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Grab Jesu vom Einsturz bedroht

Das Grab Jesu in der Jerusalemer Grabeskirche, die heiligste Stätte des Christentums, ist einsturzgefährdet. Nach langen Verhandlungen haben sich die zerstrittenen großen Kirchen auf die Renovierung geeinigt. Der jordanische König kündigte unterdessen an, die Kosten für die Arbeiten zu übernehmen.
Die Statik der Grabkapelle ist gefährdet
Die Grabkapelle in der Jerusalemer Grabeskirche droht einzustürzen. Die Schritte Tausender Pilger haben den Mörtel zwischen den dunkelroten Marmorplatten zerstört. Die Platten lösen sich aus den Fugen. Die Vertreter der drei großen Kirchen vor Ort achten zwar akribisch darauf, dass keiner seinen jeweiligen christlichen Gottesdienst auch nur um fünf Minuten verlängert – Prozessionen und heilige Handlungen werden nach der Stoppuhr eingeteilt –, aber Griechen, Lateiner und Armenier sind hoffnungslos zerstritten. Am 17. Februar 2015 hatte Israel genug von der Dauergefährdung ahnungsloser Touristen: israelische Polizisten sperrten einige Stunden lang das Grab und verwiesen kurzerhand die darin wachenden Priester des Gebäudes. Israels klare Botschaft: einigt Euch, um das Ädikül über dem traditionellen Grab einvernehmlich zu renovieren. Ein Jahr lang verhandelten die drei großen Kirchen. Am 22. März einigten sie sich schließlich auf eine gemeinschaftliche Finanzierung der Renovierungsarbeiten. Diese sollen von einem griechischen Team ausgeführt werden und bis Anfang 2017 abgeschlossen sein. Die Kosten für die Renovierung wurden mit etwa vier Millionen Euro angegeben, wobei es hieß, dass die drei Kirchen jeweils ein Drittel der Summe spenden wollten. Eine griechische Bank versprach zudem 50.000 Euro für die Gerüste, unter der Bedingung, dass auf allen Baumaschinen ihr Namensschild prangern sollte.

Eine Spende aus Jordanien

Am Sonntag meldete sich zudem der jordanische König Abdullah II. mit einem „königlichen Segen“ („Makruma“) und kündigte an, die Kosten für die Renovierung aus eigener Tasche zu bezahlen. Der griechische Patriarch der Heiligen Stadt Jerusalem, ganz Palästinas und Jordaniens, Kyrios Kyrios Theophilos III., lobte die Rolle Seiner Majestät als Hüter der christlichen wie muslimischen heiligen Stätten im Heiligen Land. Abdullahs Vater, König Hussein, hatte 1993 aus eigener Tasche die Vergoldung der Kuppel des Felsendoms finanziert, ein anderes Wahrzeichen Jerusalems. Welchen Anteil der jordanische König, ein direkter Nachkomme des Propheten Mohammad, beisteuern oder ob er die gesamten Kosten übernehmen will, ging aus einer Meldung der staatlichen jordanischen Nachrichtenagentur „Petra“ nicht hervor.

Das Grab Jesu hat eine bewegte Geschichte

Jesus wurde in einem rund 3.000 Jahre alten Steinbruch in der Grabhöhle des Josef von Arimathäa bestattet. Den Steinbruch hatte König Salomo für die Gewinnung von Bausteinen für seinen Tempel angelegt. In der Zeit Jesu wurden die Toten in Tücher gewickelt in offenen Gräbhöhlen auf Steinbahren gelegt. Nach sechs Monaten wurden die Knochen eingesammelt und in steinerne Grabkästen, sogenannte Ossuarien, gepackt. Um einen „Diebstahl“ der Leiche Jesu zu verhindern, standen römische Legionäre Wache. Nach drei Tagen kamen die Frauen aus der Gefolgschaft Jesu und entdeckten, dass die Grabhöhle leer war. Jesus war von den Toten wieder auferstanden und hatte das Grab unbemerkt verlassen. Unklar ist, wie diese Grabhöhle ausgesehen haben könnte, zumal keine zehn Meter von dem traditionellen Grab Jesu entfernt tatsächlich 2.000 Jahre alte jüdische Grabstätten in der Felswand des Steinbruchs gefunden worden sind. Sie können in einer stark vernachlässigten syrisch-armenischen Kapelle besucht werden, die sich hinter dem Grab Jesu befindet, gegenüber dem von syrisch-orthodoxen Priestern bewachten „Eingang“ zum Grab Jesu. Unklar ist, ob das Grab Jesu ein separater Bau war oder ob es auch in den Fels gehauen war. Im 3. Jahrhundert „entdeckte“ Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, die Grabstätte und ließ ein erstes Gebäude darüber errichten. Dieses ist nicht erhalten. Das erste Grabmal wurde vom ägyptisch-schiitischen Herrscher Al-Hakim im Jahr 1009 zerstört und später von den Kreuzfahrern neu überbaut. Nach einem Brand, der die darüber errichtete Grabeskirche fast völlig zerstörte, wurde 1810 mit roten Marmorplatten und kitschigen Türmchen ein neues Grabmal errichtet, das bis heute dort steht. Wegen schwerer Beschädigungen durch das Erdbeben 1927 haben die Briten dem Bauwerk ein hässliches Korsett aus grau angestrichenen Stahlträgern verpasst.

Mögliche Suche nach dem Original-Grab

Im Rahmen der Renovierungsarbeiten sollen die britischen Stahlgerüste und die Marmorplatten aus dem 19. Jahrhundert abgetragen und für eine mögliche Wiederverwendung gesäubert werden. Ob dabei tatsächlich Reste des Kreuzfahrerbaus und des ursprünglichen Grabmals der Helena freigelegt werden können, ist noch unklar. Christliche Archäologen wie Bargil Pixner forderten schon vor Jahren, sämtliche Überbauten ab der Epoche der Helena abzutragen, um vielleicht gar Überreste des Originalgrabes aus der Zeit Jesu zu finden. Weil sich Griechisch-Orthodoxe, Franziskaner, Armenier, Syrer, Äthiopier und ägyptische Kopten ständig streiten und Mönche wie Popen gelegentlich mit Altarkerzen und Kruzifixen aufeinander einprügeln, liegt die Schlüsselgewalt zu dem einzigen Kirchentor der Grabeskirche bei zwei muslimischen Familien. Sie werden von den Christen für ihren Dienst bezahlt, was bedeutet, dass die Christen an ihrer heiligsten Stätte Untermieter von Moslems sind. Für die Sicherheit sind zudem israelische Polizisten zuständig. Sie müssen immer wieder zwischen den streitenden Parteien schlichten. (uws)

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