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Lichterfest zur Winterzeit: Chanukka

Wenn Christen Advent feiern, begeht das jüdische Volk „Chanukka“, das „Fest der Tempelweihe“. Dabei gedenken Juden an die Reinigung, die Wiedereinweihung (hebräisch „Chanukka“) des Tempels in Jerusalem.
Speisen, die mit Öl hergestellt werden, gehören zu Chanukka
Ende der 70er Jahre des 2. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung hatte der in Syrien residierende Seleuzidenherrscher Antiochus IV. Epiphanes begonnen, dem jüdischen Volk die griechische Kultur aufzuzwingen. Im Jahr 169 hatte er den Tempel geplündert und auf dem Altar des Heiligtums Schweine geopfert. Der Verzehr von Schweinefleisch wurde zur Pflicht gemacht, die Praxis der Sabbatruhe und der Beschneidung mit dem Tode bestraft. Im Jahr 167 vor Christus wurde der jüdische Tempel der griechischen Gottheit Zeus geweiht und so zu einem Zentrum des heidnischen Götzendienstes. Viele Juden im Land Israel hatten den Hellenismus akzeptiert und sich der neuen Kultur angepasst. Die apokryphen Makkabäer-Bücher erzählen über diese Zeit. Unter Führung des charismatischen Priesterfürsten Mattathias aus Modi’in begannen traditionsbewusste Juden einen Guerillakrieg gegen die zahlenmäßig weit überlegenen Syrer und ihre jüdisch-hellenistischen Sympathisanten. Nach dem Tod des Hasmonäers Mattathias übernahm dessen Sohn Judas Makkabäus die Führung der Aufständischen. Nach ihm wurde das Priestergeschlecht der Hasmonäer dann auch als „Makkabäer“ bekannt. „Jehuda HaMakkabi“, wie „Judas Makkabäus“ auf Hebräisch genannt wird, gelang es im Winter des Jahres 164, Jerusalem zurückzuerobern. Der Zuname „Makkabi“ wird vom aramäischen Wort für „Hammer“ abgeleitet. Judas schlug die Hellenisten, vertrieb sie aus der heiligen Stadt, reinigte den Tempel und weihte ihn neu dem Gott Israels. Nach jüdischem Kalender beginnt Chanukka am Vorabend des 25. Kislev, der in diesem Jahr auf den 6. Dezember fällt. Jeden Abend zünden jüdische Familien eine weitere Kerze am neunarmigen Chanukka-Leuchter, der „Chanukkia“, an. Acht Tage später, am Vorabend des 2. Tevet, brennen dann die acht Kerzen der Chanukkia – zusätzlich zu einer neunten Kerze, dem „Schamasch“, der „Dienerkerze“, mit dem die anderen Kerzen angezündet werden.

Das Chanukkawunder

Laut rabbinischer Überlieferung wollten die Anhänger von Judas Makkabäus bei der Einweihung des Tempels den siebenarmigen Leuchter, die „Menorah“, im Tempel anzünden. Dazu ist jedoch kultisch reines Olivenöl notwendig. Die frommen Juden fanden damals aber nur noch wenig Öl, das den strengen Vorschriften der Torah entsprach. Die vorhandene Menge Öl soll gerade für einen Tag gereicht haben. Das „Chanukkawunder“ war, dass diese kleine Menge Öl acht Tage lang ausreichte, den Leuchter im Tempel brennen zu lassen. Es reichte so lange, bis wieder neues, einwandfreies Olivenöl hergestellt werden konnte. Deshalb spielt bei den Chanukkabräuchen Öl eine große Rolle. Viele Leuchter werden auch heute noch traditionell mit Olivenöl genährt. Außerdem essen Juden an Chanukka in Öl gebackene Speisen, wie etwa Kartoffelpuffer oder Berliner. Fasten ist in der Chanukkawoche verboten. Eine weitere Tradition, die besonders Kinder, nicht selten aber auch deren Väter begeistert, sind die Chanukkakreisel, die in allen möglichen Ausführungen angeboten werden. Laut Erzählungen haben die frommen Juden nie aufgehört, die heiligen Schriften zu studieren, auch dann nicht, als ihnen das unter der Herrschaft des heidnischen Antiochus streng verboten war. Wenn damals unerwartet ein Staatsbeamter erschien, sollen sie die jüdischen Schriften schnell versteckt und irgendwelche Spiele als Vorwand ihres Zusammensitzens hervorgeholt haben. Auf einem klassischen Chanukkakreisel stehen die hebräischen Anfangsbuchstaben der Worte: „Nes gadol haja po!“ – „Ein großes Wunder ist hier geschehen!“ Aschkenasische Juden, deren Muttersprache Jiddisch ist, deuten das „Nun“ als „Nix“, das „Gimel“ als „Ganz“, das „Hei“ als „Halb“ und das „Pei“ (im Hebräischen am Wortanfang weich als „F“ ausgesprochen) als „verfallen“. Der spielerischen Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Deshalb tut es der Chanukkafreude auch keinen Abbruch, wenn heute grell leuchtende Kreisel, auf denen unübersehbar „Made in China“ steht, unverschämt laut „Happy Birthday to You“ in die ansonsten eher besinnliche Stimmung hinein quäken. Eltern gießen mit ihren Kindern Kerzen und basteln Fensterbilder. Selbstverständlich wird viel gesungen, vor allem auch in der Schule, wo Chanukka ausgelassen gefeiert wird. So ist Gal, eine langhaarige Blondine, „Hanna Selda“, die zentrale Figur in einem lustigen Lied. Hanna Selda soll die süßen Berliner backen, ohne die das Chanukkafest nicht denkbar ist. „Oi, Hanna Selda“, bettelt ihr Mann ununterbrochen, „brate mir doch einen Berliner.“ Doch Hanna findet immer neue Ausreden. Einmal ist ihr das Mehl, dann der Zucker ausgegangen. Als ihr Mann schließlich alles Notwendige besorgt hat, ist sie zu müde. Er muss sich das Essen selbst zubereiten – während sich Hanna die Nägel lackiert. Gal spielt ihre Rolle sehr überzeugend.

