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Mit dem Smartphone im Heiligen Land

Wer in Israel auf Abwege gerät und ein Smartphone dabei hat, kann getrost sein. Die Behörden brauchen nicht lange, um ihn zu entdecken. Eine Beobachtung von Ulrich W. Sahm
Mit eine Smartphone können Menschen in Israel nicht nur Sehenswürdigkeiten fotografieren. Es hilft notfalls auch, sie wieder aufzuspüren.

Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz (Blau-Weiß) erklärte kürzlich sechs palästinensische Zivilorganisationen zu „Terrorgruppen“, weil sie aus Europa stammende Spenden und Hilfsgelder an die „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) weiterleiten. Diese Terrorvereinigung hat sich in den vergangenen Jahren mit vielfachen Morden an Israelis hervorgetan. Natürlich wiesen die palästinensischen Organisation die Vorwürfe empört zurück und versuchen jetzt, Rache zu nehmen. Sie behaupten, dass ihre Handys durch die israelische Software „Pegasus“ gehackt worden seien. Sie forderten gar die UNO auf, diesen Vorfall zu untersuchen und Israel dafür zu verurteilen.

Die Geschichte wirft allerdings Fragen auf. Wie soll die kostbare Software in die Handys der Aktivisten gelangt sein? Sie dürfte kaum vom Himmel gefallen sein. Vielmehr kann man sich vorstellen, dass die Palästinenser vielleicht beim Einrichten ihrer Handys auf einen falschen Knopf gedrückt haben.

Doch auch das klingt eher unwahrscheinlich. Denn NSO, der israelische Inhaber von „Pegasus“, verkaufe seine Software für viel Geld nur an Regierungen. Die wiederum setzen das Programm ein, um unliebsame Regimegegner oder Journalisten zu überwachen und schlimmstenfalls zu verhaften. Es ist also nicht anzunehmen, dass die israelische Firma ihr Programm kostenlos an irgendwelche Aktivisten abgibt.

Wahrscheinlich ist den Aktivisten aufgefallen, dass die israelischen Sicherheitskräfte sie immer wieder genau orten, vor allem wenn es ihnen darum geht, Terroranschläge zu verhindern. Ob dazu „Pegasus“ eingesetzt wird oder eine andere Software, ist unbekannt.

„Dein Freund und Taxi“

Zufällig haben wir ganz privat eine Begegnung mit diesen israelischen Fähigkeiten erlebt: Unser Hausgast hatte gemeldet, dass er am „Abend“ heimkehren wolle. Nach Mitternacht war er immer noch nicht angekommen. Uns war bekannt, dass er bei seinem Fußmarsch vom Stadtzentrum stets einen öffentlichen Park passiert, wo es immer wieder palästinensische Mordanschläge gegeben hat. Wir machten uns also Sorgen und riefen die Polizei an. Die bat um seine Handynummer und versprach, sich um den „Vermissten“ zu kümmern.

Es verging nicht viel Zeit, bis die Polizei tatsächlich anrief. Der Vermisste sei wohlauf und halte sich in der Wohnung von Studienfreunden im Stadtzentrum auf. Später erzählte unser Hausgast, dass Polizisten bei jener Wohnung aufgetaucht seien und nach ihm gefragt hätten. Nachdem er sich ausgewiesen hatte, boten sie ihm als Dienstleistung sogar an, ihn in ihrem Streifenwagen nach Hause zu bringen, nach dem Motto: „Die Polizei, dein Freund und Taxi“.

Es stellt sich heraus, dass die israelischen Sicherheitsdienste die Fähigkeit haben, flächendeckend im ganzen Land jedes Handy zu orten. Dazu müssen die Telefongeräte nicht einmal gehackt werden.

Diese Fähigkeit hat sich nicht nur bei der Suche nach bestimmten Personen bewährt. Sie wird auch eingesetzt, um alle Menschen in einem bestimmten Gebiet zu warnen, etwa wenn es Raketenalarm gibt. Dann klingeln nicht nur die Telefone aller dort ständig lebenden Personen, sondern auch von Besuchern, die sich gerade in der betroffenen Gegend aufhalten.

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