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Yad Vashem: Papst-Information aktualisiert

JERUSALEM (inn) – Die Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem hat eine Informationstafel zu Papst Pius XII. modifiziert. Vorwürfe, dass sie aufgrund von Druck aus dem Vatikan gehandelt hätten, wiesen die Verantwortlichen zurück.
Yad Vashem informiert mit einer aktualisierten Schrifttafel über Papst Pius XII.

In einer Mitteilung weist Yad Vashem darauf hin, dass im Jahr 2005 ein neues Museum eröffnet wurde. Die Texte hätten auf der bis dahin bekannten Forschung basiert. Nun habe die Gedenkstätte auf Empfehlung ihres Internationalen Institutes für Holocaustforschung die Tafel aktualisiert, die sich auf die Aktivitäten des Vatikan im Krieg bezieht. Dadurch solle ein komplexeres Bild präsentiert werden als bislang.
Im Jahr 2009 hätten Teilnehmer eines Seminars neue Forschungsergebnisse vorgestellt, die teilweise durch die Öffnung der Archivsammlungen möglich geworden seien. Die Veranstaltung stand unter dem Titel „Papst Pius XII. und der Holocaust – der aktuelle Stand der Forschung“. Doch vieles bleibe noch offen. „Erst wenn alles Material verfügbar ist, wird sich ein klareres Bild abzeichnen“, schreibt Yad Vashem.
Das Seminar hatte der mittlerweile verstorbene Professor David Bankier initiiert. Er habe auch einen Entwurf für einen aktualisierten Informationstext angeboten. Dieser wurde von Forschern des Instituts in seine endgültige Form gebracht. „Yad Vashem freut sich auf den Tag, an dem die Vatikan-Archive für Forscher offen sein werden, so dass ein klareres Verständnis für die Ereignisse erreicht werden kann“, heißt es weiter.
Auseinandersetzung für Besucher erklärt
Die Mitarbeiter der Gedenkstätte nennen einen weiteren Grund für den Austausch des Hinweisschildes: „Die Tafel hatte angemerkt, dass die Reaktion von Papst Pius XII. Stoff für eine Auseinandersetzung ist. Manche Besucher des Museums verstanden die Auseinandersetzung nicht. Die Tafel stellt diese Auseinandersetzung jetzt detaillierter dar. Natürlich kann keine Tafel in einem Museum jemals jedes Thema vollständig erklären, und für diejenigen, die mehr erfahren möchten, haben die Bibliothek und die Archive in Yad Vashem eine Fülle von Material. Die Wissenschaftler und Historiker von Yad Vashem erforschen weiter viele Aspekte der Geschichte des Holocaust. In den vergangenen Jahren sind im ganzen Museum Korrekturen gemacht worden. Sollten weitere Aktualisierungen in den Museen nötig sein, werden diese ebenfalls stattfinden.“
Der neue Text lautet: „Der Vatikan, unter Pius X., Achille Ratti, und vertreten durch den Staatssekretär Eugenio Pacelli, hat im Juli 1933 ein Konkordat mit Nazideutschland unterzeichnet, um die Rechte der Katholischen Kirche in Deutschland zu wahren.
Die Reaktion von Pius XII., Eugenio Pacelli, auf den Mord an den Juden während des Holocaust ist unter Gelehrten Stoff für eine Auseinandersetzung. Vom Beginn des Zweiten Weltkrieges an behielt der Vatikan eine Politik der Neutralität bei. Der Pontifex sah davon ab, die Erklärung der Alliierten vom 17. Dezember 1942 zur Auslöschung der Juden zu unterzeichnen. Doch in seiner Weihnachtsradioansprache am 24. Dezember 1942 nahm er Bezug auf die ‚Hunderttausenden Personen, die ohne jegliche Schuld von ihrer Seite, manchmal nur wegen ihrer ethnischen Abstammung (stirpe) zum Tode oder zur langsamen Verelendung verurteilt sind‘. Juden wurden nicht ausdrücklich genannt. Als Juden von Rom nach Auschwitz deportiert wurden, protestierte der Pontifex nicht öffentlich. Der Heilige Stuhl appellierte um der Juden willen einzeln an die Herrscher der Slowakei und Ungarns. Die Kritiker des Papstes beteuern, dass seine Entscheidung, den Mord an den Juden durch Nazideutschland nicht zu verurteilt, ein moralisches Scheitern darstelle: Der Mangel an klarer Führung habe vielen den Raum gegeben, mit Nazideutschland zu kollaborieren, beruhigt durch den Gedanken, dass dies den moralischen Lehren der Kirche nicht widerspreche. Er überließ die Initiative, Juden zu retten, auch einzelnen Geistlichen und Laien. Seine Verteidiger beharren darauf, dass diese Neutralität schärfere Maßnahmen gegen den Vatikan und die Einrichtungen der Kirche in ganz Europa verhindert habe – dadurch habe sie eine beträchtliche Zahl geheimer Rettungsaktivitäten auf verschiedenen Ebenen der Kirche ermöglicht. Darüberhinaus verweisen sie auf Fälle, in denen der Pontifex Aktivitäten ermutigt hat, in denen Juden gerettet wurden. Bis alles relevante Material den Gelehrten zugänglich ist, wird dieses Thema für weitere Nachforschungen offen bleiben.“
Der römische Oberrabbiner Riccardo Di Segni kritisierte die Änderung gegenüber dem Internetportal „Vatican Insider“. Seine historische Einschätzung des Verhaltens von Pius XII. während der Schoah bleibe kritisch. Dass die Tafel ersetzt wurde, „erscheint mir als eine bequeme Lösung“.

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