„Tochter Zion, freue Dich …!“

Lustigen Aufführungen folgen ernsthafte. Bei keiner Schulfeier fehlt das Thema Frieden. „Ich bin geboren für einen Frieden, der erst noch kommen wird“, singen Schüler und Eltern gemeinsam, „ich bin geboren für einen Frieden, der erst noch erscheint. Aber ich will, ich will ihn schon jetzt erleben …!“ Manche Lieder werden zum Gebet: „Bewahre uns wie Kinder, verlasse uns nicht! Gib uns Licht und jugendliche Freude und immer neue Kraft.“ Ein Lied über das Chanukkawunder und den Sieg der Makkabäer über die Griechen ist europäisch-christlichen Ohren besonders vertraut. Es wird nach einer Melodie von Georg Friedrich Händel gesungen. In Tschechien wird nach derselben Melodie ein Osterlied angestimmt. Deutschen begegnet es besonders häufig zur Chanukkazeit, pardon Adventszeit, mit dem Text aus dem Propheten Sacharja: „Tochter Zion, freue Dich …!“

Kampf gegen den Zeitgeist

Für viele bibel- und traditionsgläubige Juden trägt Chanukka eine hochaktuelle, biblische Botschaft für unsere Zeit. „Wie zur Zeit der Makkabäer kämpft heute eine Minderheit im Volk Israel, die an der Torah festhält, gegen die Mehrheit, die sich dem humanistischen Zeitgeist anpassen will“, erklärt ein Mitarbeiter im israelischen Gesundheitsministerium. „Die Mehrheit des Volkes will genau wie damals nicht auf Gott hören. Wir sind das Volk, das abgesondert leben und sich nicht zu den Heiden rechnen soll“, zitiert er die Erkenntnis des heidnischen Sehers Bileam. „Wenn der ermordete Premierminister Jitzhak Rabin nach Abschluss der Verträge von Oslo gesagt hat, dass wir jetzt kein Volk mehr sind, das abgesondert lebt, dann hat er damit gesagt, dass es den Gott Israels nicht gibt.“ Der hebräische Name „Makkabi“ wird übrigens auch als Akronym des Bekenntnisses aus dem Lobgesang des Mose gedeutet: „Herr, wer ist dir gleich unter den Göttern?“ (2. Mose 15,11). Zum Anzünden der „Chanukkia“ werden traditionelle Segenssprüche und Gebete gesprochen. Auch in den Synagogengottesdiensten und Tischgebeten wird das Chanukkafest erwähnt. Das Chanukkalicht soll öffentlich sichtbar sein, um das Chanukkawunder zu verkünden. Deshalb stehen viele Leuchter im Fenster oder im Hauseingang. Die engen Gassen im Jerusalemer ultra-orthodoxen Viertel Mea Schearim oder auch in der galiläischen Bergstadt Zefat (Safed) verwandeln sich an den Chanukkaabenden in eine heimelige Atmosphäre. In der Chanukkawoche geht das Arbeitsleben ganz normal weiter. Nur an den in der Torah , den fünf Büchern Mose, gebotenen Festen, wird die Arbeit wie am Ruhetag „Schabbat“ eingestellt. Die Kinder haben Chanukkaferien. Im Neuen Testament ist in Johannes 10,22 erwähnt, dass Jesus in Jerusalem das Tempelweihfest Chanukka gefeiert hat. (kg/jg)

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