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Deutsche Firmen und Syriens Giftgas

Das Magazin „Der Spiegel“ hat eine Geschichte zur angeblichen Lieferung von Maschinen und chemischen Produkten deutscher Firmen an den Irak und Syrien veröffentlicht. Gewidmet ist die neue Ausgabe per Titelblatt den „Letzten Zeugen“, den uralten Überlebenden des Holocaust.
Laut „Spiegel“ haben deutsche Firmen Produkte nach Damaskus geliefert, die auch zur Herstellung von Giftgas dienen könnten.
Der Glasproduzent Schott, der Laborgeräte-Hersteller Kolb, das Technologieunternehmen Heraeus, die damalige Hoechst-Tochter Riedel-de Haën, der Pharmakonzern Merck und die Firma Gerrit van Delden werden in dem Artikel genannt. Der „Spiegel“ beruft sich auf ein geheimes Schreiben des israelischen Botschafters Jitzhak ben Ari an die Bundesregierung vom 6. Dezember 1984. Das Papier wurde offenbar „versehentlich“ vom Institut für Zeitgeschichte zur Veröffentlichung freigegeben, nach Ablauf der Frist von 30 Jahren für Geheimdokumente. Damals unter Kanzler Helmut Kohl und Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorf wie heute unter Kanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel bemühe sich die Bundesregierung, die Affäre unter den Teppich zu kehren und möglichst geheim zu halten. Aus Verfassungsgründen dürften keine Angaben zu Geschäften deutscher Firmen veröffentlicht werden, schreibt das Nachrichtenmagazin. Zudem störe es außenpolitische Interessen, falls herauskomme, dass Deutschland an der Giftgasproduktion im Irak oder in Syrien beteiligt gewesen sei. Offiziell seien die gelieferten Geräte für die Herstellung von Pestiziden deklariert worden und deshalb bis 2014 nicht anmeldepflichtig gewesen. Doch laut „Spiegel“ könne eine Produktionsstätte für Unkrautgifte problemlos auch Sarin und andere Giftstoffe herstellen, mit denen Menschen getötet werden. Bekanntlich hat der Irak Giftgas gegen iranische Soldaten und später in Halabscha gegen Kurden eingesetzt. Ebenso hat der syrische Präsident Baschar al-Assad mit Hubschraubern Giftgasfässer über syrischen Ortschaften abgeworfen und mindestens 1.400 Menschen qualvoll sterben lassen.

Bundesregierung begründet Schweigen mit „schlimmen Konsequenzen“

Angeblich wollte Israel die mit deutscher Hilfe aufgebaute Chemiefabrik im irakischen Samarra bombardieren. Vorsichtshalber habe die Firma Kolb auf Empfehlung der Bundesregierung das deutsche Personal abgezogen und „herzlos“ durch polnische Experten ersetzt. Wissenschaftler hätten sich in Syrien seit den 1970er Jahren um die Produktion chemischer Waffen bemüht. Getarnt als “landwirtschaftliche und medizinische Forschung“ habe die Chemieabteilung des von der UNESCO finanzierten „Centre d‘Etudes et des Recherches Scientifiques” in Damaskus das streng geheime Projekt durchgeführt. Das haben die Israelis herausgefunden und an die deutschen Behörden weitergegeben. Die unter Kohl versprochene „Untersuchung“ habe nie stattgefunden, wie sich aus Dokumenten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ergibt. Die betreibt die Zerstörung der Giftgas-Arsenale und Produktionsstätten in Syrien und hat dafür 2013 den Friedensnobelpreis erhalten. Eine Nachfrage des „Spiegel“ bei Kolb und anderen Firmen ergab, dass man keine Unterlagen mehr für Geschäfte habe, die „Jahrzehnte“ zurückliegen. Auch Nachfragen beim BND und Zoll seien erfolglos verlaufen. Die Bundesregierung verweigere jegliche Angaben über Lieferanten Assads wegen „schlimmer Konsequenzen“, die zu „äußeren Bedrohungen“ führen könnten. Der „Spiegel“ schließt seinen Bericht mit den Worten: „Die Rechte der Opfer von Giftgas auf Leben sind offenbar nicht so wichtig. Schließlich sind sie ja ohnehin schon tot.“ Die Geschichte ist vorläufig nur in englischer Übersetzung frei im Internet verfügbar. Deshalb wurde sie bisher – soweit erkennbar – nur von zwei israelischen Publikationen aufgegriffen. Ebenso hat der TV-Sender „I24news“ darüber einen Bericht veröffentlicht und die Geschichte als „Blockbuster“ (Kassenrenner oder Sensationsgeschichte) bezeichnet.

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