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Knesset verabschiedet Supermarkt-Gesetz

Städte, die Ladenöffnungszeiten am Schabbat regeln wollen, brauchen künftig den Segen des Innenministers. Dieses neue Gesetz ist auch innerhalb der Regierung umstritten.
Künftig redet das Innenministerium bei der Frage der Öffnungszeiten mit

JERUSALEM (inn) – Bei der Frage der Ladenöffnungszeiten hat das israelische Innenministerium künftig das letzte Wort. Ein entsprechendes Gesetz hat die Knesset am frühen Dienstagmorgen mit knapper Mehrheit verabschiedet. Der Innenminister – derzeit Arje Deri von der strengreligiösen Schass-Partei – kann demnach städtische Regelungen kontrollieren und gegebenenfalls für ungültig erklären.

Das Gesetz enthält auch einige Ausnahmen. So ist das weitestgehend säkular geprägte Tel Aviv davon nicht betroffen. Auch Restaurants, Kaffeehäuser und Kneipen können geöffnet bleiben, ebenso Unterhaltungseinrichtungen wie Theater oder Konzerthallen. Dank eines Kompromisses dürfen auch Läden in Tankstellen am Schabbat öffnen. Ein Vorschlag, die Touristenhochburg Eilat auszunehmen, wurde am Sonntag abgewiesen.

Die Schass-Partei hatte den Gesetzesvorschlag eingebracht. Die Strengreligiösen nehmen schon länger Anstoß an den – aus ihrer Sicht – zahlreicher werdenden Verstößen gegen die Schabbat-Ruhe. So trat Gesundheitsminister Ja’akov Litzman Ende November zurück, weil die Regierung weiterhin Gleisarbeiten am Schabbat zulassen will. Im Gegenzug für die Ausnahmeregelungen in Tel Aviv hat die Knesset ebenfalls am Dienstag dafür gestimmt, dass Litzman als stellvertretender Gesundheitsminister weiterhin das Ministerium leiten kann.

List und Tücke

Die Opposition bemühte sich in der Debatte, die am Montagabend begann, die Verabschiedung des Gesetzes zu verhindern. Sie versuchte es mit teils sinnlosen Verbesserungsanträgen, über die die Abgeordneten dann abstimmen mussten. An einer Stelle kam es zum Fauxpas: Ein nicht ganz ernst gemeinter Vorschlag, Geschäfte für Küchenbedarf vom Gesetz auszunehmen, wurde angenommen, weil zwei Koalitionsabgeordete nicht anwesend waren. Der Koalitionsvorsitzende David Amsalem (Likud) musste den Innenausschuss einberufen, um den Vorschlag wieder aus dem Text zu nehmen.

Gegen ein Uhr nachts versuchte die Opposition, die Regierung kalt zu erwischen: Sie erkannte, dass sie im Plenum mehrheitlich vertreten war, schob die Debatte um die Verbesserungsvorschläge beiseite und drängte auf ein finales Votum. Justizministerin Ajelet Schaked (HaBeit HaJehudi) wehrte das Manöver ab, indem sie 40 Minuten aus der Unabhängigkeitserklärung vorlas, bis sich wieder genug Regierungsabgeordnete einfanden.

Politische Abstimmung

Auf diese Weise zog sich die Sitzung 15 Stunden und endete mit einem denkbar knappen Zuspruch von 58 zu 57 Stimmen. Die sechs Regierungsparteien stellen 67 von 120 Sitzen in der Knesset. Die Abgeordneten der Partei Israel Beiteinu verzichteten laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ geschlossen auf eine Zustimmung. Deren Vorsitzender, Verteidigungsminister Avigdor Lieberman, sagte nach der Abstimmung, das Gesetz entfremde Menschen vom Judentum. „Das Judentum und die jüdische Tradition kennen keinen Religionszwang.“

Der israelische Premier Benjamin Netanjahu hatte vor der Abstimmung die Likud-Abgeordneten auf die politische Bedeutung des Gesetzes aufmerksam gemacht. „Wer gegen das Gesetz stimmt, ist für den Sturz der Regierung“, stellte er klar.

Die Vorsitzende der Oppositionspartei Meretz, Sahava Gal-On, zögerte nach der Verabschiedung nicht mit ihren Gegenmaßnahmen. Vor dem Obersten Gericht reichte sie noch am Dienstag eine Petition ein. Das Gesetz schränke die Religionsfreiheit der israelischen Bürger ein, die auch das Recht einschließe, nicht-religiös zu leben. „Es erlaubt dem Innenminister, der ganzen Nation seine Sicht aufzudrängen“, sagte sie laut der israelischen Tageszeitung „Yediot Aharonot“.

Lose Handhabe

In Israel gibt es kein explizites Schabbat-Gesetz. Im Jahr 1951 legte die Knesset Arbeitszeiten und Ruhetage fest. Dieses Gesetz bestimmt den Schabbat als Ruhetag für jüdische Angestellte, für Muslime und Christen ist es der Freitag beziehungsweise der Sonntag.

Ansonsten ist es Kommunen erlaubt, einzelne Schabbat-Regelungen vorzunehmen. Verstöße dagegen werden jedoch selten geahndet: Zum Teil haben die Behörden keinen Überblick über Verstöße, oder sie gehen nur in Wohngebieten dagegen vor. Zum Teil nehmen Geschäfte die moderaten Strafgebühren in Kauf.

Von: df

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