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PLO bittet um Hilfe gegen IS

DAMASKUS (inn) – Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) hat wegen des Flüchtlingslagers Jarmuk in Syrien an die internationale Gemeinschaft appelliert. Die Terrorvereinigung „Islamischer Staat“ hat dort Medienberichten zufolge in den vergangenen Tagen weitestgehend die Kontrolle übernommen.
Fordert unter anderem die EU auf, sich für eine Feuerpause einzusetzen: die PLO-Politikerin Aschrawi
Am Mittwoch eröffnete die Terrorvereinigung „Islamischer Staat“ (IS) eine Offensive im palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk, das sich in der syrischen Hauptstadt Damaskus befindet. Dort leben die Bewohner nach Angaben von Augenzeugen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser, Nahrung und medizinischer Versorgung. Etwa 500 Familien sei die Flucht gelungen, teilte ein PLO-Vertreter in Damaskus, Anwar Abdel Hadi, mit. Vor der Offensive lebten rund 18.000 Menschen in Jarmuk, einst waren es 160.000 Palästinenser und Syrer. Infolge der jüngsten Angriffe soll das Lager mittlerweile zu 90 Prozent unter Kontrolle von IS und Al-Nusra-Front sein. In einer Schule in Damaskus wurden fast 100 Flüchtlinge untergebracht. Sie konnten keinerlei Gepäck mitnehmen. Ein 55-Jähriger erzählte im Gespräch mit „Ma‘an“: „Wir hatten durch das Fernsehen von ihrer Grausamkeit gehört, aber als wir es selbst sahen … Ich kann Ihnen sagen, ihr Ruf ist wohlverdient.“ Er sprach von abgeschlagenen Köpfen. Eine Mutter fügte hinzu: „Die Ankunft des IS bedeutete Zerstörung und Massaker. Ihr Verhalten ist unmenschlich und ihre Religion ist nicht die Unsrige.“ Am Montag demonstrierten im Gazastreifen Dutzende Anhänger von Hamas und Islamischem Dschihad. Sie forderten ein Ende der Gewalt in Jarmuk. „Wir verlangen, dass die Angreifer ihr Töten unverzüglich einstellen“, rief der frühere Hamas-Justizminister Mohammed Faradsch al-Ghul während der Kundgebung vor dem Parlamentsgebäude in Gaza. Jarmuk müsse ein neutraler Ort sein, „fern von der Verrücktheit des Krieges“, zitiert ihn die palästinensische Nachrichtenagentur „Ma‘an“. Er forderte eine internationale Intervention. Bereits am Samstag hatten sich Hunderte Demonstranten in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens versammelt. Viele schwenkten Hamas-Fahnen. Ein Vertreter der Organisation, Salah al-Bardawil, rief das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) dazu auf, ihren Einfluss zugunsten der Leidenden in Jarmuk zu nutzen.

Flüchtlingswerk und Sicherheitsrat fordern Zurückhaltung

Die UNRWA verurteilte am Sonntag offiziell die Vorfälle in dem Kampfgebiet. Sie forderte „von allen Parteien Respekt gegenüber und das Einhalten ihrer Verpflichtungen, um den Schutz von Zivilisten in Jarmuk zu gewährleisten“. Ein Ende der Kämpfe sei ebenso notwendig wie eine Rückkehr zu Bedingungen, unter denen ihre Mitarbeiter Zivilisten in Jarmuk unterstützen könnten, hieß es laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA. Alle Parteien müssten höchstmögliche Zurückhaltung üben, ergänzte die UNRWA. Sie appellierte an die betroffenen Staaten, dringend ihren Einfluss auszuüben, um Leben von Zivilisten zu retten und menschliches Leiden zu lindern. Zudem wandte sich die Organisation an die internationale Gemeinschaft. Auch der Weltsicherheitsrat meldete sich derweil zu Wort. Am Montag forderte er „den Schutz von Zivilisten in dem Lager, um einen humanitären Zugang zu dem Gebiet zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Versorgung mit lebensrettender Hilfe“. Dies teilte die jordanische Botschafterin Dina Kawar mit, die in diesem Monat die Leitung des Gremiums innehat.

PLO: Feuerpause herbeiführen

Der PLO-Vertreter Ahmed Madschdalani kündigte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP an, er wolle mit syrischen Vertretern diskutieren, „wie man unseren Leuten im Lager Jarmuk Hilfe anbieten kann“. Die Palästinensische Befreiungsorganisation habe alle Seiten aufgerufen, „sofort einzuwilligen, das Lager vor Bemühungen zu schützen, es in ein Schlachtfeld zu verwandeln“. Zivilisten müssten Zugang zu Hilfskorridoren und humanitärer und medizinischer Hilfe haben. „Wir müssen unsere Leute nicht in menschliche Schutzschilde verwandeln und den Preis für einen Kampf bezahlen, in dem sie keine Rolle einnehmen“, sagte Madschdalani. Die ranghohe PLO-Vertreterin Hanan Aschrawi appellierte indes an die internationale Gemeinschaft. Sie rief vor allem die UNO, die EU und die USA auf, eine dauerhafte Feuerpause für Jarmuk herbeizuführen. Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, bekundete große Besorgnis über die Krise in dem Flüchtlingslager. Er verurteilte „die scheußlichen Verbrechen des Islamischen Staates gegen unsere Leute“. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat wiederum kritisierte indirekt Israel angesichts der Lage in Jarmuk: Die Palästinenser „sind Leute, die unter Besatzung leben. Wenn Länder der Welt Krisen erleiden, kehren ihre Leute später in ihre Länder zurück, aber uns wird unser Recht auf Rückkehr verweigert, und wir leben selbst in Flüchtlingslagern in Gefahr“. Vorrang habe es, einen Korridor zu schaffen, damit die notleidenden Bewohner unbeschadet Jarmuk verlassen könnten. „Seit über 700 Tagen ist das Lager Opfer einer drakonischen Belagerung, die zum Hungertod von mindestens 200 Palästinensern geführt hat.“Der Palästinensische Rote Halbmond verurteilte am Montag einen Angriff auf das von ihm geführte Krankenhaus in Jarmuk. Drei freiwillige Helfer hätten dabei Verletzungen erlitten. Zudem sei hoher Sachschaden entstanden. Seit Beginn des Konfliktes seien sieben Angehörige des Krankenhauspersonals getötet worden. Alle Seiten müssten Zivilisten schützen. (eh)

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