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Gaza-Konflikt: Militäranwalt legt erste Untersuchungsergebnisse vor

Der Militäranwalt der israelischen Armee, Generalmajor Danny Efroni, hat erste Untersuchungsergebnisse zu möglichen israelischen Verbrechen während des Gaza-Kriegs vorgelegt. Von etwa 100 konkreten Vorfällen wie dem Beschuss von Krankenhäusern, UNO-Schulen und Ambulanzen befinden sich noch etwa 85 in unterschiedlichen Stadien der Untersuchung.
Die Untersuchungen zu Angriffen auf UN-Einrichtungen, wie diese Schule in Dschabalija, laufen noch.
Auf 20 Seiten beschreibt Efroni sein Vorgehen. Erst einmal werde die Glaubwürdigkeit der Palästinenser sowie israelischer, palästinensischer und internationaler Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) geprüft, die Beschwerde eingelegt hätten. In manchen Fällen klafft die Zahl der angegebenen Todesopfer beim gleichen Ereignis auseinander. Die Angaben wurden dann mit Informationen der Militärs verglichen. Entsprechend hat der Militäranwalt daraufhin einige Akten geschlossen. Gemäß israelischem und internationalem Recht liege kein Verschulden der israelischen Truppen vor. Andere Fälle seien zwecks weiterer Prüfungen offen geblieben. In Fällen von Plünderungen und Misshandlung eines Gefangenen sei eine strafrechtliche Untersuchung gegen Soldaten angeordnet worden. Übereinstimmend hatten mehrere NGOs den Tod von sechs Mitgliedern der Familie Hamed am 8. Juli 2014 beklagt. Später fügte eine NGO noch einen weiteren Toten hinzu. Die Untersuchung ergab, dass der Angriff dem Bataillonskommandeur der Terrorgruppe Islamischer Dschihad, Hafet Hamed, sowie anderen „Terroristen“ gegolten habe. Von sieben Toten seien drei Terroristen gewesen. Die israelischen Militärs hätten sich bemüht, den Tod von Unbeteiligten zu vermeiden. Zivilisten seien „nicht sichtbar gewesen“. Akte geschlossen. Zum Beschuss einer Klinik der Hilfsorganisation „Roter Halbmond“ in Dschabalija am 9. Juli 2014 gab es Klagen über Verletzte. In Dutzenden Metern Entfernung habe die Hamas Raketen abgeschossen. Die Krankenstation sei den Israelis als „empfindlicher Ort“ bekannt gewesen. Deshalb sei Munition mit geringer Sprengkraft ausgewählt worden. Der Angriff habe zudem mitten in der Nacht stattgefunden. Akte geschlossen. Im Fall des Todes von zwei Frauen im Alambra-Zentrum für Behinderte in Beit Lahija am 12. Juli 2014 beschreibt der Anwalt, wie die Militärs mit telefonischen Anrufen und Warnschüssen die Zivilisten zur Flucht aufgefordert hätten, ehe das Waffenlager eines hochrangigen Hamas-Kommandeurs in dem Haus mit vier Wohnungen angegriffen wurde. Nachdem keine Zivilisten mehr zu entdecken waren, erfolgte der Angriff mitten in der Nacht. Wenn sich dennoch Zivilisten in dem Haus aufhielten, sei das eine „bedauerliche Folge“. Gleichwohl sei das Waffenlager ein „legitimes Ziel“ gewesen. Akte geschlossen. Mehrere NGOs beklagten wiederholte „unrechtmäßige“ Angriffe auf das Al-Wafa-Hospital (11. bis 23. Juli 2014). Nach Angaben des Militäranwalts hatte die Hamas auf dem Dach und in oberen Stockwerken des Gebäudes Beobachtungsgeräte installiert. Aus unmittelbarer Nähe des Hospitals seien israelische Truppen beschossen worden. Alle Patienten seien evakuiert worden. Das Krankenhaus sei eine militärische Stellung gewesen. Den israelischen Soldaten könne keine kriminelle Handlung vorgeworfen werden. Akte geschlossen. Beim Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza wurde laut Medienberichten am 28. Juli 2014 ein Spielplatz angegriffen. Zehn Personen, darunter neun Kinder, wurden getötet. Echtzeit-Überwachungssysteme der Israelis hätten festgestellt, dass die Kinder und das Schifa-Hospital von einer Raketensalve der Hamas oder des Islamischen Dschihad getroffen worden seien. Im Fall des Todes von Krankenwagen-Fahrern in Chan Junis am 25. Juli 2014 sowie in der Nähe eines Krankenhauses in Beit Hanun am selben Tag wurden kriminelle Untersuchungen gegen beteiligte Soldaten eingeleitet. Möglicherweise hätten sie gegen Regeln verstoßen. Auch der Tod von 27 Zivilisten im Abu-Dschama-Haus in Chan Junis am 20. Juli 2014 könnte gerichtliche Folgen für die beteiligten Soldaten haben. Eine strafrechtliche Untersuchung wurde in vier Fällen wegen möglicher Plünderungen eingereicht, über die sich Palästinenser beklagt haben. Geschlossen wurde die Akte zum Angriff auf ein Haus mit einer von der Hamas verwendeten Antenne. Nach einem ersten Angriff seien die Bewohner zurückgekehrt. Eine weitere abgeschossene Rakete konnte nicht mehr umgeleitet werden. Acht Menschen seien „bedauerlicherweise“ getötet worden, ohne Verschulden der Soldaten. Delikat war der Treffer auf ein mit „TV“ gekennzeichnetes Fahrzeug. Angeblich wurde der Journalist Ahmed Abdullah Mahmud Schahab im Rimal-Viertel von Gaza am 9. Juli 2014 getötet. Der Militäranwalt behauptet, dass die TV-Kennzeichnung nicht erkennbar gewesen sei. Zudem hätten Drohnen in Echtzeit gesehen, wie das Fahrzeug für den Transport von Waffen und Kämpfern verwendet worden sei.

Hälfte der Getöteten waren Kämpfer

Noch offen sind Vorfälle, die große Medienaufmerksamkeit erhielten, darunter der Tod von vier Kindern am Strand von Gaza und der Beschuss einer Schule der UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) in Beit Hanun. Das Gebäude diente als Notunterkunft für Flüchtlinge. 27 Palästinenser kamen ums Leben. Das israelische „Meir Amit-Institut“ untersucht unabhängig vom Militäranwalt alle 2.157 vom palästinensischen Gesundheitsministerium veröffentlichten Namen getöteter Palästinenser während des Gaza-Kriegs. Bisher wurden 900 Namen geprüft. Nachdem doppelt angeführte Namen entfernt und nicht aufgeführte „Terroristen“ hinzugefügt worden seien, ergibt sich, dass die Hälfte aller Getöteten Kämpfer waren und nicht – wie oft behauptet – „überwiegend Frauen und Kinder“.

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