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Koalitionsstreit um Baumpflanzaktion im Negev

Eine staatliche Baumpflanzaktion stellt die Koalition vor eine Zerreißprobe. Für die arabische Ra'am-Partei überschreitet das Vorgehen des Jüdischen Nationalfonds eine rote Linie.
Von Israelnetz

JERUSALEM (inn) – Eine Baumpflanzaktion in der Wüste Negev droht die israelische Koalition zu zerreißen. Denn ein beduinischer Stamm beansprucht das Gelände für sich und fordert ein Ende der Aktivität. Ihm kommt die arabische Partei Ra’am zu Hilfe – und droht, nicht mehr mit der Koalition zu stimmen. Der Jüdische Nationalfonds (JNF) hingegen beteuert, dass es sich um staatliches Land handelt.

Am späten Dienstagabend empfahl Außenminister und Ersatzpremier Jair Lapid (Jesch Atid), die Aktion vorübergehend zu unterbrechen, um die Lage zu beruhigen. Der Likud habe vor zwei Jahren einen ähnlichen Schritt unternommen. Der Vorsitzende der mittlerweile oppositionellen Partei, der frühere Regierungschef Benjamin Netanjahu, bekundete als Antwort: „Niemand kann das Pflanzen von Bäumen im Land Israel beenden.“ Sein Amtsnachfolger Naftali Bennett (Jamina) müsse die „Hetze von seinem Koalitionspartner Ra’am stoppen“.

Ra’am-Chef Mansur Abbas wiederum entgegnete, Netanjahu habe 2021 ebenfalls eingewilligt, solche Aktionen notfalls einzustellen. Kontext seien die Gespräche über eine mögliche politische Zusammenarbeit gewesen.

Indes wurde die Aktion am Mittwoch wieder aufgenommen. Wohnungsbauminister Se’ev Elkin (Neue Hoffnung) sagte der Rundfunkanstalt „Kan“: „Wir werden das Anpflanzen fortführen, wie es nötig ist. Heute ist der letzte Tag dieser Runde.“ Er verstehe „den Druck des beduinischen Sektors auf Ra’am“. Die Regierung werde sich mit diesem „politischen Problem“ auseinandersetzen. Doch das Land sei kein Privatbesitz, sondern staatliches Eigentum. Politischer Druck durch Abbas sei legitim. Für die Wiederaufnahme des Pflanzens sei allerdings keine Erlaubnis von Ra’am nötig.

Festnahmen nach Angriffen auf Sicherheitskräfte

Laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ wurden am Mittwoch elf Beduinen festgenommen, die Steine auf Sicherheitskräfte geworfen hatten. Diese sollen die Arbeiter beschützen. Bereits am Vortag hatte es 18 Festnahmen gegeben.

Die Ra’am-Abgeordnete Iman Chatib-Jassin kündigte gegenüber „Kan“ an: „Wir werden das durchziehen. Wir sind zu dieser Partnerschaft (in der Regierung) gekommen, um den arabischen Bürgern zu dienen, und wir überprüfen ständig, was in ihrem besten Interesse ist.“ Sie verglich das Vorgehen im Negev mit einer „Militärdiktatur“. Es gehe um die Frage der Koexistenz.

Parteigenosse Walid Taha drohte, aus der Koalition auszutreten: „Diese Politik sollte beendet und durch eine gerechte ersetzt werden.“ Ein Austritt sei die einfachste Lösung für die Krise, doch alle bestehenden Mittel müssten ausgenutzt werden, damit es in Zukunft nicht wieder geschehe.

Abbas: Wie ein Schuss vor die Brust

Mansur Abbas betonte, die Setzlinge würden auf dem Besitz der Familie Al-Atrasch gepflanzt: „Ich kann nicht weiter damit leben. Ich habe Dinge akzeptiert, die scheinbar schlimmer waren, aber wenn dir jemand direkt auf die Brust schießt, kannst du nicht überleben. Der Negev ist Ra’am. Ich fordere, dass an drei oder vier Stellen das Pflanzen eingestellt wird und eine Vereinbarung vorangetrieben wird. Wir werden nicht mit der Koalition stimmen, bis das gelöst ist.“ Die Beduinen befürchten, von dem Land vertrieben zu werden.

„Der Negev ist Ra’am.”

Der Vorsitzende der arabisch-israelischen Ra’am-Partei, Mansur Abbas

Ra’am verfügt im Negev über besonders viele Unterstützer. Die arabische Partei stellt vier Abgeordnete, mit ihnen hat die Koalition mit 61 von 120 Sitzen eine knappe Mehrheit.

Oppositionspolitiker Ben-Gvir: Abgeordnete sollten Wüste zum Blühen bringen

Der Vorsitzende der rechtsgerichteten Partei „Otzma Jehudit“, Itamar Ben-Gvir, machte sich auf den Weg zum Schauplatz. Er habe mit einer religiösen Autorität gesprochen: dem früheren Oberrabbiner von Hebron und Kiriat Arba, Dov Lior. Dieser habe es für zulässig erklärt, Bäume für den Kampf für das Land Israel zu pflanzen. Ben-Gvir rief alle Abgeordneten auf, die Wüste Negev zum Blühen zu bringen.

Wohlfahrtsminister Meir Cohen (Jesch Atid) bemüht sich unterdessen um einen Kompromiss. Während der Verhandlungen sollten die Arbeiten wieder unterbrochen werden, sagte er am Mittwochnachmittag. (eh)

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4 Antworten

  1. Es ist dringend erforderlich, Wüstenbepflanzung nicht nur „zu verkaufen“ als Maßnahme, sie zum Blühen zu bringen oder Wirtschaftsgüter wie Feigen, Datteln, Wein und Oliven zu produzieren. Viel nachhaltiger ist der klimatische Aspekt. Um 1 Tonne pflanzliche Trockenmasse „zu produzieren“, veratmet (verdunstet) die Pflanze zig Tonnen Wasser und befeuchtet damit die Luft. Das resultiert in mehr Regen im Hinterland usw., usw.

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  2. Es stellt sich die Frage: Können denn die Beduinen beweisen, dass es ihr Land ist?

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    1. Das ist eine gute Frage. Das Palästina-Portal, das sonst immer gleich schreit, hält sich erstaunlicherweise zurück: „Eine Pflanzaktion in der Wüste Negev wird zur Zerreißprobe für die israelische Regierung. Bäume sollen ausgerechnet auf dem Land gesetzt werden, wo arabische Beduinen leben“. Da steht nichts von ihnen gehört. Nur, dass sie dort leben. Und der Unterstützer vom Palästina-Portal hier auf dieser Seite hält sich auch noch zurück. Wenn etwas bewiesen wäre, wäre es ja das gefressene Thema für ihn.

      Da werden wohl die Gerichte entscheiden müssen.

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  3. Es stellt sich die Frage, wieso nicht versucht wird, die Eigentumsverhältnisse festzustellen und dann mit der Familie – wenn sie denn die Besitzerin ist – zu verhandeln, um weiter zu pflanzen. Ich sehe ebenfalls die klimatischen Vorteile als wesentlich – die für jede/n wie auch immer gearteten Besitzer – ebenso Vorteile einbringen können

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