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Ein AFP-Bericht lässt genaue Formulierungen vermissen

Auf dem Tempelberg kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Eine französische Nachrichtenagentur berichtet, lässt sich allerdings zu Ungenauigkeiten verleiten. Eine Analyse von Ulrich W. Sahm
Foto und Bildunterschrift zeigen nur die halbe Wahrheit

„Menschen an der Al-Aqsa-Moschee fliehen vor Tränengas“ – so beginnt eine Bildunterschrift der französischen Nachrichtenagentur AFP. Weiter heißt es: „Auf dem Gelände der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem ist es am Sonntag zu Zusammenstößen zwischen palästinensischen Gläubigen und der israelischen Polizei gekommen.“ Das Bild illustriert einen Bericht über einen Vorfall vom Sonntag, der eine köstliche Verdrehung von Begriffen und Tatsachen enthält.

Das „Gelände der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem“ heißt entweder auf Arabisch „Haram Asch-Scharif“ oder aber in der jüdischen und christlichen Tradition „Tempelberg“. Mit „palästinensische Gläubige“ sind normalerweise „Moslems“ gemeint. Der hier verwendete Begriff klingt, als gäbe es eine palästinensische Religion, deren Gläubige sich auf dem besagten Gelände eingefunden hätten. Normalerweise wird der Begriff „Gläubige“ zusammen mit einer bekannten Religion verwendet: Islam, Christentum oder Judentum. Nur selten ist die Rede von deutschen, Schweizer oder österreichischen Gläubigen. Ob sich dort tatsächlich „Palästinenser“ aus den Autonomiegebieten aufhielten, oder aber Araber mit jordanischer Staatsangehörigkeit aus Jerusalem, ist unklar. In Ostjerusalem leben „Araber“ mit jordanischem Pass und keine „Palästinenser“.

Eine Frage des Anfangs

„Zusammenstöße mit der israelischen Polizei“ bedeutet in dem Fall, dass Moslems die Sicherheitskräfte mit Steinen und Stühlen beworfen haben, als sie erfuhren, dass die Polizei den Zutritt von „Juden“ gestattet habe. „Die Moscheebesucher verbarrikadierten sich laut Polizei am Sonntag in dem Gotteshaus, von wo aus sie Stühle und Steine auf die Sicherheitskräfte warfen“, heißt es bei AFP, während israelische Medien berichten, dass die Polizei in der Moschee Zuflucht vor den Wurfgeschossen gesucht habe.

„Die für die Verwaltung des Geländes zuständige Waqf-Stiftung erklärte, die Polizei habe Gummigeschosse und Pfefferspray eingesetzt“, heißt es da weiter, während in der Bildunterschrift steht, dass die Menschen vor Tränengas geflohen seien, was aber nicht zu sehen ist.

Inzwischen wurde bekannt, dass die besuchenden Juden niemanden attackiert haben. Vielmehr hätten die Moslems auf den Wegen des Areals Glassplitter verstreut, um die pilgernden Juden zu verletzen. Wegen der Heiligkeit des Ortes kommen viele Juden barfuß. Sollte jemand auf die Idee kommen, auf katholischen Pilgerwegen Glassplitter zu verstreuen, wo die Pilger sich auf ihren Knien rutschend bewegen, würde der Vatikan wohl eine empörte Verurteilung veröffentlichen.

Gebetsverbot für Juden

Die „Palästinenser“ protestierten mit der Aktion gegen die jüdischen Besucher, die sich in den palästinensischen Angaben freilich in „zionistische Extremisten“ oder „radikale illegale jüdische Siedler“ verwandelten. „Der Vorfall ereignete sich am Jerusalemtag, an dem der Eroberung des mehrheitlich palästinensischen Ostteils der Stadt durch Israel im Sechs-Tage-Krieg von 1967 gedacht wird. In diesem Jahr fällt der Feiertag in die letzten Tage des muslimischen Fastenmonats Ramadan, der am 4. Juni endet. Das Al-Aqsa-Gelände, von Juden als Tempelberg bezeichnet, liegt im Osten Jerusalems.“ Hier ist der AFP entgangen, dass Israel den Ostteil nicht von den Palästinensern erobert hat, sondern von Jordanien.

„Juden dürfen die Stätte nur zu festgelegten Zeiten besuchen und dort nicht beten, um Spannungen zu vermeiden. Am Jerusalemtag besuchen für gewöhnlich besonders viele Juden den Tempelberg, wo die jüdische Klagemauer steht, einziger Überrest des von den Römern im Jahr 70 zerstörten Zweiten Jüdischen Tempels.“ Es handelt sich nicht um den „einzigen Überrest des von den Römern im Jahr 70 zerstörten Zweiten Jüdischen Tempels“, sondern um einen Rest der äußeren Stützmauer des Tempelbergs. Die Unruhen brachen tatsächlich aus, weil die Polizei in diesem Jahr am „Jerusalemtag“ Juden den Zutritt erlaubt hat, während der Tempelberg sonst am Jerusalemtag versperrt bleibt, wegen befürchteter Unruhen durch die Moslems.

Ungenau ist diese Bemerkung: „Israel hatte den Ostteil Jerusalems samt der historischen Altstadt im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt und 1980 annektiert.“ Unerwähnt bleibt hier, dass Israel die Altstadt schon 1967 annektiert hat. „Die UNO erkennt die Annexion nicht an“, genauso wie sie die jordanische Besatzung zuvor nicht anerkannt hat. Die UNO betrachtet ganz Jerusalem als „Corpus Separatum“, das eigentlich den Vereinten Nationen unterstehen sollte.

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