Amen kommt in der hebräischen Bibel 30-mal vor. Textkritisch nicht ganz eindeutig sind die beiden Belege in Jesaja 65,16. Das Amen ist an allen Stellen entweder eine direkte Rede oder eine Anweisung zu einer direkten Rede.
Alternativ kann es sich als zustimmende Antwort auf eine vorher von einer anderen Person ergangene Rede beziehen. Erst in Tobias 8,8 (Apokryphen): „Und sie sprachen miteinander: Amen, amen“ kann Amen auch das eigene Gebet bekräftigen. Zumindest gebraucht die Einheitsübersetzung es in diesem Sinne, nicht aber die Lutherbibel.
Beispiele in der Hebräischen Bibel
Zwölf der dreißig Belege aus der hebräischen Bibel gehören in 5. Mose 27,15–26 zu einem Fluchzeremoniell. Auch das doppelte Amen in 4. Mose 5,22 und Nehemia 5,13 antwortet auf einen Fluch. Die Flüche richten sich primär gegen Handlungen, die im Verborgenen ausgeführt wurden. Durch das Amen akzeptieren die Angesprochenen die Gültigkeit des Fluches und damit die Verurteilung der betroffenen Personen durch G’tt selbst.
In 1. Könige 1,36 antwortet Benaja auf die Anweisungen Davids zur Einsetzung Salomos: „Amen! So spreche JHWH, der Gott meines Herrn, des Königs!“ Damit wünscht Benaja, dass G’tt selbst die Anordnungen Davids durch sein Amen bestätigt und in Kraft setzt.
Der Begriff „Krethi und Plethi“ (auch Kreter und Pleter oder auch Kereter und Peleter) bezeichnet im 2. Buch Samuel 23,20 einen aus Ausländern bestehenden Teil der Streitmacht König Davids. Sie bildeten unter ihrem Anführer und Aufseher Benaja die Leibwache Davids. Im übertragenen Sinn bezeichnet der Begriff „allerlei Volk“. Benaja zählt zu den Helden Davids: er erschlug die Söhne Ariels von Moab und tötete einen „stattlichen“ Ägypter mit seinem eigenen Speer (siehe 2. Samuel 23,21).
In den Schlussdoxologien der ersten drei Psalmenbücher (Psalm 41,14; Psalm 72,19 und Psalm 89,53) antwortet die Gemeinde jeweils mit einem doppelten Amen.
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Am Ende des vierten Psalmenbuches heißt es in Psalm 106,48: „Gelobt sei JHWH, der G’tt Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit, und alles Volk spreche: Amen! Halleluja!“ Das am Ende der ersten drei Psalmenbücher belegte zweite Amen wird hier – dem Kontext des Psalters entsprechend –, durch „Halleluja“ ersetzt. Der Psalter insgesamt schließt dann in Psalm 150,6 somit mit einem doppelten „Halleluja“: „Alles, was Odem hat, lobe JH! Halleluja!“
„Halleluja“ steht für: Lobet den HERRN. Es ist ein hebräischer Jubelruf, der aus dem jüdischen G’ttesdienst unübersetzt Eingang in die Liturgie aller christlichen Kirchen gefunden hat. Er wird zur Begrüßung Christi vor dem Evangelium und als typisch österliche Akklamation genutzt. Allen fünf Büchern des Psalters ist gemeinsam, dass sie mit einer doppelten Antwort oder der Aufforderung dazu schließen.
Amen als Glaubensbekräftigung
Jesaja 65,16 wörtlich übersetzt lautet: „Wer sich im Land segnet, wird sich bei dem ‚G’tt des Amen’ (be’lohê ’āmen) segnen, und wer im Land schwört, wird bei dem ‚G’tt des Amen’ schwören.“ Amen wird hier nominal verwendet, ähnlich wie in Offbarung 3,14. Dies bedeutet, dass G’tt seine eigenen Worte mit einem Amen bekräftigt.
In den Qumrantexten steht an 26 Stellen jeweils ein doppeltes Amen. Dazu kommen sieben Stellen mit einem einfachen Amen. Da alle einfachen Belege unmittelbar neben einer Textlücke stehen, gehen Experten davon aus, dass das zweite Amen im Original jeweils enthalten war. Inhaltlich ist das Amen in den Qumrantexten eine liturgische Formel zur Bekräftigung vorausgehender Aussagen. Es steht immer am Satzende und bezieht sich auf Segen oder Fluch, ein Gebet oder eine Liturgie.
David Hamidović ist seit 2011 Professor für apokryphe Literatur und jüdische Geschichte der Antike an der Universität Lausanne. Er wurde 2003 an der Universität Paris-Sorbonne in Altertumsgeschichte mit einer Arbeit zur Jubiläen-Tradition in Qumran promoviert. Der Experte stellt fest: „Die Doppelung des אמן (Amen) erlangt ihre besondere Eigenschaft gegenüber dem Alten Testament in der quasi superlativischen Steigerung der Selbstvergewisserung um Gottes Eingreifen für den Gerechten und gegen den Gottlosen.“
Prägend auch für den Islam
Auch Musliminnen und Muslime sagen Amen, arabisch Ãmīn, nicht mit dem Titel Amīn zu verwechseln – einem Ehrentitel, der dem Propheten Muhammad verliehen wurde, mit der Bedeutung „der Vertrauenswürdige“. Sie übernahmen von den Christen die Gepflogenheit, das Wort ausschließlich als Formel zum Gebetsabschluss zu sprechen.
Es wird bei jeder Rezitation der 1. Sure, der Al-Fatiha – die „Eröffnende“ – gesagt. Die Besonderheit dieser Sure ist, dass Al-Fatiha zweimal offenbart wurde: in Mekka und in Medina. Dies soll den endlosen Charakter des Heiligen Qur’an symbolisieren. Zudem erklärt es, warum sie in jedem muslimischen Gebet vorgetragen wird.
*Gläubige Juden, die das Wort „Gott“ aus Ehrfurcht nicht schreiben wollen, ersetzen mitunter das „o“ durch ein Satzzeichen: zum Beispiel G“tt, G’tt oder G–tt.
5 Antworten
Beten wir weiter, dass Israel die Kriege in Gaza und Iran baldmöglichst beenden kann und erlöst sprechen darf:
Gelobt sei JHWH, der G’tt Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit, und alles Volk spreche: Amen! Halleluja!“
So sei es! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Vielen Dank für diesen tollen lehrreichen Artikel, liebe Frau Tegtmeyer.
Danke Frau Tegtmeyer. 😊😊
Amen ❤️!
Toller Bericht! Vielen Dank Frau Tegtmeyer.
Ich lerne noch so viel dazu! 👍👍
Danke für diesen lehrreichen Artikel.
Ich werde weiterhin beten, nun aber auch in fröhlicherer Stimmung, weil ich merke, dass die IDF mit Gottes Kraft Erfolge erzielt, die vor Kurzem nur wenige geglaubt haben.
Ich glaube an die Wende zu Gunsten Israels, so wie es in vielen biblischen Geschichten – Esther z.B. – ist,
AMEN !