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Hungerstreik von Gefangenen

Seit fast 60 Tagen befindet sich der Terrorist Muhammad Allaan im Hungerstreik. Palästinenser drohen mit einer dritten „Intifada“, falls Allaan sterben sollte. Israel ringt noch um den richtigen Umgang mit hungerstreikenden Häftlingen.
Palästinenser demonstrieren in Ramallah gegen Israels Umgang mit Hungerstreikenden. (Archivbild)
Muhammad Allaan gehört dem Islamischen Dschihad an, einer der radikalsten palästinensischen Organisationen. Israel hatte den Palästinenser verhaftet. Ohne klare Anklage wurde er mit richterlichem Befehl für sechs Monate ins Gefängnis gesteckt. Die Verwaltungshaft kann beliebig oft verlängert werden. Seit Wochen ringen Palästinenser und Israel um den richtigen Umgang mit hungerstreikenden Häftlingen. Kürzlich hat die Knesset im Eilverfahren ein Gesetz verabschiedet, das Ärzten die Zwangsernährung der Hungerstreikenden erlaubt, falls ihnen Lebensgefahr drohe. Das haben palästinensische Aktivisten sowie Knessetabgeordnete der arabischen „Vereinigten Liste“, abgelehnt, weil das „Folter“ bedeute. Ärzte demonstrierten gegen das Gesetz, weil eine gewaltsame ärztliche Behandlung von Patienten ihren ethischen Pflichten widerspreche. Doch gleichzeitig hat jeder Arzt den Eid geschworen, Menschenleben zu retten. Muhammad Allan befindet sich derzeit im Barzilai-Hospital in Aschkelon, nachdem er im Gefängnis immer schwächer geworden war. Die Gefängnisärzte durften ihm nicht einmal Blutdruck oder Puls messen, um zu ermitteln, ob sein Leben akut gefährdet sei.

Zusammenstöße zwischen Arabern und Juden

Im Barzilai-Hospital verlor Allan das Bewusstsein, was die Ärzte vor ein Dilemma stellte. Zwar wussten sie, dass Allan gegen eine lebensrettende Behandlung war. Nun konnte er sich nicht mehr wehren. Ohne genaue Angaben zu veröffentlichen, hieß es aus dem Krankenhaus, der Gefangene sei an Infusionen angeschlossen worden, um seinen Körper mit Mineralien und anderen Flüssigkeiten zu stärken. Ob er zwangsernährt werde, ließen die Sprecher des Hospitals offen. Vor dem Krankenhaus versammelten sich am Sonntag arabische Abgeordnete, Familienangehörige von Allan und palästinensische Demonstranten, sowie rechtsgerichtete israelische Gegendemonstranten. Berittene Polizei und Wasserwerfer mussten die Gruppen auseinander halten, nachdem es neben lautstarken Wortgefechten auch zu Gewalt gekommen war. Am Ende wurde den Palästinensern befohlen, einen Kilometer von dem Krankenhaus entfernt zu demonstrieren. Die Palästinenser drohen Israel mit einem Ende der „Waffenruhe“ im Westjordanland und einer dritten „Intifada“, falls Allan sterben sollte. Allans Mutter, eine Palästinenserin mit Kopftuch und ausgeprägten politischen Ansichten, will „natürlich“ nicht, dass ihr Sohn sterbe, befürworte aber seinen Kampf gegen Israel. Das Problem sei ganz „einfach“ zu lösen, indem Israel den Gefangenen freilasse. Für Israel ist das nicht akzeptabel, denn dann könnte jeder aus guten Gründen wegen Massenmord und Terror verurteilte Häftling den Staat ebenso mit Hungerstreik „erpressen“ und die Freilassung erzwingen. Das wiederum würde den Rechtsstaat, die Gesetze und das Gerichtswesen Israels aus den Angeln heben. Vorbeugehaft gilt in vielen Ländern und sogar in Israel als Verstoß gegen Menschenrechte. Israel beruft sich in den besetzten Gebieten auf sein Militärrecht, dem auch britisches Mandatsrecht integriert worden ist. Dabei können „besonders gefährliche“ Verdächtige jeweils sechs Monate lang inhaftiert werden, ohne dass ihnen die Anklagepunkte verraten werden. Dem Militärgericht liegen Geheimdienstberichte vor. Um jedoch den verdächtigten Palästinensern und ihren Anwälten keine Informationsquellen zu verraten, können nur die Richter die aufgelisteten Vergehen einsehen. Das Verfahren widerspricht den Regeln von Gerichtsverfahren in demokratischen Rechtsstaaten, wo Verdächtigen eine faire Chance gegeben werden muss, sich zu verteidigen.

Verwaltungshaft auch für Juden

Israelische Anwälte bei Militärgerichtshöfen erklärten auf Anfrage, dass es sich bei den Delinquenten meist um gut vernetzte Drahtzieher von Terroranschlägen handle. Aus guten Gründen wolle der Geheimdienst ihnen nicht preisgeben, wer sie verraten hat oder auf welchen Wegen die Agenten ihnen sonst auf die Schliche gekommen seien. Inzwischen wurde die Administrativhaft auch auf „jüdische Terroristen“ ausgeweitet, infolge des Brandanschlags auf die Brotvermehrungskirche in Tabgha und auf das Dorf Duma, wo ein 18 Monate altes Baby und sein Vater durch eine mutmaßlich von jüdischen Extremisten geworfene Brandbombe ermordet worden sind. Sieben Extremisten, allesamt aus Israel, kamen in Vorbeugehaft. Unter ihnen ist ein Enkel des Rabbiners Kahane, dessen Kach-Partei wegen Extremismus verboten worden ist, und der Autor eines Pamphlets, das Extremisten empfiehlt, Kirchen und andere Heilige Stätten anzuzünden, um in Israel eine jüdische Gottesherrschaft einzurichten. Aufgrund der in Israel garantierten „Meinungsfreiheit“ hat er bei einem „normalen“ Gerichtsverfahren kaum mit einer Strafe zu rechnen, obgleich sein Schriftstück praktische Anweisung enthält, Terroranschläge durchzuführen, ohne entdeckt zu werden. Das Büchlein hat offenbar großen Einfluss auf die sogenannte „Hügeljugend“. Den jugendlichen Siedlungsextremisten im Westjordanland werden viele Anschläge auf Palästinenser und christliche Stätten nachgesagt. Ein Exemplar wurde auch bei den mutmaßlichen Brandstiftern von Tabgha gefunden. (uws)

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