Um die Tournee vorzubereiten, wolle die heutige Leiterin der Bayreuther Festspiele und Urenkelin Wagners, Katharina Wagner, in der kommenden Woche Israel besuchen. Sie werde eine Pressekonferenz geben und dabei auch über die Beziehungen ihrer Familie zu Hitler und den Nazis sprechen, heißt es in dem Bericht. Richard Wagner war der Lieblingskomponist Hitlers und zudem Antisemit. In den Konzentrationslagern mussten jüdische Gefangene Wagner spielen, während Juden in die Gaskammern geschickt wurden oder zur Zwangsarbeit ausrückten. In Israel ist seine Musik verpönt.
Vor zehn Jahren führte dennoch das Symphonieorchester von Rischon LeZion erstmals auf dem Boden Israels eine Oper Wagners auf, nachdem das Oberste Gericht eine Klage zurückgewiesen hatte. Im Frühjahr 2001 dirigierte der israelisch-argentinische Dirigent Daniel Barenboim mit der Berliner Staatskapelle Wagner-Melodien als Zugabe. Im Saal kam es zu Tumulten und lautstarken Protesten. Später beschloss ein Knesset-Ausschuss, Barenboim zu boykottieren, solange dieser sich nicht für seine Provokation entschuldigt habe. Es war bekannt, dass Barenboim Wagner spielen wollte, und er hatte den Veranstaltern des Israel-Festivals versprochen, es nicht zu tun.
Archive sollen geöffnet werden
Beck berichtet weiter, dass Katharina Wagner ihm vor zwei Monaten erklärt habe, die Familienarchive öffnen zu wollen, damit Historiker die umfassenden Beziehungen der Familie Wagner zu Hitler und den Nazis prüfen könnten. Die Untersuchungen sollen noch vor dem 200. Geburtstag Wagners im Jahr 2013 veröffentlicht werden. Eine namentlich nicht genannte, der Familie nahe stehende Person wird von Beck zitiert: „Katharina gehört einer Generation an, die keine Berührung mit dieser Vergangenheit hat. Sie schaut in die Zukunft und nicht zurück. Aber sie setzt sich mit der Vergangenheit ihrer Familie auseinander und hat klare Schritte in diese Richtung getan.“
Katharina ist keineswegs das erste Mitglied der Wagner Familie zu Besuch in Israel. Gottfried Wagner, ebenfalls ein Urenkel des umstrittenen Komponisten, hat Israel mehrfach besucht. Der seit 1983 in Italien lebende Gottfried gilt allerdings als „Verlorener Sohn“ der Wagner-Familie und hat sich mit ihr zerstritten.
„Empörender Auftritt“
Dem Bericht über den Auftritt des mit israelischen Steuergeldern finanzierten Kammerorchesters in Bayreuth ist ein sehr negativer Kommentar des prominenten Journalisten und Holocaustüberlebenden Noah Kliger beigefügt worden. Kliger bezeichnet den geplanten Auftritt als „einfach empörend“, zumal es in Israel immer noch einen offiziellen Boykott gegen Wagner-Vorführungen gebe. Dieser Boykott habe weder etwas mit Hitler noch mit dem Holocaust zu tun, sondern sei schon im November 1938 ausgerufen worden, wenige Tage nach der sogenannten „Reichs-Kristallnacht“, während der hunderte Synagogen niedergebrannt und Juden ermordet worden sind.
Der Boykott ging vom Dirigenten Bronislaw Huberman aus, der wenige Tage nach der Kristallnacht mit einem jüdischen Orchester im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina Wagnerstücke aufführen sollte. Huberman beschloss den Boykott, weil er Wagner für den geistigen Vater eines Mythos einer Herrenrasse, der Arier, und der Untermenschen, nämlich der Juden, hielt. Hitler habe die Ideen Wagners umgesetzt. In der Folge habe es sechs Millionen ermordete Juden gegeben, schreibt Kliger in seinem Kommentar. „Solange es noch Überlebende der Schoah gibt, die Wagner nicht hören wollen, habt Ihr (das israelische Kammerorchester) kein Recht, in Bayreuth aufzutreten“, beendet er seine Ausführungen.