Ein Dritter Weltkrieg am Horizont?

"Sollten Israel oder Amerika eine Offensive gegen den Iran wagen, bricht ein Weltkrieg aus", droht ein Vertreter des iranischen Generalstabschefs, Masud Dschasajeri. Die Bemerkung des Brigadegenerals wurde über die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA verbreitetet und ist lediglich ein Höhepunkt im Säbelrasseln um die atomaren Ambitionen der Teheraner Mullahkratie. Trotz UN-Sanktionen betreiben die Perser mittlerweile 4.000 Zentrifugen zur Anreicherung von Uran. Was Realität, was Fiktion ist, wissen die Wenigsten. Vielleicht sind viele Drohungen und Behauptungen orientalische Luftblasen - vielleicht aber auch nicht.

Anfang Juli führte der Iran einen Test mit Lang- und Mittelstreckenraketen durch. Seine neuen „Schihab-3-Raketen“ haben eine Reichweite von 2.000 Kilometern, laut israelischen Geheimdiensten. Der Bundesnachrichtendienst rechnet mit 3.000 Kilometern. Kurz nach den Tests drohte die Führung in Teheran mit der Schließung der Straße von Hormus im Falle eines Krieges. Mehr als die Hälfte der Energiereserven der Welt liegen im Persischen Golf und täglich werden 17 Millionen Fass Öl mit Tankern durch die Meerenge transportiert.

Mitte August verkündeten iranische Militärs dann, ihre Kampfflugzeuge könnten jetzt 3.000 Kilometer zurücklegen, ohne auftanken zu müssen. Die Distanz zwischen Iran und Israel ist ungefähr 1.000 Kilometer. Kurz darauf zeigt das iranische Fernsehen den Abschuss einer Weltraumrakete und Präsident Mahmud Ahmadinedschad verkündet, „allen Sanktionen zum Trotz“ könne sein Land jetzt islamische Satelliten im All platzieren.

Nachrichtendienste nicht einig

US- und israelische Nachrichtendienstler sind sich uneins. Die einen reden abfällig von einem misslungenen Test und tun das Ganze als „iranische Propaganda“ ab. Andere sind der Überzeugung, die Iraner hätten durch diesen Test Daten erhalten, die ihnen eine Perfektionierung ihres Raketensystems erlauben. Die Technologie, die ihnen zur Verfügung steht, ermögliche dem Regime in Teheran Raketen, mit denen sie Europa und China mit nuklearen Sprengköpfen erreichen könnten.

Fast zeitgleich geben iranische Generäle noch drei erfolgreiche Militärmanöver bekannt und Ahmadinedschad lässt über seine präsidiale Internetseite verkünden, Israel sei „ein Bazillus der Korruption, der beseitigt werde“. Seine Revolutionsgarden drohen: „Die zionistische Größe liegt innerhalb der Reichweite unserer Raketen.“

Natürlich bleibt all dies im Westen nicht ohne Resonanz. So führt die fünfte US-Flotte im Juli ein Manöver im Persischen Golf durch. Ende August sprechen israelische Tageszeitungen davon, dass US- und europäische Kriegsschiffe in so großer Konzentration im Persischen Golf liegen, wie nie zuvor.

Während gegenüber den Persern laut Präsident George W. Bush „alle Optionen auf dem Tisch bleiben“, weisen die Amerikaner Mitte August ein Ersuchen des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak zurück, Flugzeuge vom Typ Boeing 767 zu kaufen. Diese Flugzeuge können unter anderem zum Auftanken von Kampfjets in der Luft gebraucht werden. Die US-Führung befürchtet wohl, die Israelis könnten damit einen Schlag gegen den Iran vorbereiten.

Amerikanische Warnanlagen im Negev

Gleichzeitig installieren die USA aber hochmoderne Frühwarnanlagen gegen Raketen im Negev und helfen so, den israelischen Raketenschild gegen den Iran zu perfektionieren. Israelische Strategen geben allerdings zu bedenken, dass durch diese enge amerikanisch-israelische Zusammenarbeit der Handlungsspielraum Israels gegenüber Iran oder auch Syrien beträchtlich eingeschränkt werde. Israel benötige jetzt für jede größere Aktion eine amerikanische Genehmigung. Hohe Vertreter des israelischen Verteidigungsministeriums bewerten diese Entwicklungen gar als Zeichen dafür, dass Washington einen israelischen Schlag gegen das iranische Nuklearprogramm verhindern will.

