Im politischen Alltag sind sie völlig zerstritten – doch das Gedenken an die „Nakba“ (Katastrophe) vor 62 Jahren vereinte die palästinensischen Parteien zumindest für ein paar Stunden. In Gaza marschierten palästinensische Demonstranten vom Grab des unbekannten Soldaten zum Gebäude der Vereinten Nationen. Damit wollten sie nach eigenen Angaben den Anspruch auf eine Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge bekräftigen.
Fatah und Hamas betonen nationale Einheit
Der Fatah-Führer Fajes Abu Aita sagte laut einem Bericht der palästinensischen Nachrichtenagentur „Ma´an“: „Die Botschaft heute ist eine Botschaft der nationalen Einheit angesichts der israelischen Besatzung.“ Die politische Spaltung sei unnatürlich und solle ein Ende finden, da die Palästinenser das Heimatland ohne nationale Einheit nicht zurückholen könnten.
Ähnlich äußerte sich der Hamas-Führer Ismail Radwan: „Nationale Einheit ist der Weg, um das Rückkehrrecht zu wahren.“ Dieses werde nicht durch Verhandlungen erlangt, sondern durch Widerstand.
Mohammed al-Hindi vom Islamischen Dschihad sagte: „Heute ist der Tag der nationalen Einheit; die Nakba vereint uns genauso wie die Häftlingsfrage.“ Alle palästinensischen Fraktionen seien gekommen, um zu zeigen, „dass wir an ganz Palästina festhalten“.
Tausende Palästinenser verlangten bei Kundgebungen im Westjordanland, dem Gazastreifen und Flüchtlingslagern in arabischen Ländern das Recht, in ihre Heimat zurückzukehren. Etwa 750.000 Palästinenser wurden infolge der israelischen Staatsgründung und des Unabhängigkeitskrieges vertrieben oder flohen. Heute zählt das zuständige Hilfswerk UNRWA 4,7 Millionen Flüchtlinge im Nahen Osten. Die Palästinenser sind die einzige Volksgruppe der Welt, die den Titel „Flüchtling“ auf nachfolgende Generationen vererbt.
Hamas bekräftigt Widerstand als Option
Ebenfalls am Samstag veröffentlichte die radikal-islamische Hamas eine Erklärung zum Tag der „Nakba“. „Solange der Feind seine Offensiven gegen unser Volk fortsetzt, weiter unsere Kinder inhaftiert und unsere heiligen Stätten entweiht, wird Widerstand eine Option bleiben.“
Kritik äußerte die Hamas, die im Gazastreifen herrscht, an der von der Fatah dominierten Regierung in Ramallah, weil diese indirekte Gespräche mit Israel begonnen hat. Der Schritt sei „absurd“. Gleichzeitig bezeichnete sich die Hamas als „bereit zur Wiederherstellung der nationalen Einheit“.
Jordanien: Israelischer Produkte öffentlich verbrannt
Auch Jordanier begingen den Tag der „Nakba“. Hunderte Mitglieder des „Anti-Normalisierungskomitees“ verbrannten auf dem zentralen Marktplatz der Hauptstadt Amman Obst und Gemüse, das aus Israel importiert war. Die Gruppe lehnt eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten ab, wie die Tageszeitung „Jediot Aharonot“ berichtet.
Der Direktor der jordanischen Handelsunionen, Ahmed al-Armuti, sagte, eine Normalisierung werde als Anerkennung der „Legitimität und Existenz der Besatzung“ dienen. Sie werde „wirtschaftliche, politische und sicherheitsbezogene Gefahren“ nach sich ziehen, die „die jordanische Stabilität bedrohen könnten“. Israel sei „ein Gebilde, das die Al-Aksa-Moschee zerstören und die Bewohner Palästinas vertreiben will“. Diejenigen, die normale Beziehungen zum jüdischen Staat hätten, seien „gottlose Menschen ohne Menschlichkeit“. Das Komitee habe vor, die Namen von Jordaniern zu veröffentlichen, die normalisierte Beziehungen zu Israel beibehielten. Die beiden Länder haben 1994 ein Friedensabkommen unterzeichnet.
Bereits am Freitag hatten jordanische Geistliche ein religiöses Edikt erlassen, das den Handel mit israelischen Produkten untersagt. Einem Bericht der arabischen Zeitung „Al-Quds al-Arabi“ (London) zufolge haben 51 muslimische Führer die Anordnung gemeinsam bekannt gegeben. Sie forderten alle Moslems auf, Waren aus Israel zu boykottieren, weil „der Feind muslimisches Land plündert“. Zudem sollten Anhänger des Islam den Dschihad mit allen notwendigen Mitteln unterstützen, um die Besatzung abzuschaffen und Bewohner in besetzten Gebieten zu unterstützen.