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„Persönlicher Lernprozess ist wertvoller als politische Reden“

FRANKFURT/MAIN (inn) – Einen Dreiländeraustausch der besonderen Art haben junge Menschen aus Deutschland, Israel und der Türkei erlebt. Wie die persönlichen Begegnungen ihr Leben bereichern, erzählten sie am Montag bei einem Empfang in Frankfurt am Main.
Begeistert vom Austausch: (v.l.) Studentinnen aus Israel, der Türkei und Deutschland
Tel Aviv-Jaffa und das türkische Eskișehir sind Partnerstädte von Frankfurt am Main. Nun konnten erstmals junge Menschen aus allen drei Städten an einem trinationalen Projekt teilnehmen. Am Montagabend berichteten drei Studentinnen beim 3. Deutsch-Israelischen Freundschaftstag im Frankfurter Palmengarten von ihren Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr – stellvertretend für die insgesamt 40 Teilnehmer. Eine 23-Jährige aus Tel Aviv erzählte auf Englisch von ihrem Besuch in der hessischen Finanzmetropole. Das Wort „Apfelwein“ konnte sie allerdings schon auf Deutsch aussprechen. Für die israelische Studentin war das Projekt eine „erstaunliche Erfahrung“. Juden, Christen und Muslime voller Ideen aus drei Ländern seien zusammengekommen. Die jungen Menschen seien keine politischen Entscheidungsträger. „Aber in ein paar Jahren werden wir in diesen Positionen sein“, fügte die junge Frau selbstbewusst hinzu. Dabei würden ihre positiven Begegnungen mit den Altersgenossen aus Deutschland und der Türkei nützlich sein.

Neue Freunde gewonnen

Eine 24-jährige Teilnehmerin aus Eskișehir sprach angesichts ihres Aufenthaltes in Tel Aviv und der Begegnungen mit Deutschen und Israelis von einer „unglaublichen Möglichkeit“. Ihre Mutter sei in Deutschland aufgewachsen, daher habe sie schon vor dem Projekt einiges über das Land gewusst. Doch Israel habe sie überhaupt nicht gekannt, sagte die junge Türkin. Vorurteile gegen fremde Menschen, Religionen oder Länder seien nichts Ungewöhnliches. Der beste Weg, sie zu überwinden, bestehe darin, den anderen eine Chance zu geben und ihnen persönlich zu begegnen. „Ich habe jetzt Freunde in Deutschland und Israel“, beendet die Studentin ihren kurzen Bericht. Die Einblicke in das trinationale Projekt rundete eine 26 Jahre alte Frankfurterin ab. Sie habe es als wertvoll empfunden, das tägliche Leben der jungen Menschen in den anderen Ländern kennenzulernen. Die Teilnehmer hätten Grenzen überwunden und ihre Gefühle, Ängste und Hoffnungen miteinander geteilt. Die junge Deutsche gab Eindrücke von der erst zwei Wochen zurückliegenden Reise nach Eskișehir weiter. Ihr Fazit nach den gemeinsamen Erfahrungen in den drei Städten: „Ein gegenseitiger Lernprozess ist mehr wert als 1.000 Worte in einer politischen Rede.“

Oberbürgermeister: Israels Existenzrecht steht nicht zur Debatte

Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) überreichte den drei jungen Frauen als Dank eine Frankfurter Spezialität, die er in diesem interkulturellen Kontext als unbedenklich einstufte: die Kräuter der Grünen Soße. „Sie ist vegan, koscher und halal“, kommentierte er das Geschenk. Zuvor hatte Feldmann in seiner Begrüßungsansprache auf den dreifachen Anlass für den Empfang hingewiesen: 50 Jahre deutsch-israelische Beziehungen, 35 Jahre Städtefreundschaft mit Tel Aviv – die nunmehr offiziell als Partnerschaft gilt – sowie der 3. Deutsch-Israelische Freundschaftstag. Der Oberbürgermeister wies darauf hin, dass 1965 kein regelhaftes Miteinander zwischen Deutschland und Israel bestanden habe. Persönliche Beziehungen seien damals nicht selbstverständlich gewesen. In diesem Zusammenhang bekundete er seine Freude darüber, dass der Traum von dem trinationalen Jugendaustausch nun Wirklichkeit geworden ist. Das Stadtoberhaupt zitierte aus der israelischen Unabhängigkeitserklärung: „Gleich allen anderen Völkern, ist es das natürliche Recht des jüdischen Volkes, seine Geschichte unter eigener Hoheit selbst zu bestimmen.“ Kritik an Israel sei selbstverständlich legitim, aber die Infragestellung seines Existenzrechtes nicht, betonte Feldmann. Schließlich käme auch niemand auf die Idee, wegen der Politik das Existenzrecht Deutschlands anzuzweifeln.

Generalkonsul: Beweis dafür, dass Versöhnung möglich ist

Auch der israelische Generalkonsul Dan Shaham-Ben Hayun erinnerte an die Anfangszeit der offiziellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Das gegenseitige Kennenlernen sei nur langsam vorangeschritten. Heute lauteten die Grundfragen für die nächsten 50 Jahre: „Warum ist Deutschland relevant für einen 25-jährigen Israeli? Und warum ist Israel relevant für einen 25-jährigen Deutschen?“ Der Diplomat sprach sich dafür aus, diese Fragen nicht nur aus der Geschichte zu beantworten. Ein Erfahrungsaustausch etwa auf wirtschaftlichem oder technischem Gebiet sei bereichernd. Deutschland und Israel könnten eine gemeinsame moralische Agenda schaffen. Denn sie zeigten der Welt: „Versöhnung ist möglich.“ Dazu passte der Beitrag des „Jugend-Kammerensembles der Kinder- und Jugend-Aliyah“ während der Feierstunde. Die ausgezeichneten Musiker trugen unter anderem das hebräische Lied „Du und ich werden die Welt verändern“ vor. (eh)

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