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Rechtsextreme Unterstützung für Olympia-Attentat?

MÜNCHEN (inn) – Die palästinensischen Attentäter der Olympischen Spiele 1972 in München haben mit deutschen Neonazis zusammengearbeitet. Dies geht nach Angaben des Hamburger Magazins „Der Spiegel“ aus Akten des Verfassungsschutzes hervor.
Skulptur in Tel Aviv zum Gedenken an die ermordeten israelischen Athleten

Dem „Spiegel“-Bericht zufolge wurden am 27. Oktober 1972 zwei Verdächtige im Haus des ehemaligen Waffen-SS-Mannes Charles Jochheim in München festgenommen: Willi Pohl und Wolfgang Abromowski. Sie hatten Waffen bei sich, die ausschließlich für Saudi-Arabien hergestellt wurden. Es handelte sich dabei um belgische Granaten mit schwedischem Sprengstoff. Bei dem gescheiterten Befreiungsversuch der israelischen Geiseln in Fürstenfeldbruck hatten die palästinensischen Terroristen Handgranaten desselben Fabrikats verwendet. Parallelen gab es auch bei weiteren Waffen, die sich im Besitz der Deutschen befanden.
Pohl und Abromowski hatten nach den Olympischen Spielen Anschläge in der Bundesrepublik geplant. Diese wurden durch die Festnahme vereitelt, nachdem die beiden Neonazis an die Sicherheitskräfte verraten worden waren. Unter den Papieren, die sie mit sich führten, war „ein Drohbrief an einen Münchner Richter, der eines der erschütterndsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte aufklären sollte – das Massaker während der Olympischen Sommerspiele“, schreibt der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe. Der Richter ermittelte gegen die drei Überlebenden der Attentäter, die unter dem Namen „Schwarzer September“ aufgetreten waren.

„In dem Brief drohte der ‚Schwarze September‘ dem Juristen mit Vergeltung, ‚falls er weiterhin israelische Geheimdienstbeamte an den Vernehmungen der Olympia-Terroristen teilnehmen lasse‘“, heißt es weiter in dem Bericht. „Dass dies kein Scherz rechtsextremer Trittbrettfahrer war, bewies die Untersuchung der bei Pohl und Abromowski beschlagnahmten Waffen.“ Pohl hatte sich in einem Dortmunder Hotel mit einem Mann getroffen, der unter dem Namen „Saad Walli“ dort abgestiegen war. Dies war ein Deckname des palästinensischen Terroristen Abu Daud. Aus den jetzt freigegebenen Unterlagen geht nicht hervor, dass Polizei oder Verfassungsschutz einem entsprechenden Hinweis nachgegangen wären. Weil „Walli“ auf der Suche nach einem Passfälscher war, machte ihn Pohl mit seinem früheren Gefängniskumpel Abromowski bekannt.
Die beiden Neonazis wurden zu Haftstrafen von 26 und acht Monaten verurteilt. Pohl setzte sich vier Tage nach dem Richterspruch in die libanesische Hauptstadt Beirut ab. „Über die Gründe für so viel Nachsicht findet sich in den Akten nichts“, merken die „Spiegel“-Autoren an.
„Willi Pohl ist heute ein unter anderem Namen erfolgreicher Krimi-Autor, der sich schon vor Jahrzehnten von Terrorismus und Gewalt glaubhaft losgesagt und darüber einen Roman geschrieben hat. Das Drehbuch für manchen norddeutschen ‚Tatort‘ stammt aus seiner Feder“, schreibt das Magazin. Der 68-Jährige teilte gegenüber den Autoren mit, er sei nahezu sicher, dass er seinerzeit unwissend in die Vorbereitungen des Olympia-Attentats eingebunden war: „Ich habe Abu Daud quer durch die Bundesrepublik chauffiert, wo er sich in verschiedenen Städten mit Palästinensern getroffen hat.“ Nach eigener Aussage verließen er und Abromowski Ende Juli 1972 die Bundesrepublik. Sie seien über Rom in den Libanon gereist.

In dem Artikel „Braune Hilfe“ fragen die Verfasser Felix Bohr, Gunther Latsch und Klaus Wiegrefe: „Muss die Geschichte des Olympia-Anschlags aufgrund dieser bisher geheimen Quellen in neuem Licht betrachtet werden?“ Sie kommen zu dem Schluss, dass dies teilweise notwendig sei: „Denn bislang gingen viele Experten davon aus, dass es Linksextremisten waren, die mit dem ‚Schwarzen September‘ in Verbindung gestanden und beispielsweise bei der Besorgung von Unterkünften geholfen hätten.“ Mehrere Indizien hätten auch dafür gesprochen, etwa ein „Jubelpamphlet“ von RAF-Gründerin Ulrike Meinhof. Doch habe der „Schwarze September“ keine Logishilfe gebraucht.
Die „Spiegel“-Autoren zitieren aus einer Zusammenfassung des Verfassungsschutzes in einem Schreiben an den Bundesnachrichtendienst Anfang 1973: Es lägen „keine Erkenntnisse“ vor, dass deutsche Linksextremisten den Attentätern Unterstützung gewährt hätten, hieß es dort.

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