Ein schwäbisches Dorf in Israel

AKKO (inn) - Amos Fröhlich und seine Nachbarn leben seit etwa 70 Jahren im Norden Israels. Die Ankunft in der neuen Heimat erfuhren sie als Rettung vor dem Holocaust. Über ihren Weg nach Schavei Zion berichtet nun die aktuelle Ausgabe des evangelischen Monatsmagazins "chrismon".

Es ist ein Schwabendorf in Israel: Schavei Zion. Die Einwohner sind gebürtig aus Süddeutschland. Sie stammen aus Rexingen, einem kleinen Dorf im engen Seitental des oberen Neckars. Ihre Vorfahren lebten dort seit Mitte des 18. Jahrhunderts. Amos Fröhlich wanderte 1938 im Alter von acht Jahren aus dem schwäbischen Bauerndorf ins damalige Mandatsgebiet Palästina aus. Dort begann er mit seiner Familie einen Neuanfang. In Deutschland hieß er Walter, erst in Israel nahm er den Namen des Propheten Amos an.

Rexingen ist der einzige Ort in Deutschland, aus dem eine ganze Gruppe Juden vor den Nationalsozialisten flüchten konnte. Schavei Zion war also ihre Rettung, ein Entkommen vor dem Holocaust. Richtig wahrgenommen hat Walter Fröhlich die Verfolgung durch die Nationalsozialisten aber nicht. Zu jung war er. Im Herbst 1938 floh seine Familie über Zürich nach Haifa. Doch für die Kinder glich die Reise nach Israel vielmehr einem Abenteuer.  

Spätzle, Kutteln und Linsen

Walter lebte mit seinen Geschwistern in einem Heim, während die Eltern beim Aufbau der Siedlung halfen. Am jüdischen Neujahrsfest, an Rosch HaSchanah, konnten die Kinder zum ersten Mal ihre neue Heimat begutachten. Ebenso durften sie sich einen hebräischen Vornamen aussuchen. Zwar lernten sie in der Schule Hebräisch, die deutsche Kultur blieb jedoch erhalten: Im Dorf sprachen die Auswanderer Schwäbisch, zu Mittag aßen sie Spätzle mit Linsen und Kutteln.

Von ihrer Heimat bekamen die Kinder zuerst nicht viel mit. Auch die Eltern versuchten, sich mit harter Arbeit von der Sorge um Verwandte in Deutschland abzulenken. Erst nach dem Krieg wurde den Jugendlichen das Ausmaß langsam bewusst. Mehrere ihrer Angehörigen waren grausam in Konzentrationslagern ermordet worden. Das Unfassbare hatte Eingang in ihr Leben und ihren Alltag gefunden. Das Leid holte sie auch in Israel ein. Als Amos 23 Jahre alt war, wurde seine Schwester von Terroristen im Unabhängigkeitskrieg erschossen.

Rückkehr nach Deutschland

Mit Ende 20 reiste Amos wieder nach Deutschland. Er wollte in Bayern sein Abitur nachholen. Ursprünglich sollte der Aufenthalt nur ein paar Monate dauern, schließlich aber blieb er acht Jahre. In München studierte er Tiermedizin und lernte dort auch seine zukünftige Ehefrau Gila kennen, mit der er schließlich in die Schweiz zog. Als junge Familie kehrten sie im Jahr 1965 aber wieder nach Israel zurück.

Doch nach Rexingen zog es Amos Fröhlich immer wieder. Anfangs habe er sich für die Einwohner des Dorfes geschämt. "Nie hat man von den Rexingern ein Wort des Bedauerns gehört", sagte Amos laut der "chrismon". Heute allerdings fährt der gebürtige Schwabe ohne Unbehagen in sein Heimatdorf. Grund dafür ist eine Ausstellung gewesen, die im Jahr 2008 von Mitgliedern des Synagogenvereins organisiert wurde. Darin wurde an die gemeinsame Auswanderung der Rexinger Juden erinnert – ein Zeichen der Versöhnung.

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