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Erneuter Wirbel um Ikone der Intifada

JERUSALEM (inn) – Mit fast 13-jähriger Verspätung hat die israelische Regierung einen heimlich erarbeiteten Report zu dem angeblichen Tod des 12-jährigen palästinensischen Jungen Mohammed al-Dura veröffentlicht.
Auch in der Hauptstadt von Mali, Bamako, wurde Mohammed al-Dura ein Denkmal gesetzt.

Vor laufender Kamera des französischen Senders „France 2“ wurde an der Netzarim-Kreuzung im Gazastreifen am 30. September 2000, einen Tag nach Ausbruch der Intifada, Al-Dura vermeintlich von israelischen Soldaten erschossen. In den veröffentlichten 59 Sekunden sieht man den Vater Dschamal mit seinem Sohn hinter einer Betontonne sitzen. Der Knabe saß zunächst aufrecht und lag in der nächsten Szene tot oder verletzt auf dem Schoß seines Vaters. Charles Enderlin, Jerusalemer Bürochef von „France 2“, verteilte die Filmaufnahmen seines Kameramannes Talal Abu-Rahme kostenlos.
Die Bilder hatten eine verheerende Wirkung. Hunderte Israelis wie Araber wurden wegen dieser Bilder getötet. Al-Qaida-Kämpfer köpften in Pakistan den amerikanischen Journalisten Daniel Pearl aus „Rache“ für Al-Dura und verbreiteten die grausame Szene im Internet. Die Al-Dura-Affäre brachte Israel in den Verruf, bei der Intifada absichtlich Kinder umzubringen. In der arabischen Welt wurden die Bilder auf Briefmarken und mit Denkmälern verewigt.
In dem neuen 44 Seiten langen Report wurden erneut die Umstände der Schießerei an der Netzarim-Kreuzung, Aussagen des Kameramannes und des „France 2“-Korrespondenten und anderes längst bekanntes Material zusammengetragen. Israelische Soldaten einer nahegelegenen Stellung hätten wegen der Schusswinkel unter keinen Umständen den Jungen erschießen und seinen Vater verletzen können. Weiter heißt es, dass Palästinenser an der Stelle Verwundungen inszeniert hätten.

Vermutung erstmals offen geäußert

Journalisten wie Esther Schapira vom HR und Experten hatten den Fall in den vergangenen Jahren mit Filmen und Berichten ausführlich dokumentiert und mit gebührender Vorsicht nur festgestellt, dass viele veröffentlichte Details offenkundig falsch waren. Die Autoren des Regierungsreports hingegen kamen zu dem Schluss, dass Mohammed al-Dura weder verletzt noch getötet worden sei. In einer von „France 2“ erst bei einem Verleumdungsprozess in Paris gegen Philippe Karsenty freigegebenen Szene aus dem Rohmaterial kann man deutlich sehen, wie der angeblich schon tote, am Boden liegende, aber nicht sichtbar verletzte Junge die Hand hebt, weil ihn die Sonne blendete. So spricht die israelische Regierung aus, was andere zuvor vermuteten, aber nicht wagten, öffentlich zu äußern: Wenn er nicht gestorben ist, bei anderer Gelegenheit, ist Al-Dura bis heute am Leben.
Kurz nach dem Vorfall, im Oktober 2000, hatten israelische Offiziere die „Verantwortung“ für den Tod des Kindes „eingestanden“, obgleich damals schon Zweifel bestanden. Die Regierung hoffte, so den Vorfall und die dramatischen Filmaufnahmen „einschlafen und in Vergessenheit geraten zu lassen“.
Jetzt, mit der Veröffentlichung des Reports unter Federführung des stellvertretenden Ministers Jossi Kuperwasser, kam es erneut zu einem großen Wirbel.

Vater stimmt Exhumierung zu

Eine israelische Menschenrechtsorganisation, „Schurat Hadin“, forderte ein Veröffentlichungsverbot für den Journalisten Charles Enderlin und eine Schließung des Büros von „France 2“. Dschamal al-Dura, der Vater des Jungen, erklärte, dass er einer Exhuminierung der Leiche seines Sohnes zustimme, damit diese von einer „internationalen Kommission“ untersucht werden könne. Der Journalist Enderlin, selber Israeli und früherer Mitarbeiter beim israelischen Militärsprecher, kritisierte, nicht befragt worden zu sein. Kuperwasser konterte, dass die eidesstattlichen Aussagen Enderlins und seines Kameramannes vorgelegen hätten. Der ehemalige Finanzminister Juval Steinitz und andere Likud-Abgeordnete meinten, dass die Affäre eine moderne Neuauflage der mittelalterlichen Blutlegenden gegen Juden sei, dass aber am Ende die Wahrheit ans Licht komme.
Der Kadima-Abgeordnete und ehemalige stellvertretende Leiter des Inlandsgeheimdienstes Schabak, Israel Hasson, beklagte, dass der Report neues Öl für die Lügenpropaganda gegen Israel sei. Weder sei die Leiche untersucht worden, noch lägen die Kugeln vor, die Al-Dura angeblich getötet haben. Die Regierung hätte lieber schweigen sollen, anstatt die Geschichte erneut in die Schlagzeilen zu bringen.
Sollte es nicht wieder zu Verzögerungen kommen, wird mit der Urteilsverkündung in Paris bei dem Prozess von „France 2“ gegen Karsenty am morgigen Mittwoch gerechnet. Auf der Kippe steht nicht nur der Ruf des jüdisch-französischen Politikers Karsenty, sondern auch die Glaubwürdigkeit des französischen Staatssenders. Es wird vermutet, dass die israelische Regierung mit der Veröffentlichung der zunächst geheimgehaltenen Untersuchung auf den Prozess zugunsten von Karsenty einwirken wollte.

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