Die Organisatoren der zweiten Gaza-Flottilla, die dieser Tage in See stechen sollte, machten gerade eine Erfahrung, die jeder gute Entertainer befolgen sollte, schreibt Broder. "Man kann den gleichen Witz immer wieder erzählen, aber nicht vor demselben Publikum." Vor einem Jahr habe die "internationale Hilfsaktion für das belagerte Gaza" noch hohe Wellen geschlagen, obwohl an Bord der Schiffe vor allem defekte Rollstühle "und Rentner wie Norman Paech von der Linkspartei" gewesen seien. Der PR-Erfolg sei der "Dummheit der Israelis zu verdanken, die bei dem Versuch, die Flottilla zu stoppen, neun ‚Friedensaktivisten‘ erschossen".
In diesem Jahr lägen die Dinge ein wenig anders. Von einer "Blockade" des Gaza-Streifens könne kaum noch die Rede sein, seit die Ägypter den Grenzübergang Rafah aufgemacht hätten. Zum anderen sei ein UN-Dokument bekannt geworden, in dem sowohl die von den Israelis verhängte Seeblockade wie das Aufbringen der "Flottilla" als "legal" bezeichnet und Israel nur für die "Unverhältnismäßigkeit" seines Vorgehens kritisiert worden sei. "Drittens", so Broder, "ist im Laufe der letzten Monate in der Region einiges passiert, was die Frage nahe legt, warum die Organisatoren der Flottilla unbedingt nach Gaza segeln wollen und nicht nach Syrien oder in die Türkei, um den Menschen zu helfen, die von den Truppen des syrischen Präsidenten verfolgt und vertrieben werden."
Die Antwort sei einfach, macht der Journalist in seinem Kommentar deutlich: "Es geht nicht darum, den Palästinensern zu helfen, denn unter den etwa 45 Millionen Flüchtlingen, die derzeit vom Flüchtlingskommissar der UN gezählt werden, sind diese am besten dran." Die "humanitäre Katastrophe", die angeblich in Gaza herrsche, spiele sich zwischen gut gefüllten Supermärkten und den Einrichtungen der UNRWA ab, die seit 1950 die Palästinenser versorge.