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Jerusalemer Gericht wirft PA systematische Folter von „Kollaborateuren“ vor

Ein Jerusalemer Gericht hat die Palästinensische Autonomiebehörde zu einer Schadenersatzzahlung verurteilt. Der Vorwurf: Systematische Folter von Palästinensern, die wegen mutmaßlicher Zusammenarbeit mit Israel inhaftiert waren.
Das Bezirksgericht Jerusalem hat keine Zweifel an den Foltervorwürfen der ehemaligen Häftlinge

JERUSALEM (inn) – Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) hat in ihren Gefängnissen mutmaßliche Kollaborateure systematisch gefoltert. Das sieht das Bezirksgericht Jerusalem als erwiesen an. Deshalb hat es die PA in dieser Woche zu einer Schadenersatzzahlung an 51 Betroffene verurteilt. Die genaue Geldsumme steht noch nicht fest, wie die Onlinezeitung „Times of Israel“ berichtet.

Das Urteil bezieht sich auf den Zeitraum zwischen 1990 und 2003. Konkret geht es um die Fälle von 51 Palästinensern, die unter dem Verdacht festgenommen wurden, wichtige Informationen an israelische Behörden weitergegeben zu haben. Nach 14 Jahren und 90 Verhandlungssitzungen legte das Gericht ein 1.800 Seiten langes Urteil vor. Richter Mosche Drori sagte, Zeugenaussagen und Beweismaterial hätten die Vorwürfe über jegliche vernünftige Zweifel hinweg bestätigt.

Zu Teilnahme an Hinrichtungen gezwungen

Demnach wurden die Häftlinge in den palästinensischen Gefängnissen geschlagen. Aufseher drückten Zigaretten auf ihren Körpern aus, zogen ihnen Zähne oder verweigerten ihnen Essen und Trinken. Mehrere Kläger gaben an, sie seien durch Angriffe gegen ihre Genitalien sterilisiert worden. An heißen Tagen wurden die Gefangenen nach eigener Aussage in Metallcontainern eingesperrt. Sie seien mit heißem oder eiskaltem Wasser übergossen worden, hätten aus Toilettenschüsseln trinken oder auf zerbrochenen Flaschen sitzen müssen. Zudem hätten die Wärter sie gezwungen, die Hinrichtungen anderer mutmaßlicher Kollaborateure mitzuerleben. Häufig sei ihnen die medizinische Behandlung verweigert worden.

Drei der ehemaligen Häftlinge äußerten sich anonym im israelischen Fernsehsender „Kanal 2“. Einer erzählte, oft sei ihm ein Sack über den Kopf gestülpt worden, so dass er die Ermittler nicht sehen konnte. Mitunter habe ein solcher Sack auch Fäkalien enthalten.

Alle drei gaben an, sie hätten keinerlei Beweismaterial zu sehen bekommen, seien nur wiederholt zum Geständnis aufgefordert worden. Doch wenn sich jemand dazu durchrang, um die Leidenszeit zu beenden, habe dies auch nichts genützt. Die Interviewten leben in Israel ohne Einkommen und ohne Familie oder Zugehörigkeitsgefühl. „Ich wurde mit 18 oder 19 verhaftet. Seitdem habe ich kein Leben gehabt“, sagte einer von ihnen. „Ich will kein Geld. Ich will als Mensch behandelt werden, das ist alles.“

PA leugnet Vorwürfe

Die PA gab zu, dass einige der Kläger in ihren Gefängnissen inhaftiert waren. Die Foltervorwürfe wies sie hingegen zurück. Anwalt Barak Kedem, der die Palästinenser vertritt, widersprach dem: Seine Mandanten seien durch die PA einer „unvorstellbaren Folter“ ausgesetzt gewesen. „Es ist, als hätte jemand Dantes ‚Inferno‘ gelesen und versucht, es nachzuahmen“, sagte er mit Bezug auf den mittelalterlichen italienischen Dichter, der in diesem Buch seine Vorstellungen von der Hölle beschreibt.

Nun muss das Gericht jeden einzelnen der 51 Fälle betrachten, um die jeweils entstandenen Schäden zu ermitteln. Dann kann es die Schadenssummen festlegen. Dies dürfte jedoch mehrere Jahre dauern.

Von: eh

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