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Österreichischer Außenminister Kurz in Israel

JERUSALEM (inn) – Der europäische Markt ist an einem Siedlungsboykott nicht interessiert. Diese Ansicht hat der österreichische Außenminister Sebastian Kurz am Dienstag in Jerusalem geäußert.
Auf Begegnung mit den Religionen bedacht: Außenminister Kurz (r.) an der Klagemauer

„Der europäische Markt will die Produkte nicht boykottieren“, sagte Kurz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman. „Es ist nicht zu befürchten, dass er die Einfuhr aus diesen Gebieten verhindern will.“ Vielmehr gehe es darum, dem Verbraucher mitzuteilen, woher die Erzeugnisse stammten. Dieser sei an der Information interessiert, ergänzte der 27-jährige Minister gemäß einem Bericht der israelischen Tageszeitung „Ma‘ariv“.
Lieberman spottete über Drohungen durch den Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, die Institution aufzulösen: „Ich weiß nicht mehr, wer dort droht, ob es Abu Masen (Abbas) ist oder Saeb Erekat. Das ist ihre Sache. Wir haben nicht vor, uns einzumischen. Und wir sind bereit für jedes Szenarium und für jede Entwicklung.“
Der israelische Außenminister äußerte Kritik an der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Diese hatte in der vergangenen Woche Israel gerügt, weil die Verbandsgemeinde Gusch Etzion erweitert werden soll und Siedler in ein Haus im arabisch dominierten Teil von Hebron ziehen durften. „Am selben Tag wurden in Ägypten, im Irak, in Libyen, in Syrien und an anderen Orten 870 Menschen getötet, aber sie hat das Haus in Hebron getadelt“, kommentierte Lieberman die Äußerungen. „Das ist eine unausgewogene Einstellung zum Problem im Nahen Osten. Israel ist eine Insel der Stabilität und Demokratie in einem Hurrikan von Blutvergießen und Gewalt. Wir erwarten mehr Verständnis für die einzige Demokratie hier in der Region.“
Bei dem Treffen der beiden Minister ging es unter anderem um die österreichische Beteiligung an der UNIFIL-Truppe im Libanon.
Uneinigkeit bestand angesichts eines Iran-Besuches, den Kurz für die kommende Woche plant. Israel sei darüber „nicht glücklich“, sagte Lieberman. Doch stehe es jedem Land frei, Regierungsvertreter dorthin zu schicken. Der österreichische Außenminister versprach, in Teheran Israels Sicherheitsbedürfnisse anzusprechen. Der Iran dürfe keine Möglichkeit bekommen, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen.

Junger Minister trifft altes Staatsoberhaupt

Kurz kam auch mit dem israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres zusammen. Er dankte dem 90-Jährigen für dessen Besuch in Österreich im vergangenen Monat, der die Beziehungen der Länder gestärkt habe. „Im Namen der jungen Generation in Österreich empfinde ich eine historische Pflicht, die Beziehungen zwischen Österreich und Israel zu fördern“, zitiert das israelische Präsidialamt den Minister. „Ich bin gekommen, um etwas über die aktuelle Lage zu erfahren und in der Tiefe die Herausforderungen zu verstehen, mit denen der Staat Israel konfrontiert ist.“
Peres sprach von einem kritischen Zeitpunkt beim Friedensprozess mit den Palästinensern. Des Weiteren äußerte er sich zum iranischen Atomproblem: „Die Sanktionen gegen den Iran müssen bis zur Vollendung der Verhandlungen der Großmächte mit dem Iran andauern. Der Iran stellt dem Terror Waffen zur Verfügung, sorgt für Zerstörung in der Welt und steht sogar hinter dem Regime in Syrien – die Politik der iranischen Führung ist eine echte Gefahr für die gesamte Welt.“
Am Mittwoch traf sich der österreichische Minister mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu. Dieser eröffnete das Gespräch nach Angaben des israelischen Außenministeriums mit den Worten: „Sie kommen zu einem wichtigen Zeitpunkt. Wir versuchen, die Verhandlungen mit den Palästinensern wieder in Gang zu bringen. Jedesmal wenn wir an diesen Punkt gelangen, schichtet Abu Masen zusätzliche Bedingungen auf, von denen er weiß, dass Israel sie nicht gewähren kann. Also bewegt er sich auf Frieden mit der Hamas zu, statt auf Frieden mit Israel. Er muss sich entscheiden, ob er Frieden mit der Hamas oder Frieden mit Israel möchte.“ Netanjahu machte diese Äußerungen im Blick auf die aktuellen Versöhnungsgespräche zwischen Vertretern der Hamas und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO).

„Historische Verantwortung für österreichische Geschichte“

Zum Auftakt seines offiziellen Besuchsprogrammes hatte Kurz am Dienstag die Holocaust-Gedenkstätte in Yad Vashem besucht. In das Gedenkbuch schrieb er laut des Internetportals „Nachrichten.at“: „Ich stehe hier als Vertreter Österreichs im vollen Bewusstsein der Last der Geschichte und der historischen Verantwortung, die wir Österreicher schultern müssen.“
Die Generation, die er repräsentiere, und die folgenden Generationen hätten die Verpflichtung, niemals das furchtbare Verbrechen, den Mord an sechs Millionen Juden, zu vergessen, sagte der Politiker der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Der Besuch der Gedenkstätte habe ihn darin bestärkt, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der kein Platz für Vorurteile, Antisemitismus und Rassismus sei.
Am Montagabend hatte sich Kurz mit Großmufti Mohammad Husseini getroffen. Ein Gespräch mit Oberrabbiner David Baruch Lau folgte am Dienstag. Der österreichische Minister will bei Auslandsbesuchen auch mit religiösen Führern zusammenkommen. Zu seiner Delegation gehören führende Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in der Alpenrepublik.
Am Mittwochnachmittag will Kurz in Ramallah unter anderen den PA-Präsidenten Abbas treffen.

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