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Analyse: Atomverhandlungen mit neuem Dreh

Die Atomverhandlungen mit dem Iran sind zum Ende der Frist am 30. Juni ohne Ergebnis geblieben. Die israelische Regierung versucht neuerdings, den Westen mit dessen eigenen Erkenntnissen von der Gefahr einer iranischen Atombombe zu überzeugen.
Bleiben im Gespräch: US-Außenminister Kerry und sein iranischer Kollege Sarif
Die Verhandlungen der Fünf-plus-eins-Staaten mit dem Iran gehen ohne erkennbare Erfolge in Wien weiter. Teheran höhlt täglich die Abkommen mit neuen Widerständen aus. Jüngster Dreh: Inspektionen militärischer Einrichtungen oder Forschungsstätten verstießen gegen die iranische „Ehre“. In die Schlagzeilen schaffte es stattdessen die Meldung, Israel habe die Hotels in Wien und Lausanne, in denen die Verhandlungen geführt werden, verwanzt. Weil die Beweise ausblieben, verschwand dieser „Skandal“ allerdings schnell wieder. Wirklich neu hingegen ist die Taktik, die Israels Premierminister Benjamin Netanjahu einschlägt: Im März, vor dem amerikanischen Kongress, lag die Betonung noch auf der iranischen Atombombe und der verbreiteten Angst vor einem weiteren Holocaust am jüdischen Volk. Die israelische Opposition, darunter der Chef der Arbeitspartei, Jitzhak Herzog, stimmte dem Premierminister inhaltlich zwar zu, sprach jedoch im Wahlkampf von „Angstmache“.

Verweis auf Geheimdienstberichte

Inzwischen ist die israelische Forderung, den Iran am Bau einer Atombombe zu hindern, in den Hintergrund gerückt. Sie taucht bestenfalls als Finale am Ende von Netanjahus Reden auf. Stattdessen setzen der Premier und sein Verteidigungsminister Mosche Ja‘alon darauf, die USA mit deren eigenen Erkenntnissen zu konfrontieren. Netanjahu zitiert etwa aus amerikanischen Berichten, dass im Jemen die aufständischen Huthis mit dem Iran verbündet sind. Und auch die Erkenntnisse amerikanischer und anderer Dienste, dass nach schweren Terroranschlägen oder versuchten Attentaten in Buenos Aires, in Thailand, Indien und anderswo gegen jüdische oder israelische Ziele die Spuren nach Teheran führten. Oder dass im Iran Homosexuelle an Baukränen aufgehängt, Christen und Bahais verfolgt, Andersdenkende unterdrückt werden, rückt ebenso in den Mittelpunkt der israelischen Öffentlichkeitsarbeit wie die Beweise, dass der syrische Präsident Baschar al-Assad nur mit iranischer Hilfe seine Bevölkerung mit den geächteten Fassbomben töten konnte. Die israelische Armee hatte sogar einen hochrangigen iranischen General durch eine israelische Rakete getötet, als er mit Hisbollah-Offizieren die Grenze zu Israel auf den Golanhöhen inspizierte.

Eindeutige Propaganda

Auf die Behauptung des Iran, er arbeite nicht an einer Atombombe, antworten israelische Stellen mit dessen eigener Propaganda. Hohe Generäle drohen etwa dem „zionistischen Regime“ mit Auslöschung, immer wieder demonstrierten iranische Militärs ihre Fähigkeit, Langstreckenraketen abzuschießen. Auf „YouTube“ zeigten sie einen Trickfilm, in dem ein US-Flugzeugträger versenkt und Tel Aviv in ein Flammenmeer verwandelt wird, wobei zwischendurch das Wort „Holocaust“ als Mosaik auftaucht. Israel wirft den USA vor, dieses Propagandatrommelfeuer aus dem Iran nicht wahr- oder nicht ernst zu nehmen. Im März hatte Verteidigungsminister Ja‘alon noch von „harten BeweisenW für die Entwicklung von Atomwaffen im iranischen Parchin gesprochen. Nach Aufhebung der Sanktionen könne der Iran mit dem dann zu erwartenden Geldsegen seine Forschung ausweiten. Heute wirft Ja‘alon den USA vor, mit einem „schlechten Abkommen“ den Iran zum „nuklearen Schwellenland“ aufzubauen. Während Israel den Iran als „Hauptproblem in der Region“ sehe, betrachteten die USA ihn als „Teil der Lösung“, so Ja‘alon. Das sei die fundamentale Meinungsverschiedenheit.

Wettrüsten befürchtet

Israelische Medien heben hervor, dass die atomaren Bestrebungen des Iran zu einem Wettrüsten in der Region führen: Auch die Türkei, Saudi-Arabien und Ägypten könnten sich Atomwaffen zulegen. Russland habe schon mit Saudi-Arabien einen Vertrag zur Errichtung von 16 Atomkraftwerken unterzeichnet. Verschwunden sind derweil Spekulationen über einen israelischen Präventivschlag. Allerdings waren die teils sehr skurril: So hieß es einmal, dass Israel nach einem Atomschlag Soldaten mit Hubschraubern in den Iran schicken wolle, um dann dort „aufzuräumen“. Das wichtigste Argument gegen einen israelischen Präventivschlag würde heute ohnehin kaum mehr ziehen: Israel werde den Nahen Osten in ein „Flammenmeer“ stürzen, lautete es. Das ist er auch so schon – auch ohne Israels Zutun. (uws)

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