Bei dem gezielten Luftangriff auf das große Haus des Hamas-Raketenbauers Dschamal a-Dulu im Viertel Scheich Radwan in Gaza wurden eine Frau und ihre kleine Tochter getötet, sowie eine dritte noch nicht identifizierte Person. Nach palästinensischen Angaben handelte es sich um die Ehefrau und Tochter der Ikone des bewaffneten Widerstands der Hamas, Mohammed Deif. Ob der von Israel gesuchte Mann, von dem nur ein einziges Foto existiert, ebenfalls getroffen worden ist, bleibt vorläufig Geheimnis der extremistischen Organisation im Gazastreifen.
Einer der Hamas-Chefs, Mussa Abu Marsuk, twitterte schon, dass Israel mit diesem Attentat die „Tore der Hölle“ geöffnet habe. Die Israelis hätten den palästinensischen Beschuss von Be‘er Scheva am Dienstagnachmittag während der noch geltenden Waffenruhe und der Verhandlungen in Kairo „erfunden“, um einen Vorwand zu haben, das Attentat auf Deif zu verüben.
Israel hingegen redet vom zehnten Bruch des Waffenstillstandes durch die Hamas. Dem Beschuss von Be‘er Scheva folgten am Dienstagabend noch etwa 50 Raketen, unter anderem auf Tel Aviv und Jerusalem.
Wenige Minuten vor Mitternacht heulten in Jerusalem die Sirenen. Eine Zeitspanne lang, die sich für die Bewohner wie zehn Minuten anfühlte, herrschte angespannte Ruhe. Dann war vom Süden Jerusalems eine dumpfe Explosion zu hören, angeblich aus der Gegend von Gusch Etzion, südlich von Bethlehem. Sekunden nach dem Knall begann in den arabischen Dörfern rund um Jerusalem ein umfassendes Feuerwerk mit Knallkörpern und Leuchtraketen, wie an fast jedem Abend zum Abschluss von Hochzeitsfeiern. Doch diesmal dürfte das bunte und lautstarke Spektakel keinem jungvermählten Paar gewidmet worden sein, sondern eher dem Raketenbeschuss Jerusalems.
Während es in der Nacht ruhig geblieben war, erneuerte die Hamas am Mittwochmorgen den Raketenbeschuss mit „hysterischen Salven“ auf den ganzen Süden Israels bis Aschkelon und Aschdod, wie es ein israelischer Militärreporter kennzeichnete.
Kassam-Raketen entworfen
1965 geboren, ist Deif heute Befehlshaber der Issadin-al-Kassam-Brigaden, des “militärischen Flügels” der Hamas-Partei. Bei Jichie Ajasch, dem “Ingenieur”, hatte er gelernt, Sprengkörper zu basteln. Ajasch ist einst mit Hilfe eines vom israelischen Geheimdienst präparierten Handys getötet worden. Als er einen Anruf annahm und die Israelis sicher sein konnten, dass er selber antwortete, ließen sie den Sprengsatz an seinem Ohr explodieren.
Deif machte Karriere und war seit 1996 nach israelischen Angaben verantwortlich für zahlreiche Selbstmordattentate, darunter in Jerusalemer Stadtbussen. Dutzende Israelis wurden dabei getötet. Zusammen mit zwei anderen Experten soll Deif die Kassam-Raketen entworfen haben. Das sind jene von manchen Medien so bezeichneten “harmlosen, selbstgebastelten” Raketen der Hamas, die etwa zwölf Kilometer weit fliegen können. Tausende dieser unlenkbaren Kleinraketen sind seit mehreren Jahren im Süden Israels gelandet und haben erheblichen Sachschaden angerichtet. Ebenso sind mehrere Israelis getötet worden, unter anderem durch Metallsplitter und Kügelchen, die den primitiven Sprengköpfen dieser Raketen beigemischt werden.
Seitdem der “Ingenieur” und der gelähmte Hamas-Chef Scheich Ahmed Jassin gezielt getötet worden waren, rückte Deif an die Spitze der israelischen Liste der meistgesuchten palästinensischen Terroristen auf. Er hat inzwischen fünf missglückte Attentatsversuche überlebt. Angeblich hat er Brandwunden am ganzen Körper und ist auf einen Rollstuhl angewiesen.
Die Hamas hat die Bevölkerung im Gazastreifen aufgerufen, an der Beisetzung der Ehefrau und der Tochter teilzunehmen.