Mitte August meldet sich der ehemalige Mossadchef Efraim Halevy zu Wort. Die Folgen eines israelischen Angriffs auf den Iran „werden uns die nächsten 100 Jahre verfolgen“, warnt der Sicherheitsexperte in Richtung seiner Landsleute. Dem arabischen Fernsehsender Al-Hurra vertraut er indes an: „Ahmadinedschad ist das größte Geschenk. Wir hätten mit dem Mossad keine bessere Operation durchführen können, als so einen Kerl wie Ahmadinedschad im Iran an die Macht zu bringen.“ Der iranische Präsident habe der ganzen Welt bewiesen, dass man mit dem Iran von heute unmöglich leben kann – und so die ganze Welt vereinigt.

Doch in Israel beruhigt dieser Versuch, den Schwarzbärtigen aus Teheran in der islamischen Welt mit dem Verdacht der Kollaboration mit den Israelis zu behängen, niemanden. Der Iran will mittlerweile der Hisbollah hochentwickelte Raketensysteme geliefert haben, mit denen sie „Ziele in Israel genau zu treffen“ vermag. Laut persischen Angaben sind diese Raketen jeden Moment einsatzfähig, sollte Israel „übermütig werden und den Iran angreifen“. Die kuwaitische Zeitung Al-Siyasa will gar wissen, dass 300 iranische Experten auf dem westlibanesischen Gebirgsrücken eine ganze Serie von Luftabwehrraketen installiert. Und die Londoner arabische Zeitung Al-Quds al-Arabi meint, die neuen Raketen der Hisbollah hätten „eine Reichweite, die sich Israel gar nicht vorstellen kann“.

Regierungsvertreter in Jerusalem kontern in Richtung Libanon, die Stationierung solcher Raketen würden einen Präventivschlag rechtfertigen, und beobachten die Entwicklungen an der Südfront. Im Gazastreifen mobilisiert der Iran ganz unverhohlen den Palästinensischen Islamischen Dschihad, um die zerbrechliche Feuerpause zwischen Israel und der Hamas zu sabotieren. Die Hamas kooperiert zwar mit dem Iran – der Islamische Dschihad aber ist von Teheran abhängig und damit hörig. So verkünden israelische Medien Ende August: „Israel trifft die strategische Entscheidung, den Iran auf keinen Fall zur Atommacht werden zu lassen.“ Weiter munkeln sie: „Die Vorbereitungen für einen unabhängigen Militärschlag gegen den Iran laufen in Israel auf höchsten Touren.“ Als möglicher Rahmen für einen israelischen Angriff auf den Iran wird die Zeit zwischen den amerikanischen Präsidentschaftswahlen im November 2008 und der Einführung des neuen Präsidenten im Januar 2009 gehandelt.

Druck aus Russland

Als gäbe es noch nicht genug Spannung, steuert auch noch der Georgienkonflikt sein Quäntchen Öl ins Feuer des nahöstlichen Rüstungswettlaufs bei. Russland bemüht sich, den Westen unter Druck zu setzen und droht, nicht nur Syrien, sondern auch dem Iran das S-300-Raketensystem zu liefern, sollten seine pro-westlichen Nachbarn Ukraine und Georgien in die NATO aufgenommen werden. Das S-300-System kann einhundert Ziele gleichzeitig verfolgen und Flugzeuge in einer Entfernung von mehr als 100 Kilometern ins Visier nehmen. Dass Israel bereits seine Militärhilfe an Georgien eingestellt hat, um den Moskauer Bären zu beruhigen, scheint diesen wenig zu beeindrucken.

In dieser Situation nun schickt der Knessetabgeordnete Ephraim Sneh ein Schreiben an die beiden amerikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain und Barack Obama. Darin mahnt der Militärarzt im Rang eines Brigadegenerals der Reserve, „es gibt keine Regierung in Jerusalem, die sich jemals mit dem Gedanken an einen nuklearen Iran versöhnen könnte. Wenn klar ist, dass der Iran Atomwaffen bekommt, wird das israelische Militär dies verhindern.“ Sneh mahnt, noch sei Zeit für „echte“ Sanktionen Europas und Amerikas. Der israelische Reservegeneral fordert ein Totalembargo der Ölindustrie und Banken des Iran und prophezeit: „Das wird das Regime in kürzester Zeit zu Fall bringen!“ Allerdings wurde er bei Besuchen in der Schweiz und Österreich sehr ernüchtert. Beide Länder haben für das kommende Jahrzehnt massive Investitionen in die Öl- und Gasfelder des Iran angekündigt. Frustriert erkennt Sneh: „Wenn man an den jüdischen Holocaust erinnert oder von der Sicherheit Israels spricht, beeindruckt das diese Leute nur wenig.“

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