Es gibt keine andere Institution in Deutschland, die so prominent Auskunft über Antisemitismus geben kann und darüber forscht. Deshalb ist das Zentrum auch eine wichtige Anlaufstelle für Journalisten, wenn sie erfahren wollen, ob Israel-Kritik tatsächlich Antisemitismus ist. Die Mitarbeiter des Zentrums werden als Experten bei Prozessen herangezogen, wenn einer den anderen als „Antisemit“ beschimpft oder wenn der Bundestag über das leidige Thema debattiert.
Klaus Holz hat sich als Generalsekretär der EAD einen Namen gemacht. In seinen Verantwortungsbereich fiel die Einladung eines Ministers der offiziell von Deutschland als Terrororganisation eingestuften Hamas-Organisation zu einer Tagung der Evangelischen Akademie in Bad Boll. Das wurde jedoch durch eine Visumsverweigerung der Bundesregierung unterbunden.
Holz hat im Jahr 2002 mehrfach den Staat Israel des „Staatsterrorismus“ bezichtigt. In einem von ihm unterzeichneten Aufsatz in der Zeitschrift „Jungle World“ „erklärte“ Holz die palästinensischen Selbstmordattentate: „Gleichwohl sollte dabei nicht vergessen werden, dass die Selbstmordattentate, die aus archaischen Vorstellungen und aus der Religion sich legitimieren wollen, nicht das Geringste mit einer aufgeklärten linken Politik zu tun haben. Sie sind zwar Akte der Verzweiflung, dennoch sind sie barbarisch. Zudem sind sie ein Teil der militärischen Strategie unter anderem der Hamas, die die Verzweiflung instrumentalisiert. Dass Verzweiflung zu religiösem Fanatismus führen kann, ist soziologisch zwar zu erklären, aus einer aufgeklärten Position aber zu verurteilen. Es ist auch falsch, alle PalästinenserInnen mit diesen Anschlägen zu identifizieren, genauso wie es falsch ist, alle Israelis mit ihrer Regierung gleichzusetzen.“
Offenbar unterstellt Holz der rechtsextremistischen radikal-islamischen Hamas eine „aufgeklärte linke Politik“. Schon damals, 2002, war bekannt, dass die Selbstmordattentate keineswegs „Verzweiflungsakte“ sind, sondern das Produkt einer Ideologie. Zudem identifizierten sich damals, laut Umfragen, mehr Palästinenser mit dieser Politik, als jemals Israelis bei demokratischen Wahlen für die Parteien ihrer Koalitionsregierungen gestimmt hätten.
Weil Holz schon bald den wichtigsten deutschen Posten zum Thema Antisemitismus einnehmen könnte, habe ich ihm einen Katalog mit Fragen zu seiner Sicht des Antisemitismus zugeschickt. Die Fragen befinden sich am Ende dieses Artikels.
Zuvor hatte die israelische Botschaft in Berlin, selbstverständlich ohne jede Namensnennung, eine Anfrage zu der Neubesetzung des ZfA mit einer vieldeutigen hebräischen Reaktion bedacht: „Es gibt eine intellektuelle Unaufrichtigkeit bei dem Versuch, gleichzeitig pro-jüdisch und anti-israelisch zu sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Schoah ist klar, dass der Staat Israel die einzige Garantie für die Existenz des jüdischen Volkes ist. Wer versucht, Israels jüdisches Wesen zu verneinen, trifft in Wirklichkeit das Existenzrecht des jüdischen Volks.“ So formulierte es Emmanuel Nachschon, zweiter Mann an der Botschaft. Offenbar ging es ihm vor allem um Holz.
Wegen Urlaubs reagierte Holz drei Wochen lang nicht auf den Fragenkatalog. Holz schrieb, dass er „wegen eines laufenden Berufungsverfahrens kein Interview“ geben wolle. Weiter erklärte er, dass die Artikel aus dem Jahr 2002 „Streitschriften“ gewesen seien, die „abgelöst von ihrem Kontext keine Gültigkeit haben können und überdies falsche Aussagen enthalten, die ich längst korrigiert habe“. Weiter schrieb Holz: „Zur Beantwortung Ihrer Fragen müssten Sie deshalb meine wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Rate ziehen. Wenn Sie möchten, schicke ich Ihnen meine für Ihre Fragen einschlägigen Texte gerne zu.“ Freundlicherweise hängte er einen Text an seine Email an: „Islamistischer Antisemitismus – Phänomen und Forschungsstand“ von Klaus Holz und Michael Kiefer.
