„Sodom und Gomorra“ am Toten Meer

JERUSALEM (inn) - Verspätete Busse, politischer Widerstand und ungerufene Voyeure mit Teleskopkameras hätten das Fotoprojekt des jüdisch-amerikanischen Fotografen Spencer Tunick in letzter Minute fast zum Scheitern gebracht, 1.200 Israelis, hauptsächlich Männer, zwischen 20 und 77 Jahre alt, bei Sonnenaufgang im austrocknenden Toten Meer abzulichten.

Der fromme Abgeordnete Sevulon Orlev bezeichnete das Projekt als "Verstoß
gegen öffentliche Keuschheit" und nannte es "Sodom und Gomorra". Die Polizei
beschied, dass keine Genehmigung notwendig sei, weil die Versammlung der
Nackedeis an einem "privaten Strand" stattfinde. Zuvor hatte die
Regionalverwaltung des Toten Meeres damit gedroht, die Polizei zu rufen, um
diese ungenehmigte "öffentliche Provokation" auflösen zu lassen. In letzter
Minute zog zudem ein "größerer Sponsor" seine Spende zurück, wie eine
Zeitung am Samstag in ihrem Online-Dienst meldete.

Der 25 Jahre alte Rafi Gold erklärte im Bus zum Toten Meer: "Ich glaube
fest, dass Israel das einzige Land im Mittleren Osten ist, wo ein
Massenphoto von Nackten denkbar ist. Israel steht für die Freiheit des
menschlichen Körpers, die Freiheit des Geistes und die Freiheit, sich frei
zu entfalten."

Die Idee, am Toten Meer ein Nacktphoto zu machen, wie es Spencer Tunick seit
1992 in Wien, im australischen Sydney, in Düsseldorf, Bruges, Mexico City, New
York und weiteren 72 Orten der Welt getan hat, kam vor zwei Jahren auf. Zum
einen alarmierte das zunehmend schrumpfende Tote Meer die Umweltschützer.
Bis 2050 könnte das einzigartige Meer an der tiefsten Stelle der Welt, 417
Meter unter dem Meeresspiegel, völlig ausgetrocknet sei. Zum anderen hatte
die UNESCO einen Wettbewerb über "Weltwunder" ausgeschrieben. Das Tote Meer
erhielt den Zuschlag, kandidieren zu dürfen. Tunick, dessen Vater in Tel
Aviv lebt, wollte dem einzigartigen Salzmeer zusätzliche Berühmtheit
verschaffen.

Der genaue Ort des Fototermins blieb bis zuletzt geheim. Daran teilnehmen
durfte nur, wer sich angemeldet und umgerechnet etwa 30 Euro entrichtet
hatte. Die Teilnehmer des Nackedei-Termins waren aufgefordert, warme Kleidung
und eigene Verpflegung mitzubringen. Die Organisatoren wollten nur Getränke
bereitstellen und die Kleidung der Nackten bewachen, aber keine
Verantwortung übernehmen, falls etwas abhanden kommt.

Busse sollten sie am Freitagabend gegen 1 Uhr nachts abholen und dann zum
Toten Meer fahren. Doch viele Busse verspäteten sich aus noch ungeklärten
Gründen. Den auszieh-bereiten Teilnehmern war strikt verboten worden, eigene
Kameras mitzubringen.

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