Purim: Peres feiert mit Kindern

JERUSALEM (inn) – Israels Staatspräsident Schimon Peres hat am Donnerstag in seiner Residenz Kinder zu einer Purimfeier empfangen. Daran nahmen auch zwei Mädchen teil, die zu Hause unter den aktuellen Raketensalven aus dem Gazastreifen leiden. Purim erinnert an die Rettung des jüdischen Volkes vor der Vernichtung in persischer Zeit.
Staatspräsident Peres richtete für israelische Kinder eine Purimfeier aus.

Peres hatte Jungen und Mädchen vom Kindergarten „Beit HaJeled“ eingeladen, der sich in der Nachbarschaft der Präsidentenresidenz befindet. Außerdem waren zwei Schwestern aus der Ortschaft Ein Bessor in der Region Eschkol gekommen. Ihr Wohnort liegt westlich der Wüstenhauptstadt Be‘er Scheva, nur wenige Kilometer von der Grenze zum Gazastreifen entfernt.
„Liebe Kinder, ihr wisst sicher, dass man gestern Raketen vom Gazastreifen auf uns abgefeuert hat“, sagte Peres seinen Gästen laut einer Mitteilung des Präsidialamtes. „Aber wir haben entschieden, unsere tägliche Routine fortzusetzen. Ich freue mich, hier zwei Kinder aus Ein HaBessor zu sehen. Zwei mutige Mädchen, auf deren Haus man gestern Raketen geschossen hat, und trotzdem sind sie heute extra gekommen, um mit uns hier in Jerusalem zu feiern.“
Der Staatspräsident bat die beiden Schwestern, von den schweren Erlebnissen des vorigen Tages zu erzählen. Die zehnjährige Mika sagte: „Wir haben heute Nacht mit der ganzen Familie im Schutzraum geschlafen, weil es Explosionen und Raketen gab.“ Ihre sechsjährige Schwester Lia ergänzte: „Ich bin daran gewöhnt, weil es im vergangenen Jahr die ‚Wolkensäule‘ gab. Da sind wir nicht in die Kindergärten und Schulen gegangen. Wenn man auf uns schießt und ich die Explosionsgeräusche höre – dann bin ich ein bisschen traurig, weil ich mit allen Ländern in Frieden leben möchte.“
Peres fragte Lia, ob sie erschrickt, wenn sie die Explosionen hört. Das Mädchen antwortete: „Wenn ich eine Explosion höre, renne ich in 15 Sekunden in den Schutzraum.“ Die Schwestern erzählten außerdem von der Verkleidung, die sie für das Purimfest vorbereitet haben. Das Staatsoberhaupt wandte sich direkt an die Menschen, die von dem Raketenbeschuss betroffen sind: „Ich wünsche allen Kindern von der Region um den Gazastreifen, im Namen der Bürger Israels, ein frohes Purimfest. Ihr habt es so sehr verdient. Seid weiter mutige und gute Kinder, der Stolz für das ganze Volk.“

Armeesprecher: „Gefahr geht auch heute von Persien aus“

Der iranischstämmige Jude Arye Sharuz Shalicar, der in Berlin aufwuchs, sieht eine Parallele zwischen der biblischen Purimgeschichte und der heutigen Situation. Denn auch heute gehe eine Bedrohung für Juden von Persien aus: „Geschichte wiederholt sich, aber nie in derselben Weise, sondern in veränderter Form“, sagte der Sprecher der israelischen Armee der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“. „In Israel erleben wir – besonders auch an unseren Grenzen – sehr stark, dass das Regime in Teheran den Terror fördert. In Syrien und im Libanon etwa schmuggelt die Hisbollah Raketen, die dann auf Israel abgeschossen werden. Darauf müssen und werden wir reagieren. Für mich persönlich lautet die Lehre aus der Geschichte: Wir müssen selbst für uns eintreten – sonst tut es keiner.“
Shalicar nahm in dem Interview auch Bezug auf das Waffenschiff, das die israelische Marine in der vergangenen Woche aufgespürt hatte: „Die Raketen hätten Millionen Israelis gefährden können, wenn wir das Schiff nicht entdeckt hätten. Fakt ist: Damals wollte Haman uns vernichten. Heute ist es das Mullah-Regime in Teheran, das uns auszulöschen versucht.“
Seine eigene persische Identität sei, wie bei vielen Juden aus dem Iran, stark ausgeprägt. „Zur Wahrheit gehört aber leider ebenso, dass Juden von Persern zu jeder Zeit immer auch diskriminiert wurden“, stellte Shalicar fest. Das beliebte persische Sprichwort „Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude“ bringe dies auf den Punkt. „Unsere existenzielle Gefährdung in dem Land reicht von der Zeit Hamans und Esthers bis in die Gegenwart. Vergangene Woche hat sich das wieder einmal gezeigt.“ In einem Buch, dessen Titel das genannte Sprichwort ist, erzählt der Israeli von seinen Erfahrungen.

Hintergrund Purim

Am Abend des 14. Adar – in diesem Jahr ist das der Abend des 15. März – beginnt in Israel Purim, von außen gesehen so etwas wie ein „jüdischer Karneval“. Juden feiern mit dem Purimfest die Vernichtung Hamans, des persischen Kanzlers, der sich laut Überlieferung vorgenommen hatte, das jüdische Volk zu vernichten. Die Ereignisse werden im biblischen Buch Ester berichtet.
Nach Aussage von Ester 9,20-28 wurde Purim von Mordechai eingesetzt. Im zweiten Jahrhundert vor der Zeitrechnung war es deshalb als „Tag des Mordechai“ bekannt (2. Makkabäer 15,36). Der heute gebräuchliche Name „Purim“ kommt von dem akkadischen Wort für „Los“, „puru“ (Ester 9,26). Es erinnert an die Lose, die Haman geworfen hatte, um den Tag zu bestimmen, an dem der Völkermord hätte stattfinden sollen (Ester 3,7).
Purim ist vielleicht das ausgelassenste aller jüdischen Feste. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es ein Fest des Sieges über allen Antisemitismus. Die Ausgelassenheit und die Verkleidungen werden als „lange Nase“ erklärt, die das jüdische Volk seinen Hassern und allen vergeblichen Vernichtungsversuchen macht.
Am Tag vor Purim findet aber noch das „Ester-Fasten“ statt, das daran erinnert, wie Königin Ester und die persischen Juden das Vorgehen der jüdisch-stämmigen Königin vorbereitet haben (Ester 4,16). Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang fasteten deshalb orthodoxe Juden in diesem Jahr am 13. März. In den Synagogen wurden spezielle Gebete und Schriftlesungen verrichtet.

Biblische Ester-Geschichte im Mittelpunkt

Die Hauptsache an Purim ist das Lesen der „Ester-Rolle“, des biblischen Buches Ester, am Vorabend des Festes in der Synagoge. Wenn dabei der Name „Haman“ genannt wird, machen vor allem die Kinder möglichst viel Krach, um „den Namen Amaleks auszulöschen“ (vergleiche 5. Mose 25,19; 2. Mose 17,14). Haman wird als „Agagiter“ bezeichnet (Ester 3,1) und deshalb für einen Nachfahren des Amalekiterkönigs Agag gehalten (1. Samuel 15,8ff). Am Morgen in der Synagoge wird dann 2. Mose 17,8-16 verlesen, wo erzählt wird, wie Amalek die Israeliten auf der Wüstenwanderung angegriffen hatte.
Eine wichtige Sitte zum Purimfest ist das Versenden von Geschenken, besonders an die Armen (Ester 9,22). Gemeinnützige Hilfsorganisationen wissen die Purimzeit in besonderer Weise für ihre Zwecke zu nutzen. Schulklassen in Israel sind damit beschäftigt, Geschenkteller mit Süßigkeiten für Soldaten vorzubereiten.
An keinem jüdischen Fest dürfen bestimmte, charakteristische Speisen fehlen. An Purim sind es besonders die so genannten „Hamantaschen“ oder „Hamansohren“, kleine, dreieckige Gebäckstücke, die mit Süßem gefüllt sind. Über die Anweisung des babylonischen Lehrers Rabba, dass ein Mann aus Freude über die Errettung des jüdischen Volkes am Purimfest so viel Wein zu trinken habe, bis er nicht mehr unterscheiden kann, ob er Haman flucht oder Mordechai segnet, wird bis heute diskutiert. Es gibt allerdings orthodoxe Juden, die dieses rabbinische Gebot ernst nehmen.
In Schuschan, einer der vier persischen Hauptstädte, dem heutigen Susa, feierten die Juden erst am 15. Adar (Ester 9,18), weil sie sich einen Tag länger gegen ihre Feinde wehren durften. Deshalb wird bis heute in Israel in den Städten, die bereits zur Zeit Josuas eine Mauer hatten (vergleiche die Mischna, Traktat Megillot 1,1), auch am 15. Adar das so genannte „Schuschan-Purim“ gefeiert. Konkret bedeutet das, dass heute in Israel das Purimfest beispielsweise in Tel Aviv am 16. März gefeiert wird, in Jerusalem dagegen erst mit „Schuschan-Purim“ am 17. März.

Nicht in der Torah genannt

Purim ist ein weniger wichtiges Fest, weil es nicht in der Torah geboten wurde. Deshalb ist es in Israel auch kein gesetzlicher Feiertag. Viele Firmen, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen sind kürzer geöffnet. Die Kinder haben schulfrei, aber die öffentlichen Verkehrsmittel sind wie gewöhnlich unterwegs. Immerhin wurde dem Purimfest aber schon im zweiten Jahrhundert nach der Zeitrechnung ein ganzer Traktat (Abschnitt) in der Mischna unter dem Namen „Megillah“ gewidmet. Darin wird diskutiert, wie das Fest gefeiert werden soll.

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