Die Rechtschreibeprüfung des Word-Programms schlug sofort Alarm. Dr. habil Holz schrieb da von „Preriodika“ und „puplizistischen“ Aktivitäten, Hisbollah-Anhängern, die moralisch „inetegriert“ seien und „palästinensichen“ Arabern sowie von einer verschwörungstheoretischen „Rethorik“. Zweimal wird die „Korrepondentin“ Schirin Abu Aqila erwähnt. Ebenso schreibt Holz von „getöten“ Kindern in der „Kriegsbereichterstattung“ im „Progamm“ von TV5. In einer Fußnote ist die Rede von einem „Isklamist Discours“, einer „Intitiative“ und schließlich von „Anitsemitismus“.
Am Anfang des gelehrten Aufsatzes heißt es: „Der Antisemitismus ist eine genuin moderne Weltanschauung mit antimoderner Stoßrichtung“. Es stört ihn offensichtlich nicht, im Rahmen dieser „genuin modernen Weltanschauung“ mittelalterliche christliche Ritualmordvorwürfe gegen Juden zu erwähnen. Holz beruft sich zudem auf die „antimoderne Stoßrichtung“, was eine katholische Strömung gegen gesellschaftliche und politische Reformen zur Durchsetzung von Menschenrechten und Demokratie war. Einen sehr wichtigen Wegbereiter jener „genuin modernen Weltanschauung“, Martin Luther, in seiner Spätschrift über die „Lügen der Jüden“, erwähnt der evangelische Akademiechef nicht.
Sollte Holz nächster Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin werden, dürften die „Korrepodenten“ bei Anfragen ihre Freude haben, mit wissenschaftlichen Texten zum Thema „Anitsemitismus“ zugemüllt zu werden, voller Fußnoten mit Zitaten aus „Preriodika und puplizistischen Aktivitäten“.
Fragenkatalog von Ulrich Sahm an EAD-Generalsekretär Holz
Was betrachten Sie heute als häufigste Erscheinungsform von Antisemitismus?
Ist Ihnen die „Antisemitismus Definition der European Union Agency for Fundamental Rights“ (ehemals EUMC) bekannt?
Wie würden Sie Antisemitismus definieren?
Was ist Ihre Position zu dem Thema „islamischer Antisemitismus“?
Ist Antizionismus Ihrer Meinung nach eine Form von Antisemitismus?
Kann Israelkritik antisemitisch sein? Gibt es eine Grenze, wo Israelkritik in Antisemitismus übergeht?
Als Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland waren Sie indirekt für die Konferenz „Partner für den Frieden – Mit Hamas und Fatah reden“ in Bad Boll verantwortlich. War es akzeptabel, einen Minister der Hamas aus dem Gazastreifen zu dieser Konferenz einzuladen?
Ist die Charta der Hamas aus Ihrer Sicht antisemitisch? Und ist deshalb die Hamas eine antisemitische Organisation?
Falls Sie die Hamas für eine antisemitische Organisation halten, befürworten Sie einen „Friedensdialog“ mit derartigen Organisationen, vielleicht auch gar mit einschlägigen ausdrücklich antisemitischen Vereinen in Deutschland?
In Jungle World und der „taz“ haben Sie vor einigen Jahren Israel eines Staatsterrorismus bezichtigt und palästinensischen Terrorismus als Folge der israelischen Politik bezeichnet. Wie stehen Sie heute zu Ihren damaligen Aussagen?
Würden Sie Israel für Erscheinungsformen von Antisemitismus in Frankreich, Deutschland und anderswo verantwortlich machen?
Halten Sie Vergleiche zwischen Israel und Nazideutschland für legitim?
Welchen Stellenwert hat Israel Ihrer Meinung nach heute für Juden in Deutschland?
Glauben Sie dass Israel den Holocaust instrumentalisiert, also für politische Zwecke missbraucht?
Was antworten Sie jenen (meist scharfen Israel-Kritikern), die behaupten, dass es in Deutschland „verboten“ sei, Israel zu kritisieren, weil sie vermeintlich wegen Kritik an Israel als Antisemiten bezeichnet würden?
In den deutschen Medien werden israelische Angriffe oft pauschal als „Vergeltungsschläge“ bezeichnet, gelegentlich sogar mit dem Zusatz „Auge um Auge“. Ebenso ist die Rede von „völkerrechtlich illegalen jüdischen Siedlungen“ Halten Sie das für einen subtilen Antisemitismus? Falls ja, wären das Themen, mit denen Sie als Leiter des ZfA an die Öffentlichkeit treten würden?