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Bennett sieht „Licht am Ende des Tunnels“

Israelische Regierungsvertreter sprechen inzwischen über die Zeit nach den Corona-Beschränkungen. Nach Pessach und Ostern könnte es eine Lockerung der Regelungen geben. Noch werden allerdings neue Maßnahmen in Kraft gesetzt, um das Virus einzudämmen.
Gebet in besonderen Zeiten: Am Dienstag wurde die Klagemauer gereinigt

JERUSALEM (inn) – In Israel wird inzwischen über eine Zeit nach den extremen Beschränkungen in Zusammenhang mit der Corona-Krise geredet. „In der Woche nach Pessach werden wir beginnen, die Wirtschaft wieder hochzufahren“, kündigte Verteidigungsminister Naftali Bennett am Dienstag an. Es gebe „Licht am Ende des Tunnels“, sagte er. „Wir müssen die große Not derer verstehen, die nicht genügend Geld haben, um ihre Miete zu bezahlen“, sagte Bennett. Er mahnte, dass wir „am Ende mehr Selbstmorde haben könnten als Tote durch Corona“. Am Dienstagmorgen hatte sich ein 34-jähriger Corona-Patient aus dem Fenster eines Krankenhauses gestürzt. Neuesten Berichten zufolge ist die Arbeitslosenquote bereits auf fast 25 Prozent gestiegen.

Nach den Worten des Nationalen Sicherheitsberaters und Krisenkoordinators Meir Ben-Schabbat wird Israel allerdings zu einer Routine zurückkehren, die sich „komplett von allem unterscheidet, was wir zuvor kannten“. Medienberichten zufolge sollen die Maßnahmen nach Pessach vorerst für zwei Wochen gelockert werden, bevor die Situation neu bewertet wird. Schulen und Kindergärten würden wohl geschlossen bleiben. Aus dem Bildungsministerium hieß es dazu, dass es noch keine offizielle Entscheidung gebe. Junge Menschen und Genesene könnten jedoch möglicherweise an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Pessach geht in diesem Jahr bis zum 16. April.

Vatikan kritisiert Schließung der Grabeskirche

Indessen meldete sich der Vatikan bezüglich des Osterfestes zu Wort, das die westliche Kirche am 12. April feiert. In einem Brief an Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit beschwerte sich ein Rechtsvertreter des Heiligen Stuhls in Israel über die Schließung der Grabeskirche in der Jerusalemer Altstadt. Es sei „unvorstellbar, dass es gerade in diesen Zeiten nicht möglich ist, das Ostergebet für Millionen von Gläubigen zu übertragen, die dies zu Hause dringend bräuchten“, heißt es darin. Das Gotteshaus war in der vergangenen Woche geschlossen worden.

Die Kirche sieht darin eine „illegitime Diskriminierung“ und einen schweren Eingriff in die Religionsfreiheit. Der Brief verweist darauf, dass etwa an der Klagemauer weiterhin Gebete stattfinden dürften, wenn auch unter starken Einschränkungen. Erst am Dienstag wurde die Kotel zu diesem Zweck gereinigt und die Zettel zwischen den Steinen mit Handschuhen entfernt. „Währenddessen wird die heiligste Stätte für Millionen von Christen in der ganzen Welt mit einem totalen Bann belegt“, heißt es in dem Schreiben. Die Kirche fordert, für die Ostergebete eine kleine Versammlung von nicht mehr als zehn Geistlichen und eines Kamerateams zuzulassen. Die israelische Regierung hatte am Montag beschlossen, öffentliche Versammlungen gänzlich zu untersagen, wobei Gebete ausdrücklich eingeschlossen wurden. Für die Klagemauer wurde eine Ausnahme geschaffen.

5.591 positiv getestet, 21 Tote

Das israelische Gesundheitsministerium zählte am Mittwochmittag 5.591 Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. 21 Personen sind demnach gestorben. Aviv Kochavi, Generalstabschef der israelischen Armee, hatte sich am Dienstag nach einem Treffen mit einem Infizierten vorsorglich in Quarantäne begeben, wurde daraufhin jedoch negativ getestet. In den palästinensischen Gebieten tragen nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA 116 Menschen den Krankheitserreger in sich, 18 sind bereits genesen. Es gibt eine Tote zu beklagen.

Am Dienstag veröffentlichte das israelische Gesundheitsministerium eine Aufschlüsselung der Infektionszahlen nach Städten. Demnach zählt Jerusalem die meisten Infizierten, gefolgt von der ultra-orthodox geprägten Stadt Bnei Barak und der Mittelmeer-Metropole Tel Aviv. Die hohen Zahlen in ultra-orthodoxen Orten führte zu einer Diskussion über das Verhalten der Strengläubigen in der Corona-Krise. Am Dienstag installierte die Polizei Kontrollstellen rund um Bnei Brak, das die höchsten Infektionszahlen pro Kopf hat. Laut israelischem Rundfunk entschied sich die Regierung allerdings vorerst dagegen, die Stadt komplett abzuriegeln. An der Beerdigung eines führenden Rabbiners sollten am Mittwoch laut Übereinkunft der Polizei mit religiösen Führern nur zehn Personen teilnehmen.

Knesset bestätigt Handy-Überwachung

Unterdessen bestätigte ein Knesset-Ausschuss am Dienstag die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen zur Handy-Überwachung. Dadurch sollen Kontaktpersonen von Infizierten identifiziert werden. Der Einsatz des Inlandsgeheimdienstes Schabak ist damit vorerst bis Ende April legitimiert. Kritiker sehen darin einen schweren Eingriff in die Privatsphäre. Der Geheimdienst gibt an, dadurch bereits Hunderte Kontaktpersonen identifiziert haben zu können. Ein weiterer Vorschlag von Verteidigungsminister Bennett, das private Technologieunternehmen NSO zur Überwachung einzusetzen, erfuhr von einigen Knessetmitgliedern scharfe Kritik. Das Unternehmen wird unter anderem verdächtigt, Saudi-Arabien bei der Überwachung des später ermordeten Journalisten Dschamal Chaschoggi unterstützt zu haben.

An anderer Stelle ging der Staat zunächst weniger entschieden vor. So konnten Hunderte Personen aus sogenannten Risikogebieten ohne irgendwelche Einschränkungen über den Ben-Gurion-Flughafen nach Israel einreisen, wie zuerst der zwölfte Fernsehkanal berichtete und Verteidigungsminister Bennett später bestätigte. Demnach hatte die israelische Regierung zunächst bewusst auf von Bennett ins Spiel gebrachte schärfe Maßnahmen wie etwa eine Zwangsquarantäne verzichtet. Am Mittwoch vollzog Premierminister Benjamin Netanjahu dann eine Kehrtwende: Nun müssen sich alle Menschen, die aus dem Ausland einreisen, zwangsweise in Quarantäne begeben.

Von: ser

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