Israels UNO-Botschafter wird gerüffelt

JERUSALEM (inn) – Ausgerechnet Israels prominentester Diplomat, UNO-Botschafter Ron Prosor, wurde wegen einer kritischen Frage vom nationalen Sicherheitsberater Jakov Amidror öffentlich gemaßregelt. „Sie sind Beamter und haben die Beschlüsse der Regierung auszuführen. Wenn Ihnen das nicht passt, verlassen Sie doch den Staatsdienst und gehen Sie in die Politik.“
Botschafter Ron Prosor hat die israelische Politik bei einem Diplomatentreffen kritisiert. (Archivbild)

Der Zwischenfall passierte bei einem Treffen von 160 israelischen Botschaftern und Missionschefs in Jerusalem. Sie sollten über den neuesten Stand der Regierungspolitik informiert werden. Nach einer akademischen Präsentation der iranischen Gefahr, der Beziehungen mit den Palästinensern und anderer internationaler Entwicklungen nahm Amidror Fragen der Diplomaten entgegen. Prosor fragte, welchen Sinn es gehabt habe, einen Tag nach der Abstimmung in der UNO zur Aufwertung der Palästinenser eine Bebauung des E1-Gebiets östlich von Jerusalem anzukündigen. Viele der anwesenden Diplomaten applaudierten. Amidror wertete das als Aufstand gegen die Regierungspolitik und maßregelte Prosor.
Es kam zu lautstarken Protesten der Diplomaten. Während Amidror noch erklärte, dass die Palästinenser für einseitige Schritte wie bei der UNO einen „hohen Preis“ zahlen müssten, hielten die Diplomaten Prosors Frage für völlig legitim. Schließlich stehen die Botschafter Israels weltweit an der vordersten Front bei internationaler Kritik gegen die Politik der Regierung Benjamin Netanjahus.
Die Ankündigung der Errichtung einer Siedlung auf dem weitgehend kahlen und unzugänglichen Hügel zwischen Jerusalem und Ma‘ale Adumim im Westjordanland hatte in der Tat heftige Kritik ausgelöst. Der UNO-Sicherheitsrat formulierte eine scharfe Verurteilung Israels, die nur wegen eines amerikanischen Vetos nicht angenommen wurde. In England, Frankreich, Neuseeland und anderen Ländern wurden die israelischen Botschafter in die Außenministerien einberufen, um Proteste entgegen zu nehmen.
Offenbar fehlen Argumente für Bauplan
Aus Prosors Frage an den Sicherheitsberater der Regierung lässt sich entnehmen, dass offenbar selbst Israels Spitzendiplomaten keine schlüssigen Argumente mehr haben, um diesen Regierungsbeschluss zu rechtfertigen. Bei dem Diplomatentreffen versuchte Ran Curiel, stellvertretender Generaldirektor im Jerusalemer Außenministerium, die Wogen zu glätten. „Der Applaus richtete sich nicht gegen die Regierungspolitik, sondern war Ausdruck unserer Sorgen.“ Curiel erklärte weiter, dass unter den Diplomaten eine „gewisse Frustration“ verbreitet sei, „weil wir manchmal nicht das Werkzeug geliefert bekommen, die Politik der Regierung zu erklären“. Amidror ließ sich immer noch nicht überzeugen. Er empfahl den Diplomaten, Kritik an der Regierung „nur hinter verschlossenen Türen“ zu äußern.
Die Botschafter verließen die Konferenz mit „unguten Gefühlen“, wie israelische Medien berichten. Zwar sei es ihre Aufgabe, den Staat zu repräsentieren, aber sie sollten wenigstens die Logik hinter derartigen Beschlüssen kennen.
Bei der Gelegenheit stellte sich heraus, dass das Außenministerium empfohlen habe, mit Gegenmaßnahmen zu dem von Israel kritisierten einseitigen Schritt der Palästinenser in der UNO abzuwarten. Die Diplomaten wollten verhindern, dass die weltweite Aufmerksamkeit auf Israels Reaktion gelenkt werde, weg von dem umstrittenen Schritt der Palästinenser. Aber Premierminister Netanjahu habe diese Empfehlung ignoriert und tatsächlich den vorhergesehenen internationalen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Schon vor diesem Zwischenfall hatte die Zeitung „Ha‘aretz“ von einer Studie berichtet, wonach schuld an dem angeschlagenen Ansehen Israels nicht etwa mangelnde Öffentlichkeitsarbeit sei, sondern eher eine problematische Politik. Ausgerechnet der Botschafter in Tschechien, dem israelfreundlichsten Land Europas, beklagte sich über zunehmendes Unverständnis wegen der Siedlungspolitik, obgleich die Tschechen während des kriegerischen Schlagabtausches zwischen der Hamas im Gazastreifen und Israel im November voll auf der Seite Israels gestanden hätten. „Zum ersten Mal in vier Jahren haben wir (die Tschechen) mit Erfolg zu kritischen Fragen wegen der Siedlungspolitik getrieben“, schrieb Botschafter Jakov Levy in einem kurzen zynischen Brief aus Prag an seine Vorgesetzten in Jerusalem